eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 5/2018 (17.5.2018)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Bürgerkommune und Engagierte Stadt
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Corporate Citizenship Survey 2018
Der Corporate Citizenship Survey 2018 ist eine von Stifterverband und Bertelsmann Stiftung angeführte Gemeinschaftsinitiative, die repräsentative Daten zum gesellschaftlichen Engagement von Unternehmen liefert. Zusammengefasst stellt die Studie fest, dass sich in Deutschland zwei von drei Unternehmen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus engagieren. Allerdings ist das Engagement nicht immer professionalisiert, zum Beispiel setzen sich nur etwa 4% der Unternehmen in Deutschland für ihr gesellschaftliches Engagement Ziele und überprüfen sie, nur ein Prozent kann die Wirkung zahlenmäßig belegen. Die Handlungsfelder des Engagements variieren je nach Größe: kleinere Unternehmen sind mehrheitlich im Sport aktiv, die großen Unternehmen im Bereich Bildung und Soziales. Jedes zweite Unternehmen in Deutschland arbeitet dabei mit lokalen Vereinen zusammen. Als Mehrwert des Unternehmensengagements geben zwei Drittel aller befragten Unternehmen in Deutschland an, durch ihr gesellschaftliches Engagement ihren guten Ruf oder die Marke schützen zu wollen, gefolgt von einer gesteigerten Mitarbeiterbindung und größerer Standort- und Arbeitgeberattraktivität.
VENRO: Praxisleitfaden zu Wirkungsorientierung
Wen erreichen Nichtregierungsorganisationen mit einer Bildungsmaßnahme und wie verändert sich die Haltung von Schüler/innen nach einem Projekttag? Viele Akteure der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit setzen sich mit Fragen nach der Wirkung ihrer Aktivitäten auseinander und suchen nach handhabbaren Instrumenten, um diese zu ermitteln. Der Dachverband der entwicklungspolitischen und humanitären Nichtregierungsorganisationen (VENRO) hat einen Praxisleitfaden zu diesem Thema veröffentlicht, der als Anregung dienen soll, sich mit dem Thema der Wirkungsbeobachtung zu beschäftigen und sich ihm kreativ zu nähern. Die Handreichung richtet sich an haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende von Nichtregierungsorganisationen, insbesondere auch kleinerer Organisationen, die im Bereich der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit tätig sind und im Rahmen von Monitoring und Selbstevaluierung die Wirkungen ihrer Projekte erfassen möchten. Der Praxisleitfaden erklärt mit praxisnahen Beispielen verschiedene Methoden.
Klimaschutz lokal stärken: Broschüre gibt Praxistipps
Im bürgerschaftlichen Engagement liegt ein großes Potenzial für den Klima- und Ressourcenschutz vor Ort. Initiativen wie urbane Gärten oder Reparatur-Cafés schaffen konkrete Angebote, die Nachhaltigkeit erlebbar machen und zum Mitmachen einladen. Allein in NRW sind bereits mehr als 400 solcher Gemeinschaften aktiv. Doch wie kann die Zusammenarbeit zwischen aktiven Bürger/innen und der Kommune aussehen? Wie kann sie effizient gestaltet werden? Die Initiativenberatung des Projekts »MehrWert NRW« der Verbraucherzentrale NRW hat als Ergebnis eines intensiven Austauschs zwischen Initiativen und Kommunen eine Broschüre veröffentlicht, die grundsätzliche Kriterien für eine gelungene Zusammenarbeit, auch jenseits des Themas Klimaschutz, zusammenfasst. Interessierte sind eingeladen diese praktischen Ideen in ihrer Arbeit aufzugreifen und sie weiterzuentwickeln. Die Broschüre kann kostenlos auf dem Portal der Verbraucherzentrale NRW heruntergeladen werden.
UPJ: Pro-bono-Rechtsberatung für NPOs
Seit Januar 2018 ist UPJ Vermittlungsstelle für Pro-bono-Engagement im Rechtsbereich. Non-Profit-Organisationen, die für die Klärung einer Rechtsfrage nicht die passende Auskunft erhalten oder nicht in der Lage sind, diese regulär zu bezahlen, erhalten durch die UPJ-Pro-bono-Rechtsberatung die Chance, mit erfahrenen Anwält/innen engagierter Kanzleien zeitlich begrenzte Unterstützung bei Ihrer konkreten Rechtfrage zu erhalten. In folgenden Bereichen kann UPJ eine Rechtsberatung anbieten: Steuer- und Gemeinnützigkeitsrecht, Arbeitsrecht, Versicherung und Haftung, Zuwendungs- und Vergaberecht, Datenschutzrecht (derzeit nicht vermittelbar), Marken- und Kennzeichenrecht, Urheber- und Persönlichkeitsrecht, Ausgründung, Fusion und Social Franchising. Non-Profit-Organisationen können ihre Rechtsfragen über ein Online-Anmeldeformular einreichen. UPJ ist ein Netzwerk engagierter Unternehmen und gemeinnütziger Mittlerorganisationen in Deutschland. Im Mittelpunkt stehen Projekte, die zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen, indem sie neue Verbindungen zwischen Unternehmen, gemeinnützigen Organisationen und öffentlichen Verwaltungen schaffen.
Zukunftsideen von Bürgerinnen und Bürgern für EU-Forschungsprogramme
Welche Visionen haben Bürgerinnen und Bürger für eine wünschenswerte und nachhaltige Zukunft? Und wie lassen sich diese in die Forschungs- und Innovationspolitik der Europäischen Union integrieren? Das Projekt CIMULACT hat mehr als 3.000 Menschen aus ganz Europa in die Beantwortung dieser Fragen einbezogen. Demnach gehören zu den Forschungsthemen mit der höchsten Priorität beispielsweise Gesellschaft im Einklang mit der Natur, Gerechtigkeit in einem modernen Gesundheitswesen, nachhaltiger Konsum, die Balance zwischen Arbeit und Privatleben sowie das Bildungssystem als Treiber für soziale Innovationen. Die Erfahrungen des Projekts zeigen: breite Bürgerbeteiligung fördert den Dialog und ein gemeinsames Verständnis zwischen Personen aus Politik, Bürgerschaft und Forschung. In der Begleitforschung des Projekts wurde zudem der Mehrwert von Bürgerbeteiligung an Forschung und Innovation deutlich: Werden Forschungsprogramme nur von Expertinnen und Experten entwickelt, dominiert häufig eine wirtschaftliche oder eine technologische Sichtweise, die sich stark an den eigenen Fachbereichen der Beteiligten orientiert. Bürgerinnen und Bürger hingegen bringen stärker einen auf Alltagserfahrungen basierenden ganzheitlichen Blick ein, der auf die Gemeinschaft und den einzelnen Menschen ausgerichtet ist und zudem eher die lokalen und regionalen Bedingungen hervorhebt.
Analyse: Außerschulische politische Bildung mit jungen Geflüchteten
Die außerschulische politische Jugendbildung kann auf umfangreiche, langjährige Erfahrungen im Themenfeld »Flucht und Migration« zurückgreifen. Die bundesweit tätigen Mitgliedsorganisationen der Gemeinsamen Initiative der Träger der Politischen Jugendbildung im bap e.V. (GEMINI) und ihre zahlreichen Bildungseinrichtungen haben besonders in den vergangenen Jahren mit verschiedenen Maßnahmen und Publikationen ein starkes Augenmerk auf diesen Bereich gelegt. In einer neu erschienenen Analyse werden die Erfahrungen aus der politischen Bildungsarbeit mit jungen Geflüchteten in Form einer ersten Bestandsaufnahme zusammengetragen. Erfahrungen und Herausforderungen betreffen die Zugänge zu den Zielgruppen, die Themenbereiche aus Bildungsveranstaltungen sowie die Orte, Methoden und Formate dieser Bildungsarbeit. Ein weiterer zentraler Aspekt sind die Anforderungen an Kooperationen mit anderen Einrichtungen und Multiplikator/innen.
Die Analyse im Wortlaut (PDF)
Im Fokus: Bürgerkommune und Engagierte Stadt
Bürgerkommune: Potentiale und Grenzen einer demokratischen Leitidee
Das Konzept der Bürgerkommune ist nicht neu, erlebt aber in letzter Zeit vielerorts einen Aufschwung. Prof. Roland Roth und Prof. Paul-Stefan Roß gehen in ihrem Gastbeitrag der Frage nach, wie die Zukunft der Bürgerkommune als demokratische Leitidee aussehen kann. Was hat sich in der Praxis bewährt, welche empirischen Daten liegen vor, welche neuen Perspektiven gibt es?

All together now! Das Netzwerkprogramm Engagierte Stadt
In 50 ausgewählten Städten und Gemeinden bauen seit 2015 zivilgesellschaftliche Vereine, Stiftungen und Initiativen zusammen mit der örtlichen Kommunalverwaltung und der Wirtschaft an ihrer Engagierten Stadt. Im Rahmen des vom Bundesfamilienministerium und verschiedenen Stiftungen geförderten gleichnamigen Programms werden keine einzelnen Projekte oder Organisationen unterstützt, sondern lokale Kooperationen unterschiedlicher Akteure. Eva Nemela und Katja Gengenbach geben in ihrem Gastbeitrag einen Einblick in das Programm und stellen gute Praxisbeispiele aus Flensburg, Naumburg und Hohe Börde vor.

Gemeinwesen der Zukunft: Schwerte auf dem Weg zur Bürgerkommune
Das freiwillige Engagement der Einwohnerinnen und Einwohner stärken und zugleich die Bürgerbeteiligung vor Ort entwickeln: in Schwerte machen sich Akteure aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam stark für eine demokratische Stadt. Ziel ist es, ein neues Zusammenspiel zwischen kommunalpolitischer Entscheidungsfindung, Bürgerbeteiligung, bürgerschaftlichem Engagement und Verwaltungshandeln zu finden. Jochen Born, Anke Skupin und Marion Stock stellen in ihrem Gastbeitrag den Schwerter Weg zur Bürgerkommune vor.

Die Verknüpfung von Beteiligung und Engagement und die Mühen der Ebene: Das Beispiel Köln
Dass bürgerschaftliches Engagement und politische Partizipation gerade im kommunalen Kontext zusammengedacht werden müssen, wird vielfach gefordert, aber noch zu selten umgesetzt. Dieter Schöffmann beschreibt in seinem Gastbeitrag am Beispiel der Stadt Köln den mitunter schwierigen und widersprüchlichen Weg zur Bürgerkommune, der in der Praxis häufig vor vielen Hürden steht.

KGSt: Bürgerkommune als Rahmen für Engagement, Beteiligung und Zusammenarbeit
In Zusammenarbeit mit einigen Reformkommunen entwickelte die Kommunale Verwaltungsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) Ende der 1990er Jahre das Leitbild der Bürgerkommune. Es betont die Bedeutung der kommunalen Ebene im demokratischen föderalen Staat und fordert mehr Selbststeuerung der örtlichen Stadtgesellschaft durch Partizipation und bürgerschaftliches Engagement. Im Jahr 2014 hat die KGSt das Leitbild Bürgerkommune weiterentwickelt und um die Dimensionen Transparenz und Zusammenarbeit in Netzwerken erweitert. Die Einwohner/innen werden als Teilhaber, Beteiligte und Koproduzenten gesehen, die Bürger/innen gestalten Planungs-, Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse mit. Vertrauen und Wertschätzung sind Schlüsselbegriffe für die Ausrichtung am Leitbild der Bürgerkommune. Alle wesentlichen kommunalen Herausforderungen wie Bildung, Klima, Integration oder Stadtentwicklung sollen gemeinsam mit der Stadtgesellschaft gelöst werden.
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Konsumkritische Projekte und Praktiken
Konsumkritische Projekte und Praktiken entstehen und verbreiten sich seit einigen Jahren: Repair Cafés, Urban Gardening oder Schnippeldiskos sind nur einige Beispiele, bei denen die derzeitige Konsumgesellschaft hinterfragt und Alternativen entwickelt und praktiziert werden. Wer sind die Akteure, die konsumkritische Projekte organisieren und sich an ihnen beteiligen? Welche Ziele verfolgen die Beteiligten? Welche gesellschaftliche Bedeutung schreiben sie ihren Projekten zu? Können Brüche in der Praxis des kritischen Konsums identifiziert werden? Welche Folgen hat das Engagement in konsumkritischen Projekten für eigene Konsummuster? Ein 18-köpfiges Team von Autorinnen und Autoren untersucht diese Fragestellungen und bringt dabei zahlreiche fachliche Perspektiven ein, u.a. aus der Wirtschaftswissenschaft, der Soziologie, der Medien- und Kommunikationswissenschaft und der Kunstwissenschaft.
Kannengießer, Sigrid / Weiler, Ines (Hrsg.): Konsumkritische Projekte und Praktiken. Interdisziplinäre Perspektiven auf gemeinschaftlichen Konsum. München 2018, 240 S., 30,00 Euro, ISBN 978-3-96006-027-7
Publikation: Grundrechte-Report 2018
Der 22. Grundrechte-Report stellt in 45 Beiträgen die Einschränkungen und Gefährdungen der Menschen- und Grundrechte in Deutschland dar. Der Report nennt aktuelle Missstände und zeigt auf, wie Gesetzgeber, Verwaltung und Behörden, aber auch Gerichte und Privatunternehmen die demokratischen und freiheitlichen Grundlagen unserer Gesellschaft gefährden. Er wird von acht Bürgerrechtsorganisationen herausgegeben, auf deren Expertise und praktischen Erfahrungen die Berichte beruhen.
Röhner, Cara / Pollähne, Helmut u.a.: Grundrechte-Report 2018. Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland. Frankfurt/Main 2018, 10,99 Euro, ISBN 978-3-596-70189-6
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchte wir dieses Mal auf:
8.-13.6.2018 in Stadtschlaining (Österreich): Mit dem Rücken zur Wand – Kritisches Engagement in Zeiten von Shrinking Spaces
35. Sommerakademie der Friedensburg Schlaining
5.-6.7.2018 in Köln: Quartiersentwicklung – wie erreiche ich die Unerreichbaren?
Seminar des Paritätischen Bildungswerks