Newsletter Nr. 2/2009 (30.01.2009)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Solidarische Ökonomie
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Kontaktstelle »Europa für Bürgerinnen und Bürger«
Anfang Dezember 2008 hat die Kontaktstelle Deutschland »Europa für Bürgerinnen und Bürger« (EFFB) bei der Kulturpolitischen Gesellschaft ihre Arbeit aufgenommen. Die Kontaktstelle ist die offizielle nationale Anlaufstelle für das Förderprogramm »Europa für Bürgerinnen und Bürger« der Europäischen Union in Deutschland. Sie bietet Interessierten Informationen über das EU-Programm und berät sie bei der Antragstellung. Die Europäische Union möchte mit dem Programm bürgerschaftliches Engagement in und für Europa fördern und sie zur aktiven Mitgestaltung der europäischen Integration und Zivilgesellschaft motivieren.
Zur EFFB-Website
Zeitzeugen-Datenbank zu Zwangsarbeit
Das neue Interview-Archiv »Zwangsarbeit 1939–1945« mit den Erinnerungen von fast 600 ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern ist ab Januar 2009 online zugänglich. Schulen und Gedenkstätten, Lehre und Forschung können mit diesem Archiv die Erinnerungen der Überlebenden für ihre Arbeit nutzen. Gleichzeitig werden in Kooperation mit Expertinnen und Experten der Geschichtsdidaktik und Oral History sowie der schulischen und außerschulischen Bildung Konzepte und Materialien für die Bildungsarbeit entwickelt und zur Verfügung gestellt. Das Projekt wird getragen von der Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« in Kooperation mit der Freien Universität Berlin und dem Deutschen Historischen Museum.
XING-Marktplatz für neue gesellschaftliche Kooperationen
Marktplätze als Treffpunkte des Handels und der Zusammenkunft werden mit der sog. »Marktplatz-Methode« auf das bürgerschaftliche Gemeinwesen übertragen. Die Methode dient zur Anbahnung von Kooperationen zwischen Wirtschaft, zivilgesellschaftlichen Organisationen und öffentlicher Hand im lokalen Umfeld. Die ursprünglich aus den Niederlanden kommende Idee der Marktplätze wurde in den letzten Jahren für den deutschen Sprachraum adaptiert. Die Bertelsmann Stiftung hat Ende vergangenen Jahres eine Gruppe »Marktplatz für Neue Gesellschaftliche Kooperation« beim Online-Portal XING gegründet, um den während den vergangenen Marktplätzen entstandenen Kontakten ein Forum zu bieten. Innerhalb der Gruppe können Teilnehmer/innen und Organisator/innen der Marktplätze nun unter anderem ihre Erfahrungen austauschen und sich über die Kooperationen anderer Städte informieren. Zusätzlich werden Artikel über die Marktplatz-Methode, die vergangenen Marktplätze, sowie Informationen zu den Themen Corporate Volunteering und Corporate Social Responsibility bereit gestellt.
Kampagne »Geben gibt«
Gemeinnützige Dachverbände, bundesweite Netzwerke und unterstützende Partner des Dritten Sektors haben unter Federführung des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen die Kampagne »Geben gibt« gestartet. Mit der auf drei Jahre angelegten Kampagne sollen Bürger/innen und Unternehmen für ein verstärktes bürgerschaftliches Engagement gewonnen werden.
Weitere Informationen zur Kampagne »Geben gibt«
Weltsozialforum 2009
Vom 27. Januar bis 1. Februar 2009 findet das neunte Weltsozialforum in Belém/Brasilien statt. Ausschlaggebend für die Auswahl der Großstadt am Amazonas war die weltweite Debatte über den Klimawandel. Zum Forum werden 80.000 Besucher/innen aus 150 Ländern erwartet, darunter Delegierte von rund 4.000 sozialen Bewegungen, indigenen Völkern, Gewerkschaften, Kirchen und nichtstaatlichen Organisationen. Im Vordergrund der diesjährigen Großveranstaltung werden neben dem ökologischen Thema Antworten der Zivilgesellschaft auf die globale Finanz- und Wirtschaftskrise stehen.
Zur deutschsprachigen Website des Weltsozialforums 2009
Im Fokus: Solidarische Ökonomie
Solidarische Ökonomie am Beispiel Nordhessen
Solidarische Ökonomie ist ein Sammelbegriff für vielfältige Formen des Wirtschaftens, die sich nicht an Profitmaximierung, sondern an sozialen, demokratischen oder ökologischen Zielsetzungen orientieren. Wichtige Prinzipien sind die Selbstverwaltung, Kooperation, ökologisches Handeln und Gemeinschaftsorientierung der Wirtschaftsunternehmen. Die Einrichtung regionaler Kreisläufe durch die Besinnung auf die regionalspezifischen Potentiale hat zusätzlich eine ökologisch und sozial stabilisierende nachhaltige Wirkung auf die Region. Die erwirtschafteten Gewinne fließen nicht mehr ab, sondern ermöglichen eine regionale Wertschöpfung. Prof. Dr. Clarita Müller-Plantenberg, Soziologin an der Universität Kassel, und Alexandra Stenzel, wissenschaftliche Mitarbeiterin, beschreiben in ihrem Gastbeitrag am Beispiel der Region Nordhessen die grundlegenden Chancen und Möglichkeiten der Solidarischen Ökonomie. Sie zeigen auf, wie im Prozess der Solidarischen Ökonomie Wirtschaftsdemokratie entstehen kann, die so zu einem Garanten für demokratische Selbstbestimmung und nachhaltige Entwicklung wird.
Economia Popular Solidária: Gemeinwirtschaft in Brasilien
Brasilien ist das größte lateinamerikanische Land, die einzige ehemalige portugiesische Kolonie in Lateinamerika und vermutlich gemeinsam mit Nigeria das Land mit der größten afrikanischstämmigen Bevölkerung der Erde. In Brasilien entsteht seit dem Ende der Militärdiktatur im Jahre 1985 ein alternativer Sektor der Volkswirtschaft, welcher als »Economia Popular Solidária« (EPS) bezeichnet wird. Die heute in Brasilien bestehenden wirtschaftlichen Strukturen sind jedoch ohne Rückgriff auf die Kolonialgeschichte und die folgende Entwicklung nicht oder nur unvollständig zu erklären. Dr. Anselm Meyer-Antz, Brasilien-Referent beim katholischen Hilfswerk Misereor, erklärt vor diesem Hintergrund in historischer Perspektive die Entstehung und Entwicklung der Solidarökonomie in Brasilien. Obwohl die brasilianische Gesellschaft keine Tradition einer auf lokale Märkte ausgerichteten Produktion kennt und trotz einiger beachtlicher Erfolge fällt sein vorläufiges Fazit ambivalent aus: Wenn arme Menschen sich für einen solchen »alternativen« Sektor der Wirtschaft wirklich begeistern und dieser in selbsttragenden Prozessen wachsen soll, dann muss er für die Beteiligten nachhaltig wirtschaftlich profitabel und zugleich interessanter als die isolierte informelle Arbeit oder die Drogenkriminalität sein. Dazu ist es jedoch nötig, die kulturellen und betriebswirtschaftlichen Konstruktionsfehler innerhalb der EPS zu überwinden.
Kapital aus der Region und für die Region
Das Wirtschaften nach globalen Maßstäben nimmt keine Rücksicht auf Besonderheiten einer Region. In Zeiten von globaler Wirtschafts- und Finanzkrise erhält jedoch das Interesse an Solidarischer Ökonomie und ihren regionalen Projekten möglicherweise neue Dynamik. Christian Hiß, Gründer und Vorstand der Regionalwert AG, stellt in seinem Gastbeitrag das Modell der Bürgeraktiengesellschaft als ungewöhnliches Beispiel Solidarischer Ökonomie vor: Die RWAG hat sich zum Ziel gesetzt, landwirtschaftliche Betriebe in der Region Freiburg zu erwerben oder sich an ihnen zu beteiligen, um sie dann an qualifizierte Unternehmer/innen und Existenzgründer/innen zu verpachten und nach den nachhaltigen Kriterien der Regionalwert AG bewirtschaften zu lassen. Beide Kerninnovationen, die neue Gesellschaftsstruktur landwirtschaftlichen Eigentums und die Gleichberechtigung der sozial-ökologischen Wertschöpfung, bieten demnach vielfältige Chancen, den bestehenden Problemstellungen der regionalen Landwirtschaft konstruktiv zu begegnen und sie für die sozial-ökologische Regionalentwicklung zu nutzen.
Akteure zu Alternativer Ökonomie
Die Landschaft alternativer, an solidarischen Prinzipien ausgerichteten Projekten und Akteuren in Deutschland ist sehr vielfältig. Eine Zusammenstellung von bundesweit relevanten Internetportalen bietet der Wegweiser Bürgergesellschaft in der Akteursdatenbank. Zu dem Themenfeld gehören u.a. Netzwerke, Ansätze lokaler Ökonomie, selbstverwaltete Betriebe, kritische Aktionäre und Ansätze zu Geld- und Bodenreformen.
Zur Datenbank <link handlungsfelder oekonomie-arbeit-und-beruf alternative-oekonomie _blank external-link-new-window>Alternative Ökonomie
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Friedensarbeit als Zeitverschwendung?
Unter der Frage »Reine Zeitverschwendung?« setzt sich ein offener Brief an Friedensstifter/innen kritisch mit Projekten für gewaltfreie Konflikttransformation und Friedensprozesse auseinander. Die Autor/innen formulieren darin einen eindringlichen Appell, darüber nachzudenken, wie aus der Vielfalt der Ansätze eine wirkungsvollere Bewegung werden kann. Der Text wurde vom Bund für Soziale Verteidigung im Herbst 2008 als Hintergrund- und Diskussionspapier veröffentlicht und steht online zum Abruf bereit.
Publikation: Methodenbuch Sozialraum
Die Sozialraumanalyse ist zu einem festen Bestandteil der Sozialen Arbeit geworden. In zahlreichen Einrichtungen und Projekten werden sozialräumliche Analyse- und Beteiligungsmethoden praktisch eingesetzt und durchgeführt. Diese qualitativen Methoden wurden im Rahmen einer sozialräumlichen Konzeptentwicklung besonders in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit entwickelt und werden zunehmend in anderen Bereichen der Sozialen Arbeit eingesetzt. Das Buch bietet dazu theoretische Grundlagen und stellt aktuelle Methoden für verschiedene Felder der Sozialen Arbeit vor.
Deinet, Ulrich (Hrsg.): Methodenbuch Sozialraum
Wiesbaden 2009, 324 S., 29,90 Euro, ISBN 978-3-531-15999-7
Informationen und Bestellung online
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im <link aktuelles veranstaltungskalender _top external-link-new-window>Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden.
Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
• 05.03.2009 in Bonn: <link aktuelles veranstaltungskalender va external-link-new-window>Nachhaltige Kapitalanlage für Stiftungen – Chancen und Risiken
Ein Seminar der DeutschenStiftungsAkademie
• 07.-08.03.2009 in Kirkel: <link aktuelles veranstaltungskalender va external-link-new-window>Mit dem Coach zum politischen Erfolg – Training für ehrenamtliche Mandatsträger/innen
Ein Seminar der Stiftung Demokratie Saarland