Newsletter Nr. 25/2009 (18.12.2009)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Methoden der Partizipation
- Publikationen und Veranstaltungen
- In eigener Sache
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
BürgerBegehren Klimaschutz
In den nächsten Jahren laufen bundesweit viele Konzessionsverträge für die Nutzung der Stromnetze aus. Vor diesem Hintergrund unterstützt der bundesweit agierende Verein BürgerBegehren Klimaschutz (BBK) engagierte Bürgerinnen und Bürger, lokale Gruppen, Initiativen und Kampagnen, die mit direktdemokratischen Mitteln den Klimaschutz fördern wollen. Auf kommunaler Ebene gibt es dafür eine Vielzahl von Ansatzpunkten, einer der wichtigsten ist die Struktur der Energieversorgung und das Eigentum an den örtlichen Stromnetzen. Ziel ist es, über eine bundesweite Bewegung lokaler Klimaschutzinitiativen nicht nur die Politik vor Ort zu einem verbesserten Klimaschutz und zum Ausbau erneuerbarer Energien zu bewegen.
Zur Website der BBK
EU-Kommission zeichnet Bürgerprojekte aus
Im Dezember hat die EU-Kommission in Brüssel acht Projekte aus verschiedenen Ländern Europas mit dem »Goldenen Stern der aktiven europäischen Bürgerschaft« ausgezeichnet. Aus Deutschland wurde eine Initiative aus dem sächsischen Torgau für ein Ausstellungsprojekt geehrt. Die Auszeichnung ist eine offizielle Anerkennung für Projekte, die vom Programm »Europa für Bürgerinnen und Bürger« (EFBB) unterstützt werden. Ziel dieses EU-Programms ist es, das bürgerschaftliche Engagement in und für Europa zu stärken und Bürgerinnen und Bürger zu motivieren, die europäische Integration aktiv mitzugestalten und eine europäische Zivilgesellschaft zu etablieren. Die EU stellt für das Programm (Laufzeit 2007–2013) insgesamt 215 Mio. Euro zur Verfügung.
Die ausgezeichneten Projekte im Überblick (PDF)
Zur Website der EFBB-Kontaktstelle in Deutschland
Zur Website der Initiative Geschlossener Jugendwerkhof Torgau e.V.
Demokratiepädagogik im Bildungssystem
Wie können demokratiepädagogische Konzepte und Ansätze im bundesdeutschen Bildungssystem nachhaltig verankert werden? Diese Frage steht im Mittelpunkt einer aktuellen Studie der Freudenberg-Stiftung. Die Studie untersucht, wie die gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtung der Schulen auf Bildung und Erziehung zur Demokratie in der Praxis umgesetzt wird. Die Studie fordert die Einrichtung einer bundesweiten Kampagne zur Institutionalisierung eines Programms zur Förderung demokratiepädagogischer Handlungskompetenz und demokratiepädagogischer Schulentwicklung, in deren Mittelpunkt der Ansatz des »Lernens durch Engagement« stehen sollte. Als konkrete Maßnahme spricht sich die Studie zudem für die Einsetzung sog. Klassenräte aus, die als praxisnahe Form basisdemokratischer Selbstorganisation und Partizipation die Demokratiequalität an Schulen erhöhen können.
Die Studie im Wortlaut (PDF)
Klarstellung des Bundesfinanzministeriums zum Ehrenamtsfreibetrag
Die Einführung eines Steuerfreibetrags in Höhe von 500 Euro im Rahmen des 2007 verabschiedeten Gesetzes »Hilfen für Helfer« war für viele Vereine Anlass, um Vorstandsmitgliedern pauschale Vergütungen zu zahlen. Gemeinnützige Vereine dürfen jedoch nur dann pauschale Vergütungen an Mitglieder des Vorstands zahlen, wenn dies in der Satzung geregelt ist. Das Bundesfinanzministerium weist in einem Schreiben an die obersten Finanzbehörden der Länder darauf hin, dass gemeinnützige Vereine vor entsprechenden Zahlungen ggf. zunächst eine Satzungsänderung vornehmen müssen oder eben nur tatsächlich entstandene Auslagen ersetzen dürfen. Eine Satzungsänderung muss bis Ende 2010 erfolgen. Zahlungen dürfen zudem nicht »unangemessen hoch« sein.
Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums im Wortlaut (PDF)
Weitere Informationen zur Ehrenamtspauschale
Im Fokus: Methoden der Partizipation
Bürgerbeteiligung im methodischen Wandel
Bürgerbeteiligung ist zu einem Pflichtwert im politischen System der Bundesrepublik avanciert. Bürgerbeteiligung wird dabei nicht nur von Bürgerinnen und Bürgern akzeptiert und eingefordert, sondern immer häufiger auch von Politik und Verwaltung proklamiert. Neben klassischen Beteiligungsformen haben sich in letzter Zeit verstärkt diskursiv angelegte Beteiligungsverfahren etabliert: In der beteiligungsorientierten Praxis zeichnet sich eine Koexistenz alter und neuer politischer Partizipationsformen ab. Dr. Uwe Pfenning, Sozialwissenschaftler an der Universität Stuttgart und Christina Benninghaus, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der gemeinnützigen Forschungsgemeinschaft Dialogik gGmbH, stellen in ihrem Gastbeitrag verschiedene Partizipationsmodelle vor und zeigen auf, dass Bürgerbeteiligung stets einem partizipativen und methodischem Wandel unterliegt. Ihr Fazit: Diskursverfahren sind in der Lage, die Fachkompetenz der Bürger/innen zu bündeln und politikfähig zu machen. Sie schaffen neben Konventionen und Kompromisse zu inhaltlich offenen Fragen auch eine Vertrauensbasis zwischen den Akteuren, die in nachhaltigen Verbesserungen des Binnenverhältnisses von Bürger/innen und Entscheidungsgremien münden kann.
Planspiele: Komplexe Zusammenhänge spielerisch erfahren
Planspiele sind eine handlungsorientierte Lehr- und Lernmethode, die sich wie kaum eine andere zur Vermittlung politischer, sozialer oder wirtschaftlicher Zusammenhänge eignet. Im Rahmen von Planspielen können durch die Teilnehmer/innen komplexe Planungs-, Verhandlungs- und Entscheidungsprozesse ergebnisoffen nachvollzogen werden. Ausgangspunkt des Planspiels ist die modellhafte Abbildung der Wirklichkeit. Planspiele reduzieren jedoch die Komplexität der Realität und machen sie so spielerisch handhabbar. Die Planspielmethode entstammt ursprünglich der militärischen und betriebswirtschaftlichen Aus- und Fortbildung. Inzwischen werden Planspiele in stadtplanerischen Szenarien ebenso eingesetzt wie in der politikwissenschaftlichen und politikdidaktischen Ausbildung oder Bildungsarbeit. Marianne Böhme und Thomas S. Regnet, Mitarbeiter der Forschungsgruppe Jugend und Europa am Münchener Centrum für angewandte Politikforschung, stellen in ihrem Gastbeitrag die Methode vor und zeigen auf, welches Planspiel sich für welche Zielgruppe eignet.
Die Gemeinsinn-Werkstatt: Beteiligung übers Reden hinaus
Die aus einem Forschungsprojekt entstandene Methode der »Gemeinsinn-Werkstatt« fördert freiwilliges Engagement und arbeitet mit einer Kombination von innovativen Beratungs-, Projekt- und Großgruppenverfahren. Mithilfe eines Baukastensystems und methodischer Unterstützung sowie mit Ansätzen der intrinsischen Motivation, partnerschaftlichen Beteiligung und wertschätzenden Reflexion schafft die Gemeinsinn-Werkstatt Raum für Austausch, Vernetzung und Qualifizierung sowie für die Balance von Individuum und Gemeinschaft. Wolfgang Fänderl, Vorstand des Netzwerk Gemeinsinn e.V., stellt in seinem Gastbeitrag die Methode vor und erläutert, warum Beteiligungsprozesse reflektierte, proaktive Menschen und Institutionen ebenso braucht wie vorbereitete Gestaltungsspielräume.
Modelle und Methoden der Bürgerbeteiligung
Die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an den sie betreffenden Fragestellungen und Entscheidungen ist im Großen und Ganzen allgemein akzeptiert. Zur konkreten Gestaltung dieser Beteiligung sind zahlreiche Methoden entwickelt und erprobt worden. Eine Zusammenstellung von Methoden und deren Umsetzung in exemplarischen Modellen aus der Praxis präsentiert im Wegweiser Bürgergesellschaft die Spannbreite von methodischen Ansätzen. Die Methoden sind sowohl alphabetisch wie auch in übergreifenden inhaltlichen Kategorien zugänglich. Ausführungen zu den Anforderungen an diskursive Verfahren und zur Qualität von Bürgerbeteiligung ergänzen die Methodensammlung.
Zu den <link politische-teilhabe modelle-und-methoden-der-buergerbeteiligung _blank external-link-new-window>Modellen und Methoden der Bürgerbeteiligung
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Von der Bürger- zur Solidarkommune
Welchen Einfluss haben Bürgerinnen und Bürger auf die lokale Demokratie, wie kann Partizipation zu einer Entlastung von Kommunen in Zeiten der Globalisierung beitragen? Ausgehend von den bislang in mehr als fünfzig bundesdeutschen Kommunen durchgeführten Bürgerhaushalten und anhand einiger ausgewählter internationaler Beispiele analysiert der Autor in der vorliegenden Publikation das Konzept der Bürgerkommune als lokal- und demokratiepolitisches Leitbild. Er verweist jedoch darauf, dass es Kommunen im Zeitalter fortschreitender Globalisierung zunehmend gelingen muss, Fragen der sozialen Gerechtigkeit und der ökologischen Verantwortung in dieses Konzept zu integrieren. Vor diesem Hintergrund entwirft der Autor ein neues Leitbild der sog. Solidarkommune, mit dem es gelingen soll, die beteiligungsorientierte Zukunftsfähigkeit lokaler Demokratie zu stärken und zu verbessern.
Carsten Herzberg: Von der Bürger- zur Solidarkommune. Lokale Demokratie in Zeiten der Globalisierung. 2009, 248 S., 17,80 Euro, ISBN 978-3-89965-372-4
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Publikation: Bürgerbeteiligung als Weg zur lebendigen Demokratie
Die Zahl der Bürgerinnen und Bürger, die sich in kommunalen Beteiligungsprozessen engagieren, ist im Vergleich zu anderen Engagementbereichen gering. Lediglich 7% der 23 Millionen Engagierten in Deutschland geben an, sich am Wohnort in Beteiligungsprozesse einzubringen. Offenbar glauben nur wenige Bürger/innen daran, dass die Ergebnisse von Beteiligungsprozessen auch tatsächlich in die Realität umgesetzt werden. In Politik und Verwaltung wiederum scheuen viele Entscheider/innen die Zusammenarbeit mit den Bürger/innen vor Ort. Dies vielfach auch deshalb, weil sie befürchten, Macht abgeben zu müssen. Die Autoren der vorliegenden Publikation beschreiben den »Teufelskreis«, der aus den gegenseitigen Vorbehalten der Bürger/innen und Entscheider/innen entsteht und machen Vorschläge für seine Überwindung. Die Autoren erheben die Forderung nach einer »Institutionalisierung« der Bürgerbeteiligung, die sowohl den Bürger/innen als auch den Entscheider/innen gerecht wird und in der sie ermutigt werden, sich auf einen gemeinsamen Dialog und Entscheidungsprozess einzulassen.
Helmut Klages/Ralph Keppler/Kai Masser: Bürgerbeteiligung als Weg zur lebendigen Demokratie. Bonn 2009, 28 S., 5,00 Euro, ISBN 978-3-941143-04-3
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Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden.
Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
• 25.01.2010 in Berlin: <link aktuelles veranstaltungskalender va external-link-new-window>Ideen aus dem Leben – Pflege-Modelle von Bürgern für Bürger
Ein Fachtag der Stiftung Bürgermut
• 01.-05.02.2010 in Remscheid: <link aktuelles veranstaltungskalender va external-link-new-window>Spiel! Platz ist überall – Die bespielbare Stadt gestalten und durchsetzen
Ein Seminar der Werkstatt für Demokratie des Deutschen Kinderhilfswerks
In eigener Sache
In eigener Sache
Heute lesen Sie den letzten Newsletter im Jahr 2009. Die Redaktion dankt allen Leserinnen und Lesern für das aufmerksame Interesse und manchen wichtigen Hinweis. Wir wünschen Ihnen frohe Feier- und Ferientage und einen guten Start ins neue Jahr! Der nächste Newsletter erscheint am 22. Januar 2010.
Eva-Maria Antz, Ulrich Rüttgers