eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 8/2015 (06.05.2015)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Aktuelle Studien
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Kampagne: Startschuss für Stadtradeln
Beim 'Stadtradeln' sind Mitglieder der Kommunalparlamente und Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, im Zeitraum vom 1. Mai bis zum 30. September drei Wochen am Stück um die Wette zu radeln und so Kilometer für den Klimaschutz sowie für eine verstärkte Radverkehrsförderung ihrer Heimatkommune zu sammeln. Gesucht werden Deutschlands fahrradaktivstes Kommunalparlament und Kommunen sowie die fleißigsten Teams und Radler/innen in den Kommunen selbst. Bisher beteiligen sich bundesweit schon 280 Kommunen an der Kampagne. Ziel der Kampagne ist es, Bürger/innen zur Benutzung des Fahrrads im Alltag zu sensibilisieren und die Themen Fahrradnutzung und Radverkehrsplanung verstärkt in die kommunalen Parlamente einzubringen. Veranstaltet wird die Kampagne vom Klima-Bündnis, einem Netzwerk von Städten, Gemeinden und Landkreise zum Schutz des Weltklimas, dem über 1.700 Mitglieder in 25 Ländern Europas angehören.
Kooperation gegen Lebensmittelverschwendung
Über elf Millionen Tonnen Lebensmittel werden jährlich allein in Deutschland weggeworfen. Um dieser Verschwendung entgegen zu wirken sammeln die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der bundesweit mehr als 900 Tafeln seit vielen Jahren im großen Maßstab überschüssige Lebensmittel ein und geben diese an Bedürftige weiter. Für kleinere Mengen ist der logistische Aufwand jedoch oft zu hoch. Der Ansatz der Internetplattform foodsharing.de ist genau umgekehrt. Auch hier geht es vorrangig um die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung. Zielgruppe sind allerdings Privatpersonen, die ihre überschüssigen, aber noch verzehrfähigen Lebensmittel anderen zur Verfügung stellen wollen. Vor diesem Hintergrund haben nun der Bundesverband Deutsche Tafeln und die Betreiber von foodsharing.de eine umfassende Kooperation angekündigt, um sich künftig gegenseitig zu unterstützen und zu ergänzen. So können beispielsweise in Zukunft kleinere Mengen an Lebensmitteln, die sich für die Tafeln nicht lohnen, in den foodsharing-Kreislauf aufgenommen werden, zugleich kann foodsharing.de jetzt Angebote von großen Mengen an die Tafeln weiterleiten.
Kurzdossier: Integration in der postmigrantischen Gesellschaft
Wie wollen und können wir in einer Gesellschaft zusammenleben, die durch Vielfalt geprägt wird? Mit dieser Frage beschäftigt sich ein Kurzdossier, dass die Bundeszentrale für politische Bildung auf ihrer Website veröffentlicht hat. Darin wird der Wandel Deutschlands hin zu einer postmigrantischen Gesellschaft untersucht: Sowohl die Statistiken als auch kulturelle Veränderungen machen deutlich, dass die Bundesrepublik zu einem Einwanderungsland geworden ist. Zugehörigkeiten, nationale Identitäten, Partizipation und Chancengerechtigkeit werden vor dem Hintergrund zunehmender Diversität neu justiert. »Postmigrantisch« bedeutet dabei nicht das Ende der Migration, sondern beschreibt gesellschaftliche Aushandlungsprozesse, die zeitlich in der Phase nach der Migration erfolgen sollten. Ein gesellschaftliches Leitbild nach kanadischem oder US-amerikanischem Vorbild gibt es in Deutschland bisher nicht. Auch der etablierte Integrationsbegriff wird meist einseitig ausgelegt und bezieht sich auf die Anpassungsleistung von Migrantinnen und Migranten sowie deren Nachkommen. Nötig sei jedoch ein Paradigmenwechsel, um diesen Integrationsbegriff gesamtgesellschaftlich auszurichten. Strukturelle Barrieren und Bevölkerungsgruppen, die desintegrierend wirken, müssten in die Integrationspolitik miteinbezogen werden. Anstatt fehlende Integration als persönliches oder kulturelles Problem der Migranten zu definieren, könnte die wachsende Heterogenität so besser in der gesamten Gesellschaft verankert werden.
Initialkapital für eine chancengerechte Stadtteilentwicklung
Die »Montag Stiftung Urbane Räume« sucht für ihr Stiftungsprogramm 'Initialkapital für eine chancengerechte Stadtteilentwicklung' bundesweit einen benachteiligten Stadtteil mit besonderen ökonomischen und sozialen Herausforderungen und geeigneten Immobilien vor Ort. Ob alte Fabrikhallen, leer stehende Bunker, stillgelegte Schwimmbäder, Gewerbeflächen oder ungenutzte Grundstücke: Ziel ist es, die Immobilien so zu entwickeln, dass die Menschen und die Gemeinschaft im Stadtteil davon langfristig profitieren. Bewerben können sich Kommunen mit mindestens 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, in der die Stadtverwaltung zusammen mit einer bürgerschaftlichen Initiative, vielleicht auch mit der lokalen Wirtschaft, eine Idee für die Entwicklung eines Quartiers hat und diese gemeinsam mit der Stiftung umsetzen will. Die Initiative kann auch von der Zivilgesellschaft oder der Wirtschaft in Kooperation mit der Kommune ausgehen. Ideenskizzen können bis zum 15. Juni 2015 eingereicht werden. Das Projekt startet im Herbst 2015.
Theodor Heuss Preis 2015
Die Preisträger stehen fest: Den 50. Theodor Heuss Preis erhält in diesem Jahr der Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg. Die dem Preis ebenbürtigen Theodor Heuss Medaillen gehen 2015 an die ungarische NGO Átlátszó.hu für ihren Beitrag zu Weiterentwicklung der Bürgergesellschaft und Demokratie in dem südosteuropäischen Land sowie an das Center for European Trainees (CET) in Baden-Württemberg für seine Initiative, durch internationale Netzwerke und den lokalen Aufbau von Strukturen Wege aus der Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa zu schaffen. Eine weitere Medaille geht unter anderen an die Bürgermeisterin der italienischen Insel Lampedusa, die sich beispielgebend für eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik in Europa einsetzt. Die diesjährige Ausschreibung steht unter dem Motto »Europa: Zukunft einer Hoffnung«. Die Preise werden Mitte Mai 2015 in Stuttgart vergeben.
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Im Fokus: Aktuelle Studien
Freiwilliges Engagement in Stiftungen
Für viele Stiftungen in Deutschland gehört die Förderung von bürgerschaftlichem Engagement zum Kern ihrer Arbeit. Zugleich basiert auch die Arbeit vieler Stiftungen selbst auf bürgerschaftlichem Engagement und der Arbeit mit Freiwilligen. Eine im März diesen Jahres erschienene Studie des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen hat nun das freiwillige Engagement in Stiftungen untersucht. Gibt es spezifische Vorgehensweisen, wie Stiftungen Freiwillige gewinnen? Wie formalisiert erfolgt die Zusammenarbeit? Und welche Bedeutung hat das Thema Anerkennung für Stiftungen? Sandra Hagedorn, wissenschaftliche Referentin im Kompetenzzentrum Stiftungsforschung des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, stellt in ihrem Gastbeitrag die Ergebnisse der Studie vor.

Politische Partizipation Jugendlicher im Web 2.0 aus Sicht der Jugendforschung
In der Debatte um politische Partizipation und Beteiligung von Heranwachsenden sind die Erwartungen an das »Mitmachmedium« Internet hoch. Beflügelt durch die webbasierten sozialen Medien ist in den letzten Jahren ein »Ermöglichungsraum« entstanden, der gerade für Jugendliche Chancen gesellschaftlicher und politischer Partizipation bietet; ob diese Möglichkeiten von Heranwachsenden aber auch genutzt werden, bleibt fraglich. Mirja Lange und Erich Sass, beide wissenschaftliche Mitarbeiter im Forschungsverbund Deutsches Jugendinistitut und der TU Dortmund, beleuchten in ihrem Gastbeitrag die politische Partizipation Jugendlicher im Netz aus Sicht der Jugendforschung. Sie stellen ausgewählte Befunde ihrer Studie vor und zeigen Perspektiven für die zukünftige Forschung auf.

Junge Deutsche: Die Generation Y als Schlüsselgeneration des gesellschaftlichen Wandels
Das Projekt »Junge Deutsche« ist ein Jugendforschungs- und Beteiligungsprojekt über die Lebenswelten der 14-34-Jährigen in Deutschland, der sog. Generation Y. Angelegt als Format der partizipativen Aktionsforschung präsentiert das Projekt in einer aktuellen Studie Einsichten, Hintergründe und Auswirkungen dieser Generation zu Themen wie Internet, Arbeitswelt, Politik oder Stadtentwicklung. Simon Schnetzer, Initiator des Projekts und Gründer des Instituts Datajockey, erläutert in seinem Gastbeitrag, welche Rolle Engagement und Beteiligung im Selbstverständnis der Generation Y spielen und wieso sie als »Schlüsselgeneration des gesellschaftlichen Wandels« gelten kann.

Koproduktion in Deutschland: Die Einbeziehung der Bürger/innen in kommunale Leistungen
Wie arbeiten Kommunalverwaltungen, gemeinnützige Organisationen und Bürgerinnen und Bürger vor Ort zusammen? Und inwieweit werden Engagierte, Adressaten und ihre Angehörigen in die Entscheidung, Planung und Umsetzung kommunaler Leistungen eingebunden? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt einer aktuellen, gemeinsamen Studie der Bertelsmann Stiftung und Governance International. Alexander Koop, Projektmanager bei der Bertelsmann Stiftung und Leiter des Projekts 'Synergien vor Ort', und seine Kollegin Elisabeth Pfaff fassen in ihrem Gastbeitrag die wichtigsten Ergebnisse der Studie zusammen. Für sie ist klar: trotz vieler gelungener Beispiele kann von einer systematischen Koproduktion und Zusammenarbeit noch keine Rede sein.

Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Fördermittelführer für gemeinnützige Projekte
In der dritten, erweiterten und aktualisierten Ausgabe werden ausgewählte Finanzierungsmöglichkeiten für Non-Profit-Organisationen aus den Bereichen Bildung, Soziales, Umwelt, Kultur, bürgerschaftliches Engagement, Entwicklungspartnerschaften und internationale Zusammenarbeit präsentiert. Insgesamt 350 Förderausschreibungen mit überregionaler und bundesweiter Ausrichtung werden detailliert in Steckbriefform mit Informationen zu den Institutionen, Förderprogrammen und Rahmenbedingungen die für eine Förderung einzuhalten sind, vorgestellt. Die Fördermöglichkeiten umfassen unter anderem Förderstiftungen, Förderprogramme der Bundesministerien, Bundesprogramme des Europäischen Sozialfonds und Europäische Aktionsprogramme.
Thorsten Schmotz (Hg.): Fördermittelführer für gemeinnützige Projekte und Organisationen. Förderlotse Verlag, 2015, 304 S., 68,00 Euro, ISBN 978-3-9814394-9-6
Publikation: 'Reichsbürger' in Deutschland
Seit einigen Jahren treten selbsternannte »Reichsbürgerinnen und -bürger« in der Kommunalpolitik, aber auch mit Drohbriefen und gewaltsamen Übergriffen verstärkt in die Öffentlichkeit. Sie propagieren die Fortexistenz eines Deutschen Reichs und stützen ihre Gedankenwelt auf antisemitische und geschichtsrevisionistische Elemente. Wie ist die Reichsideologie überhaupt entstanden? Was sind ihre grundsätzlichen Elemente? Und was kann gegen die Verbreitung ihrer rechtsextremen Gedanken getan werden? Eine neue Publikation der Amadeu Antonio Stiftung klärt über die Hintergründe auf und zeigt Gegenstrategien.
Rathje, Jan: »Wir sind wieder da« – die »Reichsbürger«: Überzeugungen, Gefahren und Handlungsstrategien. Berlin 2014, 32 S., ISBN 978-3-940878-17-5
Informationen und Download
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
•18.-19.6.2015 in Berlin: Social Summit 2015 – Gesellschaftliche Fragen neu denken. Auf ins Neue! Veränderung wagen. Wandel gestalten.
Eine Veranstaltung von neues handeln GmbH
• 24.-26.7.2015 in Basel: Emanzipation und Stadtentwicklung - Eine programmatische und methodische Herausforderung
Internationale Tagung der Hochschule für Soziale Arbeit Nordwestschweiz