eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 3/2018 (15.3.2018)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Schule und Demokratie
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
SVR: Integration und Migration im Koalitionsvertrag
Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) hat eine Stellungnahme zu den integrations- und migrationspolitischen Vorhaben veröffentlicht, auf die sich die künftige Bundesregierung in ihrem Vertragsentwurf vom 7. Februar 2018 geeinigt hat. Darin empfiehlt der SVR, die hiesigen Institutionen und Prozesse im Sinne einer Teilhabepolitik für alle konsequent weiterzuentwickeln. Dazu gehört auch, den Beitrag von Migrant/innenorganisationen für Integration zu stärken. Begrüßt wird auch die Absicht der Regierung, die Koordinierung zwischen den föderalen Ebenen deutlich zu verbessern. Die Migrations- und Integrationsforschung soll zudem intensiviert werden. In der Vorstellung der Stellungnahme spricht der SVR von Gestaltungszuversicht. Diese Zuversicht zu vermitteln, sei eine wichtige Aufgabe der Politik in der kommenden Legislaturperiode.
Studie: Freiwilliges Engagement in der Flüchtlingshilfe
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat Ergebnisse einer repräsentativen Untersuchung veröffentlicht, die die gesellschaftliche Relevanz freiwilligen Engagements in der Flüchtlingshilfe mit konkreten Zahlen unterstreichen. Dafür wurde das Engagement in zwei Schritten analysiert: Im ersten Teil wurden im April 2017 etwa 1.400 Personen ab 16 Jahren im gesamten Bundesgebiet grundsätzlich zu freiwilligem Engagement in der Flüchtlingshilfe befragt. In einem zweiten Teil wurden die aktiven Helferinnen und Helfer vor Ort in 558 Interviews ausführlicher in den Blick genommen. Insgesamt 25 Prozent der Bevölkerung leisteten zwischen 2015 und heute aktive Hilfen für Geflüchtete, darunter 9 Prozent, die zuvor noch nicht anderweitig engagiert waren. Von den aktiven Flüchtlingshelfer/innen sind rund drei Viertel aktuell auch in anderen Bereichen engagiert. Die Studie lässt den Schluss zu, dass die Fluchtzuwanderung nicht nur beträchtliche Kräfte in der Zivilgesellschaft zur zeitlich begrenzten Krisenbewältigung geweckt hat, sondern zu einem dauerhaften Gewinn für das freiwillige Engagement insgesamt beigetragen hat.
Vereinsarbeit: EU-Datenschutz-Grundverordnung
Die Europäische Union hat die Regeln für das Erheben und Speichern persönlicher Daten geändert. Die neue EU-Datenschutzverordnung (DS-GVO) wird am 25. Mai 2018 wirksam. Bis dahin haben Vereine und Verbände noch Zeit ihre Mitgliederverwaltung, Datenbanken und Websites anzupassen. Es wird künftig noch wichtiger, jede Verarbeitung personenbezogener Daten zu dokumentieren, egal ob Spenderdatenbank oder Personaldaten. Betroffene müssen zudem umfassender über die Speicherung ihrer Daten informiert werden, etwa bei der Eingabe von Daten in ein Spendenformular. Und: Personenbezogene Daten sind durch zusätzliche Maßnahmen vor Missbrauch und Diebstahl zu schützen. Organisationen benötigen ein Konzept für das Löschen nicht mehr benötigter Daten. Für die Vereinsarbeit hat der baden-württembergische Landesbeauftragte für den Datenschutz eine aktuelle Broschüre zum Umgang mit personenbezogenen Daten veröffentlicht.
Quartiersentwicklung: Digitalen Wandel nutzen
In dem Modellprojekt »Bürger vernetzen Nachbarschaften. Quartiersentwicklung nutzt digitalen Wandel« haben insgesamt 14 engagierte Vereine und Initiativen aus NRW daran gearbeitet, lokale Quartiersentwicklung mit Hilfe digitaler Werkzeuge zu gestalten. Im Mittelpunkt stand die Unterstützung, Vernetzung und Kooperation von Nachbarn, die sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Regionen entscheidend für die Lebensqualität der Bewohner/innen ist. Dazu analysierten, erlernten, testeten und bewerteten die im Modellprojekt beteiligten Vereine und Bürgerinitiativen digitale Werkzeuge und Ressourcen in der Alltagspraxis. Das Ergebnis ist ein Fundus digitaler Tools: in der Arbeitshilfe werden konkrete Werkzeuge und Plattformen für Projektmanagement, Öffentlichkeitsarbeit und Aktivitäten im Quartier vorgestellt. Diese können die Arbeit von Initiativen und Vereinen auf unterschiedliche Art und Weise unterstützen und vereinfachen.
Kirche findet Stadt: Leitfaden zum Zusammenleben im Quartier
Das Programm »Kirche findet Stadt« ist ein Pilotprojekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik und wurde vom Deutschen Caritasverband zusammen mit Diakonie Deutschland durchgeführt. Mit dem ökumenischen Projekt wollen die katholische und die evangelische Kirche in Deutschland aufzeigen, wie durch das zivilgesellschaftliche Engagement der Kirchen Stadtteilentwicklung gelingen kann. Ein wesentliches Merkmal des Programms ist die Um- und Neunutzung vorhandener Orte im Quartier, die durch die Aktivitäten des Quartiersmanagement mit neuen Nutzergruppen und in Kooperation mit unterschiedlichen Akteursgruppen im Stadtteil bespielt werden sollen. Der vorliegende Leitfaden stellt auf hundert Seiten die 18 Pionierstandorte und die Handlungsfelder des Programms vor. Er skizziert gute Beispiele für gelingendes gemeinsames Handeln von Verbänden, Kirchen und Kommune, benennt aber auch die Stolpersteine, die Prozesse vor Ort behindern können. Praxisnahe Handlungsempfehlungen runden die Veröffentlichung ab.
Der Leitfaden im Wortlaut (PDF)
DIFU: OB-Barometer 2018
Seit 2015 stellt das Deutsche Institut für Urbanistik (DIfU) den Oberbürgermeister/innen deutscher Städte ab 50.000 Einwohner/innen in einer Jahresumfrage vier Kernfragen. Durch die Auswertung des sogenannten OB-Barometers sollen Veränderungen in den Kommunen frühzeitig erkannt werden, um dann auf diese reagieren zu können. 113 Stadtspitzen äußerten sich in der Befragung im Herbst 2017 zu den aktuell wichtigsten Aufgaben in der eigenen Stadt, zu den aktuellen Herausforderungen für Kommunen insgesamt sowie zu den Themen, die in den nächsten fünf Jahren für die Kommunen an Bedeutung gewinnen und den Bereichen, in denen sich die Rahmenbedingungen für Kommunen ändern müssen. Die Ergebnisse des OB-Barometers 2018 zeigen, dass für die befragten Oberbürgermeister/innen Integration, Digitalisierung und Mobilität die wichtigsten Herausforderungen für die Kommunen sind.
Im Fokus: Schule und Demokratie
Demokratische Schulkultur und Demokratielernen im Unterricht
Dass sich Schulen als demokratische Lernorte verstehen, wird zwar häufig gefordert, in der Praxis aber noch zu selten umgesetzt. Politische Bildung, Demokratieerziehung und das Lernen von Partizipation sollten jedoch nicht nur im Politikunterricht stattfinden, sondern müssen Bestandteil des Schulalltags sein. Doch wie werden Schulen demokratisch? Und wie lässt sich in Schulen und im Unterricht Demokratie alltagsnah erfahren? Ulrike Kahn zeigt in ihrem Gastbeitrag, wie demokratische Schulkultur und Demokratielernen gelingen können.

Schule gemeinsam gestalten: Das Projekt aula
Das Projekt »aula« setzt sich für mehr Mitbestimmung von Schülerinnen und Schülern ein und fördert deren demokratische Kompetenzen im digitalen Zeitalter. Das Projekt ermöglicht es Schülerinnen und Schülern an weiterführenden Schulen, in einem festen, vorher vereinbarten Rahmen eigene Ideen für die Gestaltung ihres Schulumfelds zu entwickeln, Mehrheiten dafür zu finden und die Umsetzung zu beschließen. Das beteiligungsorientierte Konzept wird zurzeit an vier Pilotschulen in Jena, Freiburg, Hamburg und Nottuln erprobt. Marina Weisband stellt in ihrem Gastbeitrag die demokratische Potentiale des Konzepts vor und berichtet über erste Praxiserfahrungen.

Schüler/innenhaushalt: Konzept, Erfahrungen, Potentiale
Trotz erster Pionierschulen sind Schüler/innenhaushalte als Elemente demokratischer Mitbestimmung in Deutschland noch nicht weit verbreitet. Dennoch ist das Konzept geeignet, um demokratische Selbstwirksamkeitserfahrungen im Schulalltag zu verwirklichen und das Demokratielernen von Schülerinnen und Schülern lebensweltnah zu ermöglichen. Ob Basketballkorb oder Tischtennisplatte, ob Sanierung von Toiletten oder die Anschaffung von Computern: Im Rahmen des Verfahrens machen Schülerinnen und Schüler Vorschläge zu Verbesserungen an ihren Schulen, stimmen darüber ab und setzen ihre Favoriten gemeinsam mit der Verwaltung um. Die Basis hierfür bildet ein Budget, das vom städtischen Haushalt, dem freien Schulbudget oder aus Drittmitteln stammt. Sabrina Veser stellt in ihrem Gastbeitrag die Kernelemente und demokratischen Lernziele des Verfahren vor.

Dialog macht Schule
Die Realität der heterogenen bundesdeutschen Einwanderungsgesellschaft spiegelt sich auch in den Schulen wider. Doch wie lässt sich politische Bildungsarbeit in diesem Kontext gestalten, wie gelingt Demokratieerziehung und das Einüben eines demokratischen Dialogs in »Schulen der Vielfalt«? Das Projekt »Dialog macht Schule« versteht sich als ein Mentoringprogramm politischer Bildung, das Studierende aus den verschiedensten Fachbereichen zu Dialogmoderatorinnen und Dialogmoderatoren ausbildet. Im Rahmen des regulären Unterrichts begleiten sie Jugendliche zwei Jahre lang in Schulen mit einer ethnisch vielfältigen Schüler/innenschaft und unterstützen ihre Persönlichkeitsentwicklung, demokratische Handlungsfähigkeit und gesellschaftliche Partizipation. Das Projekt ist bislang in Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Hannover und Stuttgart aktiv.
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Bürgerbeteiligung in der Praxis
Bürgerbeteiligung ist keine Zauberei, sondern ein Handwerk, das sich lernen lässt. Zu diesem Handwerk gehört auch das Wissen um die Methoden, Verfahren und Anwendungsbereiche dialogorientierter Bürgerbeteiligung. Das Buch unternimmt einen sachkundigen und erfahrungsbasierten Streifzug durch die Welt der dialogischen Bürgerbeteiligung und Demokratie. Von Aktivierender Befragung bis Zukunftskonferenz: die Autorinnen und Autoren stellen erprobte und der (Fach-)Öffentlichkeit geläufige Methoden der Bürgerbeteiligung vor und beschreiben auch weniger bekannte Formate und Verfahren. Die Publikation bietet eine Mischung aus alltagsnahem Grundlagenwissen und leicht zu lesendem Methodenkompendium. Viele gute Praxisbeispiele runden das Buch ab.
Stiftung Mitarbeit/ÖGUT (Hrsg.): Bürgerbeteiligung in der Praxis. Ein Methodenhandbuch. Bonn 2018, 320 S., 17,00 Euro, ISBN 978-3-941143-43-6
Publikation: Kommunalpolitik in meiner Stadt
Kommunalpolitik zum Anfassen: so lautet das Motto dieses Leitfadens für politisch interessierte Jugendliche und Heranwachsende. Was sind die wichtigsten Aufgaben einer Kommune? Was verbirgt sich hinter den politischen Strukturen? Welche Möglichkeiten der Mitwirkung gibt es? Das sind nur einige der Fragen, die die Autor/innen der vorliegenden Publikation anschaulich beantworten. Nicht nur jugendliche Leser/innen erhalten einen tiefen Einblick in die Kommunalpolitik und erfahren praxisnah, wie demokratische Prozesse ablaufen.
Caroline E. Heil/Bettina Schmidt/Andreas Kost: Kommunalpolitik in meiner Stadt. Stuttgart 2018, 118 S., 19,80 Euro, ISBN 978-3-415-05293-2
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchte wir dieses Mal auf:
23. April 2018 in Essen: Empowerment in Zeiten politischer Ungleichheit.
Ein inter- und transdisziplinärer Workshop des KWI Essen
15.5.-17.5.2018 in Stuttgart: 81. Deutscher Fürsorgetag - Zusammenhalt stärken, Vielfalt gestalten
Eine Tagung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge