eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 2/2019 (13.2.2019)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Zivilgesellschaft und nachhaltige Entwicklung
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Muslimische Zivilgesellschaft in Deutschland
Jenseits der großen Islamverbände ist in den letzten Jahren eine große Zahl von Vereinen und Institutionen entstanden, die sich unterschiedlichen gesellschaftlichen Aufgaben widmen. Diese Initiativen bieten selbst keine religiösen Angebote an und verstehen sich als Ergänzung zu anderen Vereinen und den Moscheegemeinden. Das Themenspektrum reicht von gesellschaftlichem Dialog über politische Bildungsarbeit und Demokratieförderung, Umweltschutz, Wohlfahrt und soziale Arbeit bis hin zu Kunst und Jugendkultur. Der Mediendienst Integration hat eine aktuelle Liste mit Informationen zu diesen Initiativen erstellt. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, bietet aber einen fundierten Einblick in die gewachsene Vielfalt der muslimischen Zivilgesellschaft in Deutschland.
Die Liste im Wortlaut (PDF)
Broschüre: Antifeminismus als Demokratiegefährdung
Gleichstellungsarbeit rückt neben der Migrationspolitik vermehrt in den Fokus extrem rechter Kräfte. Sie lehnen Gleichstellung ab, streben ein stereotypes Bild vom Mann- und Frausein an und vereinnahmen gesamtgesellschaftliche Herausforderungen, wie z.B. Gewalt gegen Frauen, wenn sie damit gegen »Andere« hetzen können. Im Auftrag der Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG) hat die Amadeu Antonio Stiftung eine aktuelle Handreichung zum Thema erarbeitet. Unter dem Titel »Antifeminismus als Demokratiegefährdung?! Gleichstellung in Zeiten von Rechtspopulismus« werden darin Strategien extrem rechter und antifeministischer Akteur/innen erläutert und Handlungsempfehlungen vorgestellt, um sich gegen Angriffe auf die Gleichstellungsarbeit wehren zu können. Die gesamte Broschüre wie auch die Handlungsempfehlungen stehen online zum Download bereit.
Thüringen: Landtag beschließt »legislativen Fußabdruck«
Der Thüringer Landtag hat Ende Januar 2019 als erstes Parlament in Deutschland einen legislativen Fußabdruck beschlossen, also die Offenlegung von Einflussnahmen von Interessenvertreter/innen auf die Gesetzgebung. Im Zuge des sog. »Beteiligtentransparenzdokumentationsgesetz« soll für die Öffentlichkeit nachvollziehbar werden, welche Personen und Organisationen im Hintergrund an der Erarbeitung von konkreten Gesetzen beteiligt waren. Allerdings müssen Lobbyisten der Veröffentlichung der Eingaben und ihrer Daten zustimmen. Liegt keine Zustimmung vor, werden zwar verpflichtende Mindestinformationen über die Lobbyisten veröffentlicht, jedoch nicht deren Beiträge. Die Organisation Transparency Deutschland kritisiert dies in einer Stellungnahme, weil dadurch die Aussagekraft des Gesetzes geschmälert würde; gleichwohl sei das Thüringer Gesetz ein wichtiges Signal für Bundesregierung und andere Bundesländer.
Das Plenarprotokoll im Wortlaut (PDF)
Lobbyregister: EU-Parlament stimmt für mehr Transparenz
Das Europaparlament hat sich für strengere Lobbyregeln entschieden. Mit vier Stimmen mehr als nötig votierten die Abgeordneten dafür, dass Volksvertreter/innen in Schlüsselpositionen zukünftig verpflichtet werden, ihre Lobbytreffen offenzulegen. Dadurch soll nach dem Willen des Europaparlaments transparenter werden, wer an welcher Stelle im Parlament Einfluss auf demokratische Entscheidungsprozesse genommen hat. Alle anderen Abgeordneten werden aufgefordert, freiwillig ihre Lobbytreffen zu veröffentlichen. Außerdem dürfen sie sich künftig nur mit Lobbyisten treffen, wenn diese im Transparenzregister der Europäischen Union eingetragen sind. Der Beschluss des Parlaments öffnet den Weg zu einem einheitlichen Lobbyregister für alle EU-Institutionen. Die Entscheidung des EU-Parlaments ist auch ein Erfolg der Zivilgesellschaft, so haben sich etwa 100.000 Menschen an Petitionen und Aktionen mehrerer Nichtregierungsorganisationen beteiligt.
bagfa: Fortbildungsreihe zur Arbeit in Freiwilligenagenturen
Die Tätigkeitsfelder in Freiwilligenagenturen sind so vielfältig wie kaum in einer anderen Organisation zur Engagementförderung. Das macht die Arbeit spannend und bietet reichlich Stoff für den kollegialen Austausch. Gleichzeitig sind die Mitarbeiter/innen in besonderer Weise gefordert. Die Fortbildungsreihe »Erfolgreich arbeiten in Freiwilligenagenturen« umfasst acht Module, die von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (bagfa) e.V. gemeinsam mit Expert/innen aus Freiwilligenagenturen entwickelt wurden und nun bereits im vierten Jahr stattfinden. Die Basis- oder Aufbaumodule können einzeln belegt werden, der Erwerb eines Zertifikats ist möglich. Ob neue oder erfahrene Mitarbeiter/innen, ob haupt- oder ehrenamtlich tätig: Das modulare Fortbildungsprogramm richtet sich an alle Personen, die in Freiwilligenagenturen arbeiten.
START-Stiftung: Stipendien 2019
Die START-Stiftung vergibt in diesem Jahr erneut Stipendien an Jugendliche mit Migrationserfahrung. Das Förderprogramm begleitet die Jugendlichen drei Jahre in ihrer persönlichen Entwicklung und bestärkt sie darin, Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Zugleich werden die Jugendlichen zur Übernahme gesellschaftlichen Engagements ermutigt. Angesichts zunehmender populistischer und antidemokratischer Kräfte stellt das Bildungs- und Engagementprogramm die Stärkung demokratischer Werte deutlich in den Vordergrund. Die START-Stiftung ist eine Initative der gemeinnützigen Hertie-Stiftung und arbeitet mit vielen Koopartionspartnern wie Stiftungen und Kommunen zusammen. Bewerbungen sind noch bis zum 15. März 2019 möglich.
Im Fokus: Zivilgesellschaft und nachhaltige Entwicklung
Geteilte Pflichten – Geteilte Rechte? Warum die Umsetzung von Nachhaltigkeit allen voran eine staatliche Aufgabe ist
Im September 2015 haben die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen die sog. 2030-Agenda verabschiedet. Sie umfasst unter anderem 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals). Die SDGs formulieren Maßnahmen und Ziele zu Themen wie Armut, nachhaltigem Wirtschaften und zur Eindämmung des Klimawandels. Doch während sich die Zivilgesellschaft weltweit auf den Weg zu mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit macht und unzählige Projekte und Initiativen von unten angeschoben hat, fällt die Bilanz der Politik eher bescheiden aus; dabei ist sie doch hauptverantwortlich für den im Rahmen der SDGs geforderten gesellschaftlichen Wandel, meint Marie-Luise Abshagen, Referentin beim Forum für Umwelt und Entwicklung, in ihrem Gastbeitrag. Für sie ist klar: die Welt lässt sich nicht ausschließlich mit nachhaltigem Konsum und freiwilligem Engagement der Zivilgesellschaft retten, sondern nur mit einer staatlichen Politik, die Nachhaltigkeit fördert und konsequent umsetzt.

»Wir gestalten Münster enkeltauglich«: Die Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Münster
Die Stadt Münster ist mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2019 ausgezeichnet worden. Damit würdigt die Jury das langjährige gemeinsame Engagement von Stadt, Zivilgesellschaft und Wirtschaft für mehr kommunalen Klimaschutz und den verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Jutta Höper, Leiterin der Fachstelle Nachhaltigkeit bei der Stadt Münster, stellt in ihrem Gastbeitrag die beteiligungsorientierte Nachhaltigkeitsstrategie, die Klimaschutzaktivitäten sowie die damit verbundenen Handlungsfelder der Stadt Münster vor – von Armutsprävention über Divestment bis zur zukünftigen sozialgerechten Bodennutzung.

Von Moskitos und Nashörnern: Jugendliches Engagement für Klimagerechtigkeit
Seit einiger Zeit protestieren junge Menschen jeden Freitag unter dem Motto »Fridays for Future« für mehr weltweiten Klimaschutz. Louis Motaal ist Mitorganisator der Klimastreiks in Deutschland und seit sechs Jahren Botschafter für Klimagerechtigkeit bei der Kinder- und Jugendinitiative Plant-for-the-Planet. In seinem Gastbeitrag stellt er die Ziele der gleichnamigen Kampagne vor.

Bündnis: Alle Dörfer bleiben
Alle Dörfer bleiben: So nennt sich ein neues, deutschlandweites Bündnis, in dem sich Betroffene aus den Braunkohle-Revieren im Rheinland, der Lausitz und dem Leipziger Land zusammengeschlossen haben. Gemeinsam mit der Klimagerechtigkeitsbewegung engagieren sie sich gegen Zwangsumsiedlungen und Klimawandel. Das Bündnis wendet sich gegen die im Rahmen des Braunkohletagebaus vorgesehenen Aufgabe und Zerstörung von Dörfern. Dazu unterstützen sich die Betroffenen und Aktiven bei ihren Aktionen und Protesten. Das Bündnis fordert die Landesregierungen der Kohlereviere auf, ein Moratorium für alle Zwangsumsiedlungen und unerwünschte Vorbereitungsmaßnahmen zu verhängen. Als gemeinsame Aktion ist für März 2019 ein Sternmarsch im Rheinland geplant.
Zivilgesellschaftliche Initiativen und Vorschläge für nachhaltige Politik
Mit der Agenda 2030 und den Zielen für nachhaltige Entwicklung haben die Regierungen der Welt den Rahmen für die globale Nachhaltigkeitspolitik der kommenden Jahre gesteckt. Die Agenda und ihre Ziele haben das Potential, auch die deutsche Politik auf Bundes- und Länderebene zu prägen. Sie betonen die Notwendigkeit für Veränderungen im eigenen Land und gleichzeitig die internationale Verantwortung Deutschlands. Das betrifft sowohl die Entwicklungszusammenarbeit als auch die externen Effekte deutscher Politik und Wirtschaftsweise. Ein aktueller Report verschiedener Nichtregierungsorganisationen richtet nun die Aufmerksamkeit darauf, was trotz mangelhafter politischer Rahmenbedingungen an Ansätzen zur Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen in Deutschland oder anderswo bereits realisiert werden konnte. Zivilgesellschaftliche und gewerkschaftliche Initiativen, aber auch Maßnahmen auf lokaler Ebene und gute Beispiele aus anderen Ländern werden im Report auf mehr als hundert Seiten vorgestellt.
Der Report im Wortlaut (PDF)
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Gemeinwohl – Auf der Suche nach dem Konsens
Der Begriff Gemeinwohl hat in vielen Disziplinen Konjunktur. Ob es um Daseinsvorsorge und zukunftsfähige Mobilität, um bezahlbares Wohnen und sozialen Ausgleich, um wirtschaftlichen Strukturwandel, Digitalisierung oder gesellschaftliche Teilhabe geht: auch Stadt- und Raumplaner/innen orientieren sich stark an diesem Begriff. Doch was heißt eigentlich Gemeinwohl? Wessen Wohl ist gemeint? Und lassen sich individuelle Bedarfe und Interessen miteinander vereinbaren? Im neuen IzR-Heft begeben sich Autorinnen und Autoren verschiedener Fachrichtungen auf die Suche nach dem Konsens – immer mit Bezug auf planungsrelevante Themen.
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg.): Gemeinwohl – Konsequenzen für die Planung. Informationen zur Raumentwicklung (IzR), Heft 5/2018, 101 S., 19,00 Euro, ISSN 0303-2493
Information und Bestellung
Publikation: Wo Vertrauen ist, ist Heimat
Die Sehnsucht nach Heimat ist allgegenwärtig. Familie, Freunde, Nachbarn, Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sind allesamt ihre Akteure. Aber sie ist nicht statisch. Zwischen Be- und Entheimatung ist es das bürgerschaftliche Engagement, das Vertrauen gibt und Heimat schafft – für uns und für andere. Henning von Vieregge beleuchtet bürgerschaftliches Engagement aus verschiedenen Blickwinkeln und untersucht, wie Engagement zu einer lebendigen, einer vielfältigen und einer vertrauensvollen Demokratie beiträgt.
Henning von Vieregge: Wo Vertrauen ist, ist Heimat. Auf dem Weg in eine engagierte Bürgergesellschaft. München 2018, 240 S., 16,00 Euro, ISBN 978-3-96238-089-2
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchte wir dieses Mal auf:
19. März 2019 in Mannheim: Demokratie in der Europäischen Stadt: Integrierte Quartiersentwicklungen?!
Eine Konferenz der Wüstenrotstiftung, Stadt Mannheim und dem Städtetag Baden-Württemberg
21.-22. März 2019 in Berlin: Nicht ohne uns! Konferenz der Zivilgesellschaft zur Zukunft Europas
Eine Konferenz des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE)