eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 01/2017 (18.01.2017)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Reform des Gemeinnützigkeitsrechts
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
BBE: Engagementpolitische Empfehlungen
Das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) hat engagementpolitische Empfehlungen zur Bundestagswahl 2017 erarbeitet. Mit dem Papier benennt das BBE gegenüber den politischen Parteien die aus seiner Sicht wichtigsten Herausforderungen im Themenfeld auf Bundesebene: die Verbindung von Engagement- und Demokratiepolitik, die Stärkung von Teilhabe und Integration aller Menschen gleich welcher Herkunft sowie die Sicherung verlässlicher Infrastrukturen zur Engagementförderung. Darüberhinaus wird die Umsetzung der von den Vereinten Nationen 2016 in Kraft gesetzten Sustainable Development Goals (SDGs) und die Rolle der Zivilgesellschaft in der nachhaltigen Entwicklung in den Blick genommen.
Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement: Gemeinwesenarbeit
In der 28. Sitzung des Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement des Deutschen Bundestages am 30. November 2016 stand das Thema Gemeinwesenarbeit im Mittelpunkt. Im Rahmen der Sitzung stellten verschiedene Sachverständige den Ansatz der Gemeinwesenarbeit vor, also das Empowerment von Bewohnerinnen und Bewohnern in einem Stadtteil oder einem Quartier. Durch Gemeinwesenarbeit werden Menschen ermutigt, ihre Belange durch eigene Aktivitäten konkret und gemeinsam anzupacken. Damit werden Menschen aktiv, die in vielen anderen Feldern des bürgerschaftlichen Engagements kaum zu finden sind oder dazu keinen Zugang haben. Die geladenen Sachverständigen machten zudem deutlich, wie Gemeinwesenarbeit durch eine aufgeschlossene Haltung von Politik und Verwaltung strukturell gefördert werden kann. Die Vorträge der Sachverständigen wie auch die Diskussion mit den Politiker/innen des Unterausschusses liegen jetzt als Protokoll vor.
Engagement in der Geriatrie: Leitfaden erschienen
In einer älter werdenden Gesellschaft spielt die angemessene medizinische Betreuung älterer Menschen eine wichtige Rolle. Neben der rein medizinischen Betreuung ist für die Genesung auch eine persönliche und empathische Betreuung von großer Bedeutung. Aufgrund gering bemessener Personalressourcen und knapper Zeitbudgets sind die Möglichkeiten für eine persönliche Zuwendung in Krankenhäusern sehr begrenzt. An diesem Problem setzten ehrenamtliche Besuchsdienste an, die in einer Vielzahl an Krankenhäusern durchgeführt werden und den Patient/innen so eine persönliche Betreuung ermöglichen. Mit dem »Leitfaden zum Aufbau und zur Weiterentwicklung ehrenamtlicher Besuchsdienste in der Geriatrie« stehen nun Hilfestellungen und Tipps für den Aufbau neuer ehrenamtlicher Besuchsdienste und deren Verbesserung bereit. Der Leitfaden basiert auf den Ergebnissen eines Pilotversuchs und kann kostenlos heruntergeladen werden.
Mehrgenerationenhäuser: Neues Bundesprogramm
Unter dem Motto »Wir leben Zukunft vor« ist Anfang Januar 2017 die dritte Auflage des Bundesprogramms Mehrgenerationenhaus gestartet. Bundesweit wurden 550 Einrichtungen ausgewählt, die nun über vier Jahre gefördert werden. Die Konzentration auf den Schwerpunkt »Gestaltung des demografischen Wandels« soll die Kommunen bei der Koordinierung der Maßnahmen zur Gestaltung des demografischen Wandels und aktueller Herausforderungen wie zum Beispiel der Flüchtlingsintegration stärken. Dies soll durch eine engere kommunale Anbindung der Mehrgenerationenhäuser erreicht werden, welche damit nach dem Wunsch des Bundesfamilienministeriums noch passgenauer und flexibler auf die Bedarfe vor Ort reagieren können. Ziel ist es, die Mehrgenerationenhäuser als generationenübergreifende Begegnungsstätten zum unverzichtbaren Bestandteil des kommunalen Angebotes zu entwickeln.
Preis Politische Bildung 2017
Der Bundesausschuss Politische Bildung (bap) vergibt 2017 in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren und Jugend und der Bundeszentrale für politische Bildung zum fünften Mal den »Preis Politische Bildung«. Der Preis wird seit 2009 alle zwei Jahre an Projekte vergeben, die die demokratisch-politische Kultur in nachhaltiger Weise stützen und entwickeln helfen und für das Gemeinwesen wichtige neue Themen in die Arena der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung einbringen. Die diesjährige Ausschreibung steht unter dem Motto »Klartext für Demokratie! – Offen und respektvoll, kompromissfähig und solidarisch denken und handeln!«. Bewerben können sich Projekte und Initiativen, die sich in den Jahren 2015 und 2016 im Sinne der Ausschreibung engagiert haben. Bewerbungen sind online bis zum 01. März 2017 möglich.
Dossier: 50 Jahre UN-Zivilpakt/UN-Sozialpakt
Am 16. Dezember 2016 wurden der UN-Zivilpakt und der UN-Sozialpakt, die beiden zentralen UN-Menschenrechtspakte, 50 Jahre alt. Das Institut für Menschenrechte hat diesen Jahrestag zum Anlass genommen, um im Rahmen einer Konferenz über die Bedeutung der beiden Pakte für das Verständnis von Menschen- und Grundrechten in Deutschland nachzudenken sowie aktuelle menschenrechtliche Herausforderungen in den Blick zu nehmen. In der Folge hat das Institut ein Dossier erarbeitet, das neben zahlreihe hilfreichen Informationen zu den beiden Menschenrechtspakten, auch Reden und Interviews mit Menschenrechtsaktivisten/innen enthält.
Im Fokus: Reform des Gemeinnützigkeitsrechts
Welchen Rechtsrahmen braucht die Zivilgesellschaft?
Trotz kleiner Veränderungen in den letzten Jahren: die maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen des deutschen Vereins-, Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrechts sind teilweise über einhundert Jahre alt. Während beispielsweise in Großbritannien oder in vielen Ländern Mittel- und Osteuropas nach 1990 das gesetzliche Regelwerk modernisiert wurde, ist in Deutschland von einem Aufbruch in die Moderne eines neuen Zivilgesellschaftsrechts wenig zu spüren. Stattdessen verharrt die Bundesrepublik nach Ansicht von Dr. Rupert Graf Strachwitz, Direktor des Maecenata Instituts für Philanthropie und Zivilgesellschaft, »im Zustand eines paternalistischen Überwachungsstaates«, in dem sich Parlament, Regierung und Verwaltung einer grundlegenden Reform »konsequent verweigern« – trotz aller Bekenntnisse zur Förderung bürgerschaftlichen Engagements. Doch welchen Rechtsrahmen braucht die Zivilgesellschaft? Der Autor plädiert in seinem Gastbeitrag für einen Rechtsrahmen, welcher der Zivilgesellschaft in einer auf Freiheit, Demokratie, Herrschaft des Rechts, Menschen- und Bürgerrechten und kulturellen Traditionen aufbauenden offenen Gesellschaft des 21. Jahrhundert, einen angemessenen Freiraum und rechtliche Sicherheit bietet.
Politisch engagiert außerhalb von Parteien
Was ist politisches Handeln? Ab wann ist bürgerschaftliches Engagement politisch? Und ist politisches Handeln in Vereinen und Initiativen der Zivilgesellschaft nun gemeinnützig oder nicht? Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz »Rechtssicherheit für politische Willensbildung«, diskutiert in seinem Gastbeitrag die Bedeutung des Politischen im Kontext des geltenden Gemeinnützigkeitsrechts. Für ihn ist klar: statt willkürlich anmutenden und im Einzelfall höchst umstrittenen Entscheidungen von Finanzämtern, die auf der Basis der geltenden Abgabenordnung der einen Organisation die Gemeinnützigkeit zu-, und anderen Initiativen die Gemeinnützigkeit absprechen, braucht es eine konstruktive Debatte darüber, welche Bedeutung politisches Engagement außerhalb von Parteien für die Gesellschaft, das Gemeinwohl und die Regeln des Gemeinnützigkeitsrechts hat.
Reform des Gemeinnützigkeitsrechts: Debatte im Bundestag
Der Deutsche Bundestag hat Mitte Dezember 2016 über die Fortentwicklung des Gemeinnützigkeitsrechts debattiert. Das Protokoll der Sitzung mit den Redebeiträgen aller Fraktionen steht hier (PDF) zur Verfügung. Anknüpfend an die Parlamentsdebatte stellen im Folgenden Ulla Jelpke, MdB (Die Linke), Lisa Paus, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) sowie Svenja Stadler, MdB (SPD) die Positionen ihrer Fraktionen dar.
Gemeinnützigkeit: Erfolg vor Gericht
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac ist gemeinnützig. Das hat das Hessische Finanzgericht im November 2016 entschieden. Die Richter gaben damit der Klage der NGO gegen das Finanzamt Frankfurt statt. Dieses hatte dem Netzwerk im April 2014 die Gemeinnützigkeit mit der Begründung entzogen, es sei mit seiner Arbeit zu politisch. Eine Revision ließen die Richter nicht zu; gleichwohl kann gegen die Entscheidung eine sog. Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingereicht werden. Die Entscheidung des Gerichts hat zu zahlreichen Stellungnahmen aus Politik, Zivilgesellschaft und Medien geführt. Eine Übersicht von ausgewählten Reaktionen hat die Allianz »Rechtssicherheit für politische Willensbildung« im Netz veröffentlicht. Auf der Seite der Allianz, eines Zusammenschlusses von zurzeit etwa 80 zivilgesellschaftlichen Vereinen und Stiftungen, finden sich zudem weitere hilfreiche Texte und Materialien zum Thema.
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Finanzierung zivilgesellschaftlicher Projekte
Selbstorganisierte Finanzierungsformen, die eine Finanzierung über Banken ergänzen oder ersetzen können, sind ein wichtiger Baustein für Initiativen und Projekte. Hierbei ist stets eine gute Information aller Beteiligten über Chancen und Risiken des Geldeinsatzes notwendig. Finanzinstitute unterliegen zu diesem Zweck strengen Regeln und der Bankenaufsicht. In den letzten Jahren waren die rechtlichen Rahmensetzungen auf dem Gebiet des Kapitalmarktrechtes in Deutschland einer stetigen Veränderung ausgesetzt. Zunehmend werden die Regelungen hierbei komplexer und es wird unübersichtlicher, welche Handlungen im Umgang mit Geldern bereits als Bankgeschäft zu werten sind und damit der öffentlichen Kontrolle unterliegen. Die Broschüre leitet über eine praktische Anleitung zur Erarbeitung einer Finanzierung in das Thema ein. Hauptteil ist jedoch die Auseinandersetzung mit den betroffenen Gesetzen. Was regeln die Gesetze? Welches ist anzuwenden? Gibt es Ausnahmetatbestände und Grenzziehungen?
Stiftung trias (Hrsg): Die Finanzierung zivilgesellschaftlicher Projekte – Unerlaubte Bankgeschäfte.
Hattingen 2016, 60 S., 19,00 Euro
Information und Bestellung
Publikation: Arbeit im Verein
Eine lebendige Demokratie und eine starke Zivilgesellschaft sind auf das bürgerschaftliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Das freiwillige Engagement im Verein ist dabei weiterhin der Regelfall. Doch wie gründe ich einen Verein? Wie formuliere ich eine Satzung? Und welche rechtlichen und organisatorischen Herausforderungen gilt es im Spannungsfeld von Gemeinnützigkeit und Abgabenordnung zu beachten? Eine neue Publikation der Stiftung Mitarbeit gibt zahlreiche alltagstaugliche Tipps zur freiwilligen Arbeit im Verein und zeigt, was Vereine als Ausdruck gelebter gesellschaftlicher Selbstorganisation und Solidarität mit Demokratie zu tun haben.
Christoph Hüttig: Arbeit im Verein. Vereinsgründung, Rechtsgrundlagen und Leitprinzipien demokratischer Vereinsführung. Bonn 2016, 120 S., 12,00 Euro, ISBN 978-3-941143-32-6
Information und Bestellung
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
3.-4.3.2017 in Dortmund: Auf Augenhöhe? Gemeinsam mit Geflüchteten vor Ort etwas bewegen.
Workshop der Stiftung Mitarbeit
13.-17.3.2017 in Würzburg: Nachhaltige Lebensweise – Die Suche nach dem glücklichen Leben und einer gerechten Ressourcenverteilung
Seminar der Akademie Frankenwarte