eNewsletter Nr. 17/2011 (02.09.2011)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Partizipation weltweit
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Umsetzung der Europäischen Bürgerinitiative
Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) ermöglicht EU-Bürger/innen, mit einer Million Unterschriften aus mindestens einem Viertel der Mitgliedsstaaten ein Thema auf die Agenda der EU-Kommission zu setzen. Diese Beteiligungsmöglichkeit wird ab April 2012 anwendbar, zur Zeit werden Ausführungsgesetze in den Mitgliedsstaaten geregelt. Nach Protesten von zivilgesellschaftlichen Organisationen wurde der deutsche Gesetzesentwurf derart verändert, dass nun für die Soft- und Hardware für eine Online-Sammlung von Unterschriften den Initiatoren einer solchen Aktion keine Kosten mehr entstehen. Nach Einschätzung von Mehr Demokratie e.V. ist der neue Gesetzesentwurf damit deutlich bürgerfreundlicher gestaltet worden.
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Zivilgesellschaft zur Krise in der EU
Im »Netzwerk Europäische Bewegung Deutschland«, EBD, sind 218 Organisationen aus Wirtschaft, Nonprofit-Organisationen und Verbänden zusammengeschlossen. Mit der »Berliner Erklräung« weist das Netzwerk auf die zentrale Bedeutung der Europäischen Union auch über Finanzfragen hinaus. Sie formuliert die europäischen Integrationsverantwortung der Zivilgesellschaft und fordern mehr Solidarität im gesamteuropäischen Interesse. Das Netzwerk möchte mit der Erklärung an die europapolitischen Akteure appellieren, diese Krise auch mit unpopulären Maßnahmen beizulegen.
Die Berliner Erklärung im Wortlaut (PDF)
Kooperationen mit Migrantenorganisationen
Migrantenorganisationen sind für viele staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure wichtige Kooperationspartner. Die Zusammenarbeit in der Integrationsarbeit stellt dabei häufig besondere Herausforderungen an die beteiligten Partner und die Ausgestaltung der Kooperation. Eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ging Frage nach, wie solche Kooperationen für alle Beteiligten erfolgreich und gleichberechtigt gestaltet werden können. Im Rahmen der empirischen Untersuchung wurden unterschiedliche Kooperationsformen und -projekte analysiert, die durch das Berliner Aktionsprogramm »Vielfalt fördern – Zusammenhalt stärken« gefördert wurden. Ziel war es, interne und externe förderliche und hinderliche Faktoren für gelingende Kooperationen zu identifizieren und Empfehlungen zu entwickeln. Die zentralen Handlungsempfehlungen sind eine stärkere Anerkennung des bürgerschaftlichen Engagements von Migrantenorganisationen und eine angemessenere Ausrichtung der Förderpraxis.
Die Studie im Wortlaut (PDF)
Kampagne für Ökologische Kinderrechte
Der Verein »terre des hommes« führt eine Kampagne durch, die die Themen Kinderrechte und Umweltschutz miteinander verbindet. 193 Staaten haben sich mit der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention darauf verpflichtet: »Kinder haben das Recht in einer intakten Umwelt aufzuwachsen«. Dennoch wird weltweit durch Umweltzerstörung vielen Kindern eine nachhaltige Lebensgrundlage genommen. Hinzu kommt, dass Kinder aufgrund ihres noch nicht voll entwickelten Immun- und Entgiftungssystems oft anfälliger für die Auswirkungen von Schadstoffen sind. Auf dieser Grundlage stellt die Kampagne konkrete Forderungen an die deutsche und internationale Politik sowie transnationale Unternehmen. Während man für Deutschland die Einrichtung einer Ombudsstelle fordert, die politische Maßnahmen und Entscheidungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen für die Lebensqualität kommender Generationen prüft, soll die internationale Politik sich für internationale Umweltstandards und Schafstoffgrenzen einsetzen. Für ihr Anliegen sucht die Kampagne unter dem Motto »Kinder haften für ihre Eltern. Genug geredet - ökologische Kinderrechte achten!« auch auf Facebook Unterstützer und Förderer.
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Handlungsfelder Bürgergesellschaft
Die Aktive Bürgerschaft e.V. formuliert in einer aktuellen Broschüre vier zentrale Handlungsfelder für bürgerschaftliches Engagement: Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen (Umwelt- und Ressourcenschutz), der Schutz demokratischer Spielregeln (Demokratie und Frieden), die Verbesserung der Teilhabebedingungen (Teilhabe und Integration) und die Stärkung der Befähigung zur Teilhabe (Werte und Bildung). In dem Ratgeber werden Wege aufgezeigt, wie Interessierte in diesen gesellschaftlichen Bereichen aktiv werden können.
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Gesellschaftliche Handlungsfelder sind ebenfalls die zugrundeliegende Systematik in der Datenbank »Akteure« im Wegweiser Bürgergesellschaft. Diese Datenbank bietet kommentierte Links zu Organisationen und Initiativen, Verbände und Vereine sowie ihre Netzwerke und Zusammenschlüsse.
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Im Fokus: Partizipation weltweit
Reinhard Mohn Preis: Erfolgreiche Beteiligung weltweit
Neue Impulse zu Anforderungen und Handlungsmöglichkeiten für ein zukunftsfähiges demokratisches System sind Anliegen des Reinhard Mohn Preises 2011. Dazu wurden weltweit vorbildiche Lösungsansätze zur Stärkung der Demokratie gesucht. Aus der Fülle von Projektvorschlägen wurden von einer Jury sieben Finalisten ausgewählt, über die dann Bürgerinnen und Bürger in Deutschland abstimmten. Frank Frick, der verantwortliche Programmleiter des Reinhard Mohn Preises 2011, stellt in seinem Gastbeitrag drei Beteiligungsprojekte aus USA, Brasilien und Kanada aus der Runde der Finalisten vor. Da es auch um Anregungen und Impulse zur Weiterentwicklung der Demokratie hierzulande ging, formuliert Frank Frick »sechs Lehren für Deutschland«. Es wird deutlich, dass es kein allgemein gültiges optimales Verfahren der Beteiligung gibt. Aber wenn es gelingt, frühzeitig und kontinuierlich Entscheidungsprozesse mit verschiedenen Verfahren für Menschen aller gesellchaftlichen Schichten zu öffnen, dann ist eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger auch bei komplexen Themen möglich.

Partizipation und Marginalisierung: Lernen von den Ländern des Südens?
Sind die im Süden gewonnenen spezifischen Erfahrungen mit Beteiligungsinstrumenten auf den Norden übertragbar? Wo liegen die Chancen und Grenzen des interkulturellen Lernens? Dieser Frage geht Prof. Dr. Norbert Kersting vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Münster in seinem Gastbeitrag nach. Er greift insbesondere die Probleme der Integration von marginalisierten Gruppen bei neuen politischen Beteiligungsinstrumenten auf. Des Weiteren zeigt er die Ursachen und mögliche nachahmenswerte Pfade innovativer lokaler demokratischer Beteiligung in den Ländern des Südens. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf dem Sonderfall Südafrika, wo er mehrere Jahre tätig war. In Südafrika konnten sich in den weiterhin bestehenden traditionellen Strukturen viele Beteiligungsinstrumente nicht durchsetzen, andererseits hat die in der Gesetzgebung verankerte Beteiligung eine deutliche Vorbildfunktion. Als weiteres Resümee sieht Kersting in südlichen Ländern eine höhere Exeperimentierfreudigkeit und eine höhere Fehlertoleranz in Beteiligungsverfahren als in Deutschland. Daher sollte hierzulande einzelnen Regionen oder Städten verstärkt die Gelegenheit gegeben werden, alternative innovative Ansätze zu implementieren.

China: Entwicklung zur Zivilgesellschaft
Mit der wirtschaftlichen Öffnung sind in China große Veränderungen im Gange, die auch in dieser Gesellschaft Globalisierungsgewinner und -verlierer hervorbringt. Die Privatisierung der Eigentumsverhältnisse, der Verlust traditioneller sozialer Bindungen, die Auflösung der Kollektive sind Herausforderungen unvorstellbaren Ausmaßes, denen sich die chinesische Gesellschaft gegenüber sieht. Vor diesem Hintergrund wächst in der chinesischen Regierung und Verwaltung die Bereitschaft, das bürgerschaftliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger für die Entwicklung des Landes zu nutzen. In China gehen Schätzungen von cirka einer Million NGOs aus, die sich in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen engagieren. Nach Ansicht von Ludwig Weitz, Organisationsberater und seit 2005 in China regelmäßig tätig als Consultant für öffentliche Partizipation, bemühen sich in den letzten Jahren immer mehr Organisationen, NGOs und reformorientierte Politiker in China darum, eine Bürgerkultur für Partizipation zu etablieren und demokratische Grassroot-Prozesse zuzulassen. Viele Projekte zeigten bereits heute, dass beteiligungsorientierte Verfahren, die im Dialog mit Betroffenen und unter Einbeziehung aller Stakeholder Lösungen suchen, einen wesentlichen Beitrag zu einem gesellschaftlichen Transformationsprozess leisten können.

Demokratisierung im arabischen Raum
Protestbewegungen und zivilgesellschaftliche Organisationen sind angesichts der Entwicklungen in mehreren arabischen Ländern als Akteure deutlich erstarkt. Diese Entwicklungen sind zur Zeit längst nicht abgeschlossen und sind in einzelnen Ländern unterschiedlich ausgeprägt. Die politische Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger durch die Proteste, Revolten und den Neuaufbau gesellschaftlicher Strukturen waren Schwerpunkt im »BBE Europa-Nachrichten - Newsletter für Engagement und Partizipation Nr. 2 vom 24.2.2011«. In einem Interview schildert Prof. Cilja Harders, die Leiterin der Arbeitsstelle Politik des Vorderen Orients an der FU Berlin, die Bedeutung der diversen Bewegungen. Jochen Roose, Juniorprofessor für Soziologie europäischer Gesellschaften am Institut für Soziologie der Freien Universität Berlin, untersucht in seinem Gastbeitrag Protestursachen, Werte und Einstellungen der Menschen sowie die Infrastruktur und Perspektive der Protestbewegungen.
Zum Schwerpunkt-Thema Demokratisierung im arabischen Raum
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Die Zukunft der Bürgerbeteiligung
Immer mehr Bürgerinnen und Bürger fordern das Recht auf politische Mitgestaltung und Mitsprache bei Themen, die sie lokal oder global für wichtig und zukunftsweisend halten. Der Wunsch nach einer partizipativen Reform unseres Gemeinwesens verbindet sich mit der Einsicht, dass es einer bürgerschaftlich gestärkten Demokratie in Deutschland bedarf. Die Publikation richtet den Blick auf die »Zukunft der Bürgerbeteiligung«. Wie können die mannigfaltigen Krisensymptome des demokratischen Systems in der Bundesrepublik überwunden werden? Wie kann es gelingen, demokratische Gestaltungsspielräume in allen Lebensbereichen zu eröffnen und die Beschränkung demokratischer Beteiligung auf nachrangige Politikfelder aufzubrechen? Entlang dieser Leitfragen zeigen Autor/innen aus Bürgergesellschaft, Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft praxisnah und handlungsorientiert Wege auf, wie die Erfolgsgeschichte der bundesdeutschen Demokratie fortgeschrieben werden kann.
Stiftung MITARBEIT (Hrsg.). Die Zukunft der Bürgerbeteiligung. Herausforderungen, Trends, Projekte.
Bonn 2011. 292 S., 12,00 Euro, ISBN 978-3-941143-10-4
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Publikation: Bürgerschaftliches Engagement unter Druck?
Auf der Basis eigener empirischer Erhebungen wird in den drei Schlüsselbereichen der Zivilgesellschaft Kultur, Sport und Soziales untersucht, inwieweit ehrenamtliche Strukturen noch tragfähig sind, um die Leitung von Organisationen, aber auch die Arbeit in den Vereinen und Verbänden zu gewährleisten. Die Analysen zeigen, dass das bürgerschaftliche Engagement in Anbetracht sich wandelnder Rahmenbedingungen weiter unter Druck gerät. Dies ist der Ausgangspunkt für eine Analyse der Kernbereiche des bürgerschaftlichen Engagements: Soziales, Kultur und Sport. Hierzu wird zunächst einführend ein Überblick über Entwicklung, Tradition sowie die aktuellen Trends und Probleme des jeweiligen Bereichs vermittelt. Daran anschließend wird auf der Basis eigener empirischer Erhebungen je ein Problemfeld ins Blickfeld gerückt. Im Sozialwesen ist dies die ehrenamtliche Leitung großer Einrichtungen, in der Kultur die Frage nach der Entwicklung der Zukunft des Public-Private-Partnership und im Sport die Zukunftsfähigkeit der Vereine als Mitgliederorganisation.
Rauschenbach, Thomas/Zimmer, Annette (Hrsg.): Bürgerschaftliches Engagement unter Druck? Analysen und Befunde aus den Bereichen Soziales, Kultur und Sport.
2011, 389 S., 33,00 Euro, ISBN 978-3-86649-435-0
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Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im <link aktuelles termine-und-veranstaltungen _blank>Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
• 29.9.2011 in Berlin: Internationales Demokratie-Symposium
Ein Symposium der Initiative ProDialog
• 13.10.2011 in Hilden: Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
Eine Veranstaltung des Mehr Demokratie e.V.