eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft Nr. 7/2014 (11.04.2014)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Interkulturelle Kompetenz im Engagement
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Weißbuch zur Konversion in Mannheim
Seit dreieinhalb Jahren läuft in Mannheim der Konversionsprozess des insgesamt über fünf Millionen Quadratkilometer großen ehemaligen amerikanischen Militärgeländes in neue Wohn-, Gewerbe-, Sport- und Erholungsflächen. Die Auflösung der US-Militärbasis führt seit 2011 zu intensiver Bürgerbeteiligung. Auf zahlreichen Veranstaltungen, im Internet sowie per Post konnten Bürgerinnen und Bürger ihre Ideen und Vorschläge für die Konversion einbringen. Nun hat die Stadt das dritte Weißbuch zum Fortschritt des Umgestaltungsprozesses in der Kommune veröffentlicht und bietet damit Informationen für Interessierte auch über die Grenzen Mannheims hinaus. Die 72 Seiten starke Publikation berichtet in Plänen, Bildern, Zeitleisten und Protokollen über den aktuellen Stand der Konversion und Bürgerbeteiligung. Das Weißbuch kann kostenlos bei der Stadt Mannheim angefordert oder als PDF heruntergeladen werden.
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Ideenwettbewerb für Bürgerstiftungen
Die Bürgerstiftung Holzkirchen, die Stiftung KalkGestalten aus Köln sowie die Bürgerstiftung Bad Nauheim sind beim 4. Ideenwettbewerb für Bürgerstiftungen für ihre vorbildliche Arbeit ausgezeichnet worden. Die aktuelle Ausschreibung des von der Herbert-Quandt Stiftung und der Initiative Bürgerstiftungen getragenen Ideenwettbewerbs stand unter dem Jahresthema »Brücken bauen zwischen Kulturen« und war mit insgesamt 30.000 Euro dotiert. Die kulturelle Vielfalt ihrer oberbayerischen Marktgemeinde als »interkulturelle Modellregion« zu ergründen und ins Zentrum des öffentlichen Bewusstseins zu rücken, war das Anliegen der Bürgerstiftung Holzkirchen. Die sechzehntausend Einwohner der südlich von München gelegenen Kleinstadt stammen aus nicht weniger als 78 Nationen. Die Stiftung KalkGestalten aus Köln-Kalk hat gemeinsam mit dem örtlichen Integrationshaus die Idee entwickelt, Flüchtlinge und Zuwanderer über die Vermittlung von Ehrenämtern aktiv in die Gesellschaft einzubinden. Beide Projekte wurden mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Mit den nun vergebenen Preisgeldern soll den besten Projekten des Jahrgangs die Fortsetzung ermöglicht werden.
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Rechtsextremismus in sozialen Netzwerken
In sozialen Netzwerken wird immer wieder mit Vorurteilen und teils menschenverachtenden Kommentaren gegen Flüchtlinge, Asylsuchende und gegen Flüchtlingsunterkünfte Stimmung gemacht. Vor diesem Hintergrund hat sich die Internetseite »no-nazi.net« das Ziel gesetzt, die Hintergründe und Akteure solcher Hetzkampagnen aufzudecken. Ein begleitendes Dossier enthält Texte und Videos zum Thema und gibt Anregungen, wie auf rassistische Hetze in den sozialen Netzwerken reagiert werden kann. No-nazi.net ist ein Projekt der Amadeu-Antonio-Stiftung, die zivilgesellschaftliche Arbeit gegen Rechtsextremismus unterstützt. Weitere Themendossiers beschäftigen sich mit antimuslimischen Rassismus, Rechtpopulismus und Homophobie. Mit dem Projekt sollen vor allem Jugendliche gewonnen werden, die sich gegen rechtsextremes Gedankengut in ihren sozialen Netzwerken engagieren.
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Lokale Netzwerke von Migrantenorganisationen
Eine Initiativgruppe sechs verschiedener Dachverbände von Migrantenorganisationen bereitet die Gründung eines Bundesverbandes vor. Basis des »Bundesverbands von Netzwerken unabhängiger sozio-kultureller Migrantenorganisationen« (kurz: BV NeMo) sind lokale bzw. regionale Verbünde oder Netzwerke von zivilgesellschaftlichen Organisationen, die aktiv und praktisch im Feld der Durchsetzung diskriminierungsfreier, gleichberechtigter Teilhabe von Eingewanderten und der ihnen nachfolgenden Generationen gleich welchen Status’ in allen gesellschaftlichen Feldern arbeiten. In der Initiativgruppe arbeiten bereits Organisationen und Bündnisse aus Stuttgart, Hannover, Halle, Lübeck, Berlin und Dortmund zusammen, weitere Akteure aus dem Handlungsfeld sind zur Mitarbeit eingeladen.
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Erstes Demenzdorf in Deutschland
In Hameln ist Mitte März 2014 das bundesweit erste Demenzdorf eröffnet worden. Es stellt in unserer zusehends alternden Gesellschaft eine neue Form des Umgangs mit dementen Senior/innen dar. Eine wachsende Zahl von ihnen wird heute mit großem Einsatz in deutschen Pflegeheimen betreut. Das Konzept der neuen Wohnanlage möchte nun die stationäre Vollversorgung mit der maximalen Selbstbestimmung und Selbstorganisation der Dementen kombinieren. Essen zubereiten, Wäsche waschen, Gartenarbeit oder Einkaufen – all diese Tätigkeiten sollen die Demenzkranken weiterhin selbst ausführen und dadurch nicht nur geistig aktiv bleiben, sondern auch beständig ihre Sozialkontakte pflegen. Das Demenzdorf besteht aus vier eingeschossigen Häusern für bis zu 52 Bewohner/innen. In den Wohnküchen, im gemeinsamen Garten, im Café oder im dorfeigenen Supermarkt können die Senior/innen ihren Alltag in der Gruppe gestalten. Pflegekräfte und Alltagshelfer/innen unterstützen sie bei allem, was sie nicht allein tun können oder wollen. Die Wohnanlage soll darüber hinaus stets für Besucher/innen offen stehen. Die Julius Tönebön Stiftung hat sich bei der Umsetzung am weltweit ersten und weitaus größeren Demenzdorf Hogewey nahe Amsterdam orientiert.
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Im Fokus: Interkulturelle Kompetenz im Engagement
Zur Rolle von interkultureller Kompetenz im bürgerschaftlichen Engagement
Welche Rolle spielt interkulturelle Kompetenz im bürgerschaftlichen Engagement? Und was verbirgt sich hinter dem Begriff der interkulturellen Kompetenz überhaupt? Sabine Kern, Ethnologin und zertifizierte interkulturelle Trainerin, erläutert in ihrem Gastbeitrag entlang dieser Leitfragen, wie bürgerschaftliches Engagement ausgestaltet werden muss, um interkulturell wirksam zu sein. Sie ist überzeugt: Wenn bürgerschaftliches Engagement es schafft, Barrieren zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen abzubauen, können Beziehungskulturen aufgebaut und gesellschaftliche Ausgrenzung und Diskriminierung durch Teilhabe überwunden werden. Dort, wo nicht für Menschen mit Migrationshintergrund entschieden wird, sondern mit ihnen, wo also transparente und partizipative Prozesse stattfinden, die alle Beteiligten mit einbeziehen, wird die interkulturelle Kompetenz aller gefördert.
International engagiert, interkulturell kompetent?
Ob Workcamp oder Freiwilligendienst: Jugendliche engagieren sich international auf ganz unterschiedliche Weise und in verschiedenen Programmformaten. Doch welche Beziehung besteht zwischen dem freiwilligen internationalen Engagement von Jugendlichen und dem Erwerb interkultureller Kompetenz? Diese Frage steht im Mittelpunkt des Gastbeitrags von Ulrike Werner, IJAB-Referentin für die Qualifizierung und Weiterentwicklung der Internationalen Jugendarbeit. Auch wenn es inzwischen eine immer größere Zahl von Studien gibt, die den Erwerb interkultureller Kompetenz in internationalen Freiwilligendiensten belegen, benötigen die Jugendlichen insbesondere bei ihrer Rückkehr gezielter Unterstützung, um ihre Kompetenzen und Potentiale als zukünftige Multiplikatoren und Multiplikatorinnen auch nutzen können. Zugleich unterliegen die internationalen Freiwilligendienste einer unausgewogenen Teilnehmendenstruktur: Es stellt sich daher die Frage, was notwendig ist, damit die internationalen Projekte – und damit einhergehend deren Bildungswirkungen – nicht einer exklusiven Gruppe von Jugendlichen vorbehalten bleiben.
Die interkulturelle Öffnung der Jugendverbandsarbeit
Die interkulturelle Öffnung der Jugendverbandsarbeit folgt einer doppelten Strategie: Es geht zum einen um die Unterstützung der Interkulturellen Öffnung der etablierten Jugendverbände sowie der Jugendringe (nicht nur) auf der kommunalen Ebene und zum anderen um die Unterstützung des Strukturaufbaus und der Arbeit von Migrant/innenjugendselbstorganisationen. Beide Wege stehen gleichberechtigt nebeneinander und ergänzen sich gegenseitig. Ansgar Drücker, Geschäftsführer des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit (IDA), stellt in seinem Gastbeitrag beide Strategien vor und zeigt, warum die interkulturelle Öffnung trotz erster Erfolge auch weiterhin ein wichtiges Thema bleiben wird.
Interkulturelles Freiwilligen-Engagement am Beispiel der Freiwilligenagentur Halle-Saalkreis
Die Freiwilligen-Agentur Halle-Saalkreis e.V. ist seit über 15 Jahren ein lokaler und landesweiter Akteur bei der Förderung des freiwilligen Engagements. Für die Freiwilligen-Agentur ist daher die Beteiligung von Migranten/innen an freiwilligem Engagement ein wichtiger Aspekt und Indikator für ihre Teilhabe in und an der Zivilgesellschaft. Seit 2009 entwickelt und implementiert sie mit Migrantinnen und Migranten Freiwilligenprojekte sowie strukturfördernde Maßnahmen zur Stärkung von Engagement in Migrantennetzwerken und Migrantenorganisationen in der Stadt Halle und auf Landesebene. So wurde in einem Pilotvorhaben das bundesweit erste Partnerschaftsmodell zwischen Grundschulen und Migrantenselbstorganisationen initiiert. Mamad Mohamad, Projektleiter der Freiwilligenagentur, stellt in seinem Gastbeitrag deren interkulturellen Projekte vor und gibt Tipps, wie das Engagement von Migrant/innen gestärkt werden kann.
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Beteiligungsprozesse in der Verkehrsplanung
Projekte, die der umweltfreundlichen Mobilität dienen, lösen häufig Kontroversen aus. Der Aufbau eines nachhaltigen Stadtverkehrssystems benötigt deshalb über die gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren hinaus auch die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Beteiligungsprozesse sollen den Rückhalt von Verkehrsprojekten in der Bevölkerung verbessern und gleichzeitig das dort vorhandene Wissen in die Planung einbringen. Dabei soll die Einbeziehung der Öffentlichkeit in einer frühen Phase erfolgen. Der vorliegende Band des Deutschen Instituts für Urbanistik versammelt Beiträge und Ergebnisse einer gemeinsam mit dem Umweltbundesamt und dem Deutschen Städtetag durchgeführten Fachtagung. Er beleuchtet und diskutiert aktuelle Fragen zur Bügerbeteiligung in der Verkehrsplanung und stellt gute kommunale Praxisbeispiele, etwa aus Tübingen, Bremen oder Leipzig, vor.
Jürgen Gies / Martina Hertel (Hg.): Beteiligungsprozesse – Unterschätztes Potential in der Verkehrsplanung. Difu-Impulse, 1, 2014, 146 S., 18,00 Euro, ISBN 978-3-88118-528-8
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Publikation: Demokratie einfach machen
Die Demokratie steckt in einer Vertrauenskrise, weil die Parlamente gesellschaftliche Mehrheiten nicht mehr abbilden: so der Mitbegründer von abgeordnetenwatch.de, Gregor Hackmack. In den letzten zehn Jahren initiierte er mit seinen Mitstreitern in Hamburg vier Volksentscheide und zwei Verfassungsänderungen. Im vorliegenden Buch erzählt der Autor entlang dieser Erfahrungen eine direktdemokratische Erfolgsgeschichte. Mit vielen Beispielen zeigt er, wie die Bürger/innen durch Transparenzgesetze, bundesweite Volksentscheide und ein personalisiertes Wahlrecht die Kontrolle über politische Entscheidungsprozesse zurückgewinnen können.
Gregor Hackmack: Demokratie einfach machen. Ein Update für unsere Politik. Hamburg 2014, 160 S., 14,00 Euro, ISBN 978-3-89684-158-2
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Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im <link aktuelles termine-und-veranstaltungen _blank>Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
• 2.-4.6.2014 in Eisenach: Recht auf Stadt! - Hin zu einer solidarischen Stadtentwicklungaktuelles/termine-und-veranstaltungen/106086/va/11098/
Die Werkstatt für Gemeinweisenarbeit von Stiftung Mitarbeit, der Bundesakademie für Kirche und Diakonie gGmbH (BAKD) und der BAG Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit.
• 5.-6.6.2014 in Berlin: Unternehmen Engagement – Freiwilligenarbeit für und von Menschen mit Behinderung
Eine bundesweite Tagung der Bundesvereinigung Lebenshilfe e.v. in Kooperation mit der Akademie für Ehrenamtlichkeit, Lebenshilfe Berlin und NRW