Newsletter Nr. 16/2009 (14.08.2009)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Bürgerbeteiligung, Petitionswesen und Direkte Demokratie
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Verbesserungen im Vereinsrecht
Im Juli 2009 hat der Bundestag deutliche Verbesserungen im Vereinsrecht beschlossen, die nun noch dem Bundesrat vorgelegt werden müssen. So beinhaltet das »Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen« Haftungserleichterungen für Vereins- und Stiftungsvorstände, die unentgeltlich tätig sind oder für ihre Tätigkeit ein geringfügiges Honorar von maximal 500 Euro im Jahr erhalten. Sie müssen nur haften, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben. Mit dem »Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister« und anderer vereinsrechtlicher Änderungen werden die noch notwendigen Voraussetzungen zur Zulassung elektronischer Anmeldungen zu den Vereinsregistern geschaffen. Daneben hat das Bundesministerium für Justiz (BMJ) einen überarbeiteten Leitfaden zum Vereinsrecht veröffentlicht. Die Publikation wendet sich an Vereinsgründer, Vereinsmitglieder und Vereine. Sie gibt einen Überblick zu den Fragen der Gründung und Führung eines Vereins und informiert über die wesentlichen Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder und -organe.
Zur Website des BMJ
Der Leitfaden zum Vereinsrecht im Wortlaut (PDF)
Kindergeld und Freiwilligendienste
Zur Durchführung von Freiwilligendiensten gibt es in Deutschland eine Reihe von Programmen, mit denen dieses Engagement junger Menschen anerkannt und gefördert wird. In einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof nun entschieden, dass das Kindergeld bei Jugendlichen, die einen solchen Freiwilligendienst außerhalb der gesetzlich geregelten Programme durchführen, nicht weiter gezahlt werden muss. Verschiedene gemeinnützige Organisationen, die wie die Aktion Sühnezeichen zum Teil seit Jahrzehnten Friedensdienste durchführen, kritisieren in einem offenen Brief an den Bundesfinanzminister diese Entscheidung. Sie befürchten, dass in der Folge des Urteils in Zukunft insbesondere junge Frauen aus Geringverdienerfamilien faktisch von vielen Freiwilligendiensten ausgeschlossen sind.
Der Offene Brief im Wortlaut (PDF)
Zum <link external-link-new-window>Kapitel Freiwilligendienste im Wegweiser Bürgergesellschaft
Engagementprojekt »jungbewegt«
Unter dem Motto »jungbewegt« führt die Bertelsmann Stiftung ein neues Projekt zur Engagementförderung bei Jugendlichen durch. Um die Engagementförderung politisch und in Bildungsinstitutionen stärker zu verankern wird zur Zeit eine Kooperation mit Partnern aus Schulen, Kindertagesstätten und der Zivilgesellschaft sowie verschiedenen Akteuren in Politik und Verwaltung aufgebaut. Im Rahmen des Projektes sollen dann ab dem kommenden Herbst in Pilotkommunen Konzepte zur Förderung des gesellschaftlichen Engagements junger Menschen erarbeitet und implementiert werden.
Europäische Webseite zur Integration
Die Europäische Kommission hat gemeinsam mit verschiedenen Projektpartnern eine »Europäische Webseite zur Integration« gestartet. Mit der Seite möchte die Europäische Kommission eine Vernetzungs-Plattform schaffen, die zum Austausch über Ansätze, Praxis und gute Beispiele zum Thema Integration motiviert. Zielgruppe der Webseite sind politische Entscheidungsträger/innen, Initiativen und NGOs, die zum Thema Integration auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene arbeiten. Die Seite stellt allen Interessierten eine Vielzahl von Werkzeugen, Dokumenten und Informationen zum Thema zur Verfügung.
Online-Aktion gegen unfaire Einkaufspraktiken
Die Supermarkt-Initiative ist ein Zusammenschluss von zwanzig Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften, die sich gegen den Missbrauch von Einkaufsmacht einsetzen. Die Initiative fordert die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards in der gesamten Lieferkette in Deutschland, innerhalb der EU und in den jeweiligen Produktionsländern. Im Rahmen einer aktuellen Online-Aktion ruft die Initiative die Verbraucher/innen auf, sich mit einem Brief an die Vertreter großer Supermarktketten gegen unfaire Einkaufspraktiken einzusetzen.
Im Fokus: Bürgerbeteiligung, Petitionswesen und Direkte Demokratie
Bürgerbeteiligung im Medienmix
Das Internet ist längst Thema geworden, wenn es um die Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern in Prozesse der demokratischen Meinungs- und Willensbildung geht. Vor allem auf der lokalen Ebene bietet es sich an, internetbasierte Formen der Beteiligung mit den traditionellen zu kombinieren. Dabei ist Bürgerbeteiligung immer auch ein (medial vermittelter) Kommunikationsprozess, in dem mehrere Kommunikationsmittel und Medien eine Rolle spielen. Aus organisatorischer Sicht stellt der Einsatz unterschiedlicher Kommunikationsmittel daher hohe Anforderungen an die Koordination des Beteiligungsprozesses, wie Barbara Lippa, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Bremer Institut für Informationsmanagement (ifib), in ihrem Gastbeitrag feststellt. Ihr Fazit: Obwohl E-Partizipation generell kein Patentrezept für mehr Beteiligung darstellt, kann ein geeigneter Medienmix, der Online-Elemente in Verfahren der Bürgerbeteiligung integriert, die Beteiligung auf eine breitere Basis stellen, die Transparenz des Verfahrens erhöhen und so zu guten Ergebnissen im Sinne der für die Beteiligung definierten Ziele führen.
Das Petitionswesen: Zwischen politischer Teilhabe und Partizipationsplacebo
Seit geraumer Zeit steht die oftmals als »beteiligungsfeindlich« apostrophierte politische Praxis der bundesdeutschen Demokratie im Zentrum vielstimmig vorgetragener Kritik. Gleichzeitig erstarken die Forderungen nach Schaffung neuartiger Partizipationsangebote sowie nach Ausbau direktdemokratischer Elemente. In diesem Zusammenhang rückt auch das Petitionswesen wieder stärker in den Mittelpunkt des Interesses. In der stetig steigenden Zahl von Massen- und Sammelpetitionen an den Deutschen Bundestag manifestiert sich ein offenkundiges Bedürfnis nach politischer Beteiligung und Teilhabe. Steffen H. Elsner, wissenschaftlicher Dokumentar an der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, beleuchtet in seinem Gastbeitrag den Zusammenhang von Bürgerbeteiligung, Petitionswesen und direkter Demokratie. Er skizziert die beteiligungspolitischen Chancen, die von der zukunftsfähigen Ausgestaltung des Petitionswesens abhängen und stellt wesentliche Reformansatzpunkte vor. Für ihn ist klar: Petitionen stellen nicht nur wertvolle Informationsdienste über aktuelle Problemstellungen und Bedürfnislagen der Bevölkerung dar, sondern können auch den Tendenzen zur Selbstimmunisierung des politischen Systems entgegenwirken und dabei helfen, mancherlei Wahrnehmungsblockaden zu überwinden.
Der Petitionsausschuss im Deutschen Bundestag
Seit Anfang Oktober 2008 können Bürgerinnen und Bürger im Rahmen einer eigenen Website online Petitionen an den zuständigen Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages einreichen. Seitdem haben fast 1.000 Petitionen den Ausschuss erreicht, die bislang von insgesamt 800.000 Menschen unterstützt worden sind. Rund 500.000 registrierte Nutzer/innen des Portals zeigen: der früher als »Kummerkasten der Nation« titulierte Ausschuss wandelt sich zu einem öffentlichen Forum, indem sich die Vielfalt unterschiedlicher Sichtweisen, Bewertungen und Erfahrungen von und mit politischen Entscheidungen transparent widerspiegelt. Kersten Naumann, Vorsitzende des Petitionsausschusses im Deutschen Bundestag, zieht in ihrem Gastbeitrag ein positives Fazit der vergangenen Legislaturperiode. Sie registriert eine gestiegene Wertschätzung des gesamten Parlaments gegenüber der Arbeit des Ausschusses. Mit der Etablierung der öffentlichen Petitionen im Internet und den öffentlichen Beratungen sei es dem Ausschuss gelungen, das im Grundgesetz verankerte Petitionsrecht zu stärken und auszubauen.
Der Tätigkeitsbericht 2009 des Petitionsausschusses im Wortlaut (PDF)
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Klare Worte für Verein & Co.
Vereine und Verbände präsentieren ihre Arbeit alltäglich in Berichten, Pressemeldungen, Anträgen und sonstigen Texten. Nicht selten entscheiden die Lesenden darüber, was aus der beschriebenen Arbeit wird. Je formeller und wichtiger der Anlass, desto schwerer kann es sein, das Wesentliche im richtigen Ton zu Papier zu bringen. Nur wenigen fließt dies einfach aus der Feder. Der Ratgeber, der nun in zweiter Auflage vorliegt, vermittelt anschaulich und kompakt Leitlinien für gute Texte im Non-Profit-Alltag. Er zeigt, wie sich die eigene Arbeit mit klaren Worten informativ, sympathisch und überzeugend darstellen lässt.
Dorle Weyers: Klare Worte für Verein & Co. Besser schreiben, mehr bewirken. Arbeitshilfen für Selbsthilfe- und Bürgerinitiativen Nr. 34, Verlag Stiftung MITARBEIT, 2009, 96 S., 8,00 Euro, ISBN 978-3-928053-90-7
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Publikation: Ist die Demokratie zukunftsfähig?
Die sich weltweit zuspitzenden sozialen, ökonomischen und ökologischen Probleme haben das Vertrauen vieler Menschen in die Demokratie erschüttert. Der Autor legt in der vorliegenden Publikation die Rahmenbedingungen offen, denen die heutige Politik unterworfen ist. Vor allem entwirft er Strategien, welche die Demokratie auch unter ungünstigen Voraussetzungen befähigen, Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen und damit ihre eigene Legitimationsgrundlage zu sichern. Sein philosophischer Essay ist ein Plädoyer für eine zukunftsgerechte, partizipative Demokratie.
Otfried Höffe: Ist die Demokratie zukunftsfähig? Über moderne Politik. 2009, 334 S., 14,95 Euro, ISBN 978-3-406-58717-7
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Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im <link aktuelles veranstaltungskalender external-link-new-window>Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden.
Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
• 11.-12.09.2009 in Köln:<link aktuelles veranstaltungskalender va> Was wollen die denn bloß? Ein spielerisches Seminar zu Konflikten zwischen Hauptamtlichen und Freiwilligen
Ein Seminar der Stiftung MITARBEIT
• 25.-27.09.2009 in Reinhausen: <link aktuelles veranstaltungskalender va external-link-new-window>Vernetzung als Chance – Bundesweiter Austausch zur Leitung von schwulen und schwul/lesbischen Jugendgruppen
Eine Veranstaltung der Akademie Waldschlösschen