eNewsletter Nr. 23/2011 (25.11.2011)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Soziales Unternehmertum
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
E-Partizipation in der Öffentlichen Verwaltung
Das Thema E-Partizipation ist mittlerweile vielerorts in der Praxis bundesdeutscher Politik angekommen. Auch die öffentliche Verwaltung erkennt zunehmend das Potenzial und die Vorteile, wenn Bürger/innen über das Internet in die Entscheidungsprozesse auf Bundes-, Landes- und der Kommunalebene eingebunden werden. Eine aktuelle Studie der Fachhochschule Harz hat nun die Situation und den Planungsstand von E-Partizipationsangeboten in Deutschland untersucht. Befragt wurden sowohl größere Kommunen als auch Landes- und Bundesbehörden. Demnach wird E-Partizipation von mehr als zwei Dritteln der befragten Verwaltungen als bedeutendes Thema identifiziert; auf Kommunalebene verfügen mehr als die Hälfte der befragten Städte über Beteiligungsangebote zu den Themen Bürgerhaushalt, Stadtplanung oder Verkehr. Generell sehen die befragten Verwaltungen deutlich mehr Chancen als Risiken durch die elektronische Beteiligung von Bürger/innen. Hauptprobleme bei der Planung und Umsetzung von E-Partizipationsprojekten sind laut Studie das Kosten-Nutzen-Verhältnis, die Repräsentativität und die Beteiligungsqualität; Chancen liegen in einer erhöhten Transparenz und der Gewinnung aktueller Informationen für den kommunalen Entscheidungsprozess.
Die Studie im Wortlaut (PDF)
Internet als Demokratieverstärker
Das Internet wird von einer Mehrheit der Nutzerinnen und Nutzer als Instrument zur Förderung der Demokratie wahrgenommen. Dies geht aus einer Anfang November veröffentlichten, repräsentativen Studie des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) hervor. So sagen 64 Prozent der Internetnutzer/innen ab 14 Jahren, das Netz trage zu mehr Demokratie bei. Dies entspricht rund 32 Millionen Menschen. Die mehrheitlich positive Bewertung gelte unabhängig von Alter, Geschlecht oder Bildungsstatus. 44 Prozent der Internetnutzer/innen sagen darüber hinaus, das Netz ermögliche ihnen persönlich, Politik mitzugestalten. Dieser Meinung ist vor allem die junge Generation von 14 bis 29 Jahren (zu 57 Prozent). Die wenigsten Möglichkeiten zur eigenen politischen Mitgestaltung per Web sehen die 50- bis 64-jährigen Onliner (zu 24 Prozent).
Mehr Informationen (PDF)
Appell gegen Neonazis
In einem »Appell gegen Neonazis« fordern Opferberatungsstellen, mobile Beratungsstellen und andere zivilgesellschaftliche Vereine eine Umkehr in der Politik der staatlichen Behörden gegen Rechtsextremismus. Sie betonen die Expertise der Zivilgesellschaft in der Arbeit gegen Rechts und weisen darauf hin, dass ein erfolgreiches Agieren gegen Neonazis nur möglich ist, wenn für Projekte gegen Rechtsextremismus langfristige Planungssicherheit besteht und bewährte Beratungskonzepte auch in die alten Bundesländer ausgeweitet werden. Der Appell wurde in der Tageszeitung taz veröffentlicht.
Vielfalt kultureller Ausdrucksformen
Mit einem »Kaleidoskop der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen« soll das bunte Spektrum an Initiativen, Maßnahmen und Projekten zur Umsetzung der gleichnamigen UNESCO-Konvention in Deutschland sichtbar werden. Dieses Kaleidoskop stellt den Fachbeitrag der Zivilgesellschaft für den Umsetzungsbericht der Bundesrepublik Deutschland dar. Mit den Beispielen sollen die erfolgreiche wie auch weniger erfolgreiche bis nicht-funktionierende Praxis sowie fehlende, hinderliche bis förderliche Strukturen und Rahmenbedingungen deutlich werden. Zivilgesellschaftliche Akteure, Verbände und Gruppen, öffentlich finanzierte Organisationen und Institutionen sowie politisch Verantwortliche sind eingeladen, bis Ende Dezember 2011 Beispiele einzureichen, die im Sinne der UNESCO-Konvention zur Vielfalt kultureller Ausdrucksformen wirken, überzeugen, inspirieren und zur Nachahmung anregen.
Stellungnahme zur Krisenpolitik
Die öffentliche Diskussion um die »Schuldenkrise« europäischer Länder geht von einer falschen Diagnose aus und kommt so zu einer Therapie, die das Problem verschärft und nicht beseitigt: Zu diesem Schluss kommen zahlreiche Wissenschaftler/innen in einer aktuellen Stellungnahme zur Krisenpolitik in der Europäischen Union. Nach Ansicht der Unterzeichner/innen war die Ursache des hohen Schuldenstandes die seit 2007 anhaltende Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise, die sich dann zu einer globalen Krise von historischem Ausmaß weiterentwickelt hat. Als Ausweg aus der Krise plädieren die Wissenschaftler/innen für eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte und eine gerechtere Verteilung und Besteuerung von Einkommen. Die Initiative für die Stellungnahme ging vom Wissenschaftlichen Beirat von Attac aus. Unterzeichnet wurde sie von 50 Wissenschaftler/innen verschiedener Disziplinen.
Im Fokus: Soziales Unternehmertum
Social Entrepreneurship: Für die Gesellschaft unternehmen
Wie kann unternehmerisches Handeln dazu beitragen, die Welt zu verbessern? Wiewohl kein neues Phänomen, haben die Diskussionen um Social Entrepreneurship und Soziales Unternehmertum in letzter Zeit an Dynamik gewonnen. Selbst die im vergangenen Jahr verabschiedete Nationale Engagementstrategie der Bundesregierung platziert das Thema weit oben auf der engagementpolitischen Agenda. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter dem sperrigen Begriff? Welche guten Beispiele gibt es? Wo ist der Bezug zu bürgerschaftlichem Engagement? Dr. Lilian Schwalb, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungszentrum für Bürgerschaftliches Engagement an der HU Berlin, analysiert in ihrem Gastbeitrag den aktuellen Stand der Debatte. Ob Soziale Arbeit oder Entwicklungszusammenarbeit: in ihrer Besprechung eines im Jahr 2011 erschienen Sammelbandes zum Thema zeigt sie die vielfältigen inhaltlichen Themenpfade auf, die sich mit Social Entrepreneurship und Social Business verbinden.
Viva con Agua: Wasser für die Welt
Unabhängig von den wissenschaftlichen Diskussionen über das Thema haben sich Ideen und Projekte von engagierten Sozialunternehmer/innen etabliert, an denen sich die Umrisse des Konzepts »Social Entrepreneurship« offenbaren. Der Verein Viva con Agua (VcA) versteht sich als soziales Netzwerk und Plattform für soziales Engagement. Seit 2005 engagiert er sich gemeinsam mit der Welthungerhilfe für eine bessere Trinkwasserversorgung und den menschenwürdigen Zugang zu sanitären Anlagen und Hygieneeinrichtungen für Menschen in Afrika, Südamerika und Asien. Aus dem anfangs rein ehrenamtlich getragenen Projekt ist mittlerweile ein professionelles Sozialunternehmen geworden. Ob Wasserspender auf Kuba, Tiefbohrbrunnen und sanitäre Anlagen in Äthiopien, Quelleinfassungen in Ruanda, Trinkwasserverteilungssysteme in Ecuador, Brunnen und Latrinen in Kambodscha oder Regenwasser-Auffangsysteme in Kenia: Durch die Arbeit von Viva con Agua haben sich bereits die Lebensbedingungen von über 100.000 Menschen nachhaltig verbessert. Christian Wiebe, zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Vereins, stellt in seinem Gastbeitrag die Arbeit der Organisation vor.
Bürgeraktien: Kapital aus der Region für die Region
Das Wirtschaften nach globalen Maßstäben nimmt keine Rücksicht auf Besonderheiten einer Region. In Zeiten von globaler Wirtschafts- und Finanzkrise erhält jedoch das Interesse an regionalen Wirtschaftskreisläufen möglicherweise neue Dynamik. Christian Hiß, Gründer und Vorstand der Regionalwert AG (RWAG) sowie Ashoka-Fellow, stellt in seinem Gastbeitrag das Modell der Bürgeraktiengesellschaft vor: Die RWAG hat sich zum Ziel gesetzt, landwirtschaftliche Betriebe in der Region Freiburg zu erwerben oder sich an ihnen zu beteiligen, um sie dann an qualifizierte Unternehmer/innen und Existenzgründer/innen zu verpachten und nach den nachhaltigen Kriterien der Regionalwert AG bewirtschaften zu lassen. Beide Kerninnovationen, die neue Gesellschaftsstruktur landwirtschaftlichen Eigentums und die Gleichberechtigung der sozial-ökologischen Wertschöpfung, bieten demnach vielfältige Chancen, den bestehenden Problemstellungen der regionalen Landwirtschaft konstruktiv zu begegnen und sie für die sozial-ökologische Regionalentwicklung zu nutzen.
Soziales Unternehmertum: Akteure und Beispiele
Ashoka ist nach eigenen Angaben die älteste und größte Organisation zur Förderung von Sozialunternehmern und ihren Projekten. Ashoka fördert weltweit nicht alle Social Entrepreneurs, sondern als sog. »Ashoka Fellows« nur diejenigen, die eine neue Idee mit einer systemverändernden gesellschaftlichen Wirkung verbreiten. Bildung, Bürgerengagement, Gesundheit, Menschenrechte, Umwelt und Wirtschaftsentwicklung: Auch 2011 hat Ashoka wieder herausragende Social Entrepreneurs aus Deutschland, die in verschiedenen Arbeitsgebieten tätig sind, in sein internationales Unterstützungsnetzwerk aufgenommen. Sie wurden aus über 300 vorgeschlagenen Kandidat/innen ausgewählt.
Sozial handeln, unternehmerisch denken: unter diesem Motto sucht auch die Schwab Stiftung für Social Entrepreneurship alljährlich Beispiele für erfolgreiche Sozialunternehmer/innen. Im Jahr 2010 zeichnete die Stiftung ein unternehmerisches Projekt aus, dass sozial benachteiligte Gruppen bei der Überwindung von Arbeitslosigkeit unterstützt. Der Preisträger für das Jahr 2011 steht noch nicht fest.
DBT: Expertengespräch zum Thema Social Entrepreneurship
Sind Sozialunternehmer die innovativeren und besseren Problemlöser als Staat und Zivilgesellschaft? Diese kontrovers diskutierte Frage stand im Mittelpunkt der 16. Sitzung des Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement des Deutschen Bundestages. Verschiedene Wissenschaftler und Experten standen dem Ausschuss dazu Rede und Antwort. Das Protokoll steht nun online zur Verfügung.
Das Protokoll im Wortlaut (PDF)
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Handbuch Bürgerschaftliches Engagement
Das Handbuch bietet eine Klärung zentraler historischer und begrifflicher Grundlagen. Es beschreibt systematisch Formen und Felder des bürgerschaftlichen Engagements sowie seine organisatorischen und rechtlichen Rahmungen. Empirische Daten zum freiwilligen Engagement werden ebenso präsentiert wie Methoden und Strategien der Engagementförderung. Die Analyse von Erfahrungen und Anforderungen der Förderung bürgerschaftlichen Engagements durch Politik und öffentliche Verwaltung bildet die Grundlage für die Beschreibung eines sich derzeit konstituierenden Politikfeldes »Engagementpolitik«.
Thomas Olk, Birger Hartnuß (Hrsg.): Handbuch Bürgerschaftliches Engagement, Weinheim, Basel 2011, 844 S.,78,00 Euro, ISBN: 978-3-7799-0795-4
Informationen und Bestellung online
Publikation: Politische Partizipation in Europa
Demokratietheoretische Debatten, konkrete Erfahrungen mit direkter Demokatie und das Beispiel »Stuttgart 21« werden im aktuellen Themenheft von »Deutschland & Europa« vorgestellt. Der Schwerpunkt geht der grundlegenden Frage nach, welche Art der »Volksherrschaft« welche Vorzüge böte bzw. welche Probleme mit sich brächte. Gleichzeitig wird untersucht, von wem denn die Forderungen nach größerer und direkter politischer Beteiligung ausgehen.
Landeszentrale Politische Bildung Baden Württenberg (Hrsg): Politische Partizipation in Europa, Heft 62/2011, 84. S., 3,00 Euro
Information, Bestellung und Donwload online
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im <link aktuelles termine-und-veranstaltungen _blank>Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
• 6. - 7. 12.2011 in Bielefeld: Wachstum - Gerechtigkeit - Teilhabe. Nachhaltige Klimapolitik gestalten
Jahrestagung des Arbeitskreises Deutscher Bildungsstätten
• 15. - 16.12.2011 in Berlin: CSR – Gesellschaftliche Verantwortung im internationalen Dialog, Unternehmen zeigen Verantwortung global und vor Ort
Eine Fachkonferenz des Bundemsinisteriums für Arbeit und Soziales