eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 12/2017 (20.12.2017)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Kooperationen im Quartier
- Publikationen und Veranstaltungen
- In eigener Sache
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Modellprojekt: Teilhabe durch Engagement
Im Rahmen des Modellprojektes »Teilhabe durch Engagement« erproben Freiwilligenagenturen seit dem Sommer 2016 an bundesweit zehn Standorten Wege für geflüchtete Menschen in ihr freiwilliges Engagement. Gemeinsam mit anderen Freiwilligen vor Ort finden geflüchtete Menschen im Engagement ein neues Zuhause – und eine Gesellschaft, die sie von Beginn an verantwortlich mitgestalten können. Die dazugehörige Internetseite des Projekts dokumentiert vor allem Anregungen aus der konkreten Praxis. Vom Gelingen berichten beispielsweise Geschichten, in der geflüchtete Engagierte oder besondere Engagement-Situationen unter aktiver Beteiligung von Geflüchteten vorgestellt werden. Aber auch Herausforderungen im Themenfeld sollen transparent gemacht werden. Das Modellprojekt wird von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen durchgeführt.
ZiviZ: Leitfaden Interkulturelle Öffnung
Das im Stifterverband angesiedelte Projekt »Zivilgesellschaft in Zahlen (ZiviZ) hat einen Leitfaden zur Interkulturellen Öffnung von Vereinen und gemeinnützigen Organisationen veröffentlicht. Der Leitfaden richtet sich an alle Personen, die in ihrer Organisation einen Veränderungsprozess in Gang bringen möchten. Die Schritte einer Interkulturellen Öffnung werden in vier Phasen erläutert und verschiedene Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt. Best-Practice-Beispiele, praktische Hinweise sowie ein umfangreicher digitaler Serviceteil mit Anlaufstellen und Übungen sollen helfen, interkulturelle Öffnungsprozesse voranzubringen. Neben dem Download des kompletten Leitfadens stehen einzelne Methoden, Übungen und Checklisten auch als Einzeldateien zur Verfügung. Der Leitfaden ist im Rahmen des ZiviZ-Projekts »Menschen.Leben.Integration« entstanden.
Bündnis: Bildung für eine demokratische Gesellschaft
Die Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik hat eine Bündnisinitiative gestartet, um wirksame demokratiepädagogische Ansätze zu vernetzen, zu stärken und zu verbreiten. Ziel der Initiative ist es, bis 2025 bundesweit, flächendeckend und in fest verankerten Strukturen durch Pädagoginnen und Pädagogen in Bildungseinrichtungen gezielte Anlässe und Angebote zu schaffen, damit Kinder und Jugendliche persönliche Erfahrungen mit Demokratie und Verfassung, Menschenrechten und Pluralität machen und so Demokratie lernen können. Die Initiative ist offen für alle interessierten zivilgesellschaftlichen Organisationen, richtet sich aber auch an Verantwortliche in Politik und Verwaltung, die vor Ort Demokratielernen ermöglichen wollen.
Aufruf für eine sozial gerechte Stadtentwicklung
Wie Wasser oder Luft ist Boden keine klassische Handelsware, sondern ein Gemeingut, dass nicht der Verwertungslogik des Marktes unterworfen sein sollte: mit diesem Ansatz engagieren sich verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen für einen anderen Umgang der Kommunen mit dem Gemeingut Boden. Sie sehen darin einen Beitrag zu einer sozial gerechteren und nachhaltigeren Stadtentwicklung. Auch in München hat sich als Reaktion auf die Verknappung und Verteuerung von Wonhraum eine solche Initiative gegründet. Die Initiative fordert in einem »Aufruf für eine andere Bodenpolitik«, dass Kommunen bei Fragen zur Bodenpolitik eine gestaltende Rolle übernehmen. Sie sollen ermutigt und finanziell in die Lage versetzt werden, eine aktive, am Gemeinwohl orientierte Politik zu betreiben. Um für künftige Aufgaben der Daseinsvorsorge gerüstet zu sein, sollten sie ihren Grundbesitz halten und vermehren können, statt ihr »Tafelsilber« zur Haushaltssanierung zu verkaufen. Für die erste Jahreshälfte 2018 ist ein bundesweiter Kommunalworkshop zum Erfahrungsaustausch und zur Konkretisierung der wesentlichen Forderungen zu einer gemeinwohlorientierten Bodenpolitik aus kommunaler Perspektive geplant.
Der Aufruf im Wortlaut (PDF)
Monitor Nachhaltige Kommune
Kommunen sollten die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, sich persönlich für mehr Nachhaltigkeit vor Ort zu engagieren, stärker nutzen als bisher: Das ist ein Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Außerdem sollten sie aus Sicht der Bürger/innen vermehrt die Chancen nutzen, die sich mit der Digitalisierung für nachhaltige Entwicklung und Bürgerbeteiligung verbinden. Laut der befragten Bürger/innen hinken die Kommunen auch bei weiteren Themen hinterher, die ihnen im Kontext kommunaler Nachhaltigkeit besonders wichtig sind: Klimaschutz, Armutsbekämpfung und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Die Bürgerumfrage ist Teil des Projekts »Monitor Nachhaltige Kommune«, mit dem die Bertelsmann Stiftung alljährlich über den Stand und die Perspektiven einer nachhaltigen Entwicklung in den Kommunen informiert.
Partizipative Forschung: Senior/innen beforschen ihre eigene Altersgruppe
Partizipation als Beteiligung der relevanten Akteure spielt in immer mehr gesellschaftlichen Bereichen eine wichtige Rolle, so auch zunehmend in der Forschung. Ziel von partizipativen Ansätzen ist es hier, nicht nur über, sondern gemeinsam mit den Betroffenen zu forschen und dadurch valide Erkenntnisse zu erhalten. Das Interdisziplinäre Kompetenzzentrum Alter (IKOA) der Fachhochschule St.Gallen befasst sich mit anwendungsorientierter Forschung und Entwicklung rund um Fragen des Alters und Alterns. Hierbei spielt die partizipative Forschung eine wesentliche Rolle. Vor diesem Hintergrund hat das IKOA zwei Gruppen partizipativ forschender Senioren/innen im Raum St.Gallen und im Bodenseeraum aufgebaut. Diese partizipativen Forschergruppen setzen sich aus insgesamt 11 Senioren/innen der Generation 60+ und Wissenschaftlerinnen des IKOA zusammen. Stephanie Lehmann, Cora Pauli und Sabina Misoch stellen in ihrem Gastbeitrag das Forschungsvorhaben und erste Ergebnisse vor.
Im Fokus: Kooperationen im Quartier
Fünf Prinzipien gelingender Kooperation
Kooperationen sind in der Quartiersarbeit, besonders in der Gemeinwesenarbeit und im Quartiersmanagement, mit hohen Erwartungen verbunden. Die Zusammenarbeit mit anderen Akteur/innen soll dabei helfen, die Qualität der eigenen Arbeit zu verbessern, Ziele zu erreichen, die alleine nicht zu schaffen sind, und dazu beitragen, dass das Quartier weiter als Gemeinschaft zusammen wächst. Allerdings werden die hohen Erwartungen an Kooperation in der Praxis oft enttäuscht. Vor diesem Hintergrund stellt Moritz von Gliszczynski in seinem Gastbeitrag fünf Prinzipien vor, mit denen Kooperation gelingen kann.
Motivationen, Bedingungen und Hindernisse für Kooperationen im Sozialraum: Ein Beispiel aus Paderborn
In einem gemeinsamen Forschungsprojekt haben das Zentrum für angewandte Pastoralforschung an der Ruhr-Universität Bochum und das Erzbistum Paderborn untersucht, wie Beziehungsnetzwerke und Kooperationen im geografischen Raum eines Erzbistums gelingen und woran sie scheitern können. Miriam Zimmer gibt in ihrem Gastbeitrag einen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse des Forschungsprojekts und leitet daraus allgemeingültige Empfehlungen für Kooperationen im Sozialraum ab.
Über die Bedeutung von Kooperation im Quartier: Ein Beispiel aus Krefeld
Das Krefelder Samtweberviertel hat rund 7.000 Einwohner/innen und liegt in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt und zum Krefelder Hauptbahnhof. Der Stadtteil ist durch kulturelle und ethnische Vielfalt geprägt, es gibt zudem überdurchschnittlich viele von Armut betroffene und auf Transferleistungen angewiesene Haushalte. In diesem Stadtviertel engagiert sich seit 2014 die Montag Stiftung Urbane Räume im Rahmen eines Pilotprojekts zur Belebung des Quartiers und der Nachbarschaft. Im Mittelpunkt der Quartiersentwicklung steht mit der »Alten Samtweberei« eine ehemalige Textilfabrik, die nach jahrelangem Leerstand zu einem zentralen und lebendigen Ort im Stadtteil avanciert. Robert Ambrée skizziert in seinem Gastbeitrag die Entwicklung des Projekts und zeigt, wie vor Ort Kooperationen und lokale Partnerschaften zum Erfolg beitragen.
Erfahrungen mit sozialräumlichen Kooperations- und Vernetzungsstrukturen: Ein Beispiel aus Berlin
Im Berliner Stadtteil Kreuzberg existiert seit 2013 ein Netzwerk für mehr Teilhabe älterer Menschen. Initiiert wurde es durch das gemeinnützige Nachbarschaftshaus Urbanstraße und das zuständige Bezirksamt. Das wachsende Netzwerk von Fachleuten aus Verwaltung und freien Trägern, Aktiven aus Nachbarschafts- und Bürgerinitiativen, politischen Akteuren und älteren Menschen konzentriert seine Arbeit auf den Kreuzberger Südwesten mit etwa 60.000 Einwohner/innen. Markus Runge erläutert in seinem Gastbeitrag am Kreuzberger Beispiel, welche Qualitätsstandards das Gelingen von Kooperationen und Netzwerkarbeit begünstigen.
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Wenn arme Leute sich nicht mehr fügen
Arme Leute sind gezwungen, ihren Protest und ihre Selbstbehauptung in anderer Form auszutragen, als die gängigen sozialen Bewegungen dies tun, so der Autor der vorliegenden Publikation. Ihre Repräsentanz findet sich nicht in Parteien und Institutionen wieder, in sozialen Bewegungen finden ihre Ansprüche wenig Gehör. Das Buch beschreibt die Geschichte des Widerstands armer Leute von der Weimarer Republik, über die Hartz-IV-Proteste bis hin zum alltäglichen »stummen Protest«. Darüber hinaus werden wissenschaftliche Konzepte der Armutsforschung kritisch hinterfragt.
Harald Rein: Wenn arme Leute sich nicht mehr fügen… Bemerkungen über den Zusammenhang von Alltag und Protest. Neu-Ulm 2017, 184 S., 14,80 Euro, ISBN 978-3-945959-25-1
Information und Bestellung
Publikation: Wege zur WillkommensKITA
Mit einer neuen Publikation macht die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung das Wissen aus dem Modellprogramm »WillkommensKITA«, das vornehmlich in Sachsen durchgeführt wurde, auch für weitere Kitas und bundesweit nutzbar. Das kostenlose Arbeitsmaterial bietet praxisnahe Hilfestellungen für Einrichtungen, die geflüchtete Kinder betreuen. Es richtet sich an pädagogische Fachkräfte in Kita, Kindertagespflege und Hort. Wie lassen sich Sprachhürden überwinden? Was ermutigt geflüchtete Eltern, sich in den Kitaalltag einzubringen? Und wie wird die Kindertagesstätte zu einem sicheren Ort, an dem alle Kinder mit Freude spielen und lernen können? Das Arbeitsmaterial unterstützt Kitas dabei, individuelle Antworten auf diese und weitere Fragen zu finden.
Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS): Wege zur WillkommensKITA. Berlin 2017, 44 S., ISBN 978-3-940898-49-4
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
17.-19.1.2018 in Loccum: Resilienz – Beteiligung verwurzeln in Organisation und Demokratie
11. Loccumer Procedere Werkstatttagung
1.-3.3. 2018 in Berlin: Verwaltung trifft Beteiligung – Zwischen Amt und Bürgerinnen/Bürgern: Krisen und Chancen
Eine Tagung der Heinrich-Böll-Stiftung
In eigener Sache
In eigener Sache
Heute lesen Sie den letzten eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft im Jahr 2017. Die Redaktion dankt allen Leserinnen und Lesern sehr herzlich für das aufmerksame Interesse in den vergangenen zwölf Monaten und überdies für manchen wichtigen Hinweis. Wir freuen uns auch im kommenden Jahr auf Ihre Anmerkungen, auf Lob und Kritik. Die nächste Ausgabe folgt am 24. Januar 2018.
Wir wünschen Ihnen frohe Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr.
Eva-Maria Antz, Hannah Rapp, Ulrich Rüttgers, Tim Strehlau