eNewsletter Nr. 7/2013 (26.04.2013)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Kirche, Zivilgesellschaft und Demokratie
- Publikationen und Veranstaltungen
- In eigener Sache
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
WZB: Studie zur Belastung von Vereinen
Der aktuelle WZBrief der Projektgruppe Zivilengagement stellt die Ergebnisse ihrer Organisationsbefragung »Organisationen heute – zwischen eigenen Ansprüchen und ökonomischen Herausforderungen« aus dem letzten Jahr vor. Trotz starker Unterschiede bei Altersstruktur, Größe und Tätigkeitsfeldern sowie zwischen den Bundesländern ziehen die Autor/innen insgesamt ein eher pessimistisches Fazit zur Lage der fast 600.000 Vereine in Deutschland. Mehrheitlich beklagten diese die zunehmende Ökonomisierung, den damit verbundenen Wettbewerbsdruck und Probleme bei der Gewinnung qualifizierter Beschäftigter. Kritisch sei die Entwicklung beim Ehrenamt: Obwohl die Existenz fast aller Vereine von freiwilligem Engagement abhängt, falle es derzeit 80 Prozent von ihnen schwer, Nachwuchs zu finden – besonders für Leitungsfunktionen.
Der WZBrief im Wortlaut (PDF)
Projekt »Citizens Pact for European Democracy«
Von Rom bis London, von Barcelona bis Sofia: Das Projekt »European Citizens Participating« möchte die Bürger/innen in das Zentrum europäischer Debatten und Entscheidungsprozesse stellen und so dazu beitragen, das Demokratiedefizit in Europa zu verringern. Ziel ist die Verabschiedung des Manifests »Citizens Pact«, in dem Bürger/innen und zivilgesellschaftliche Organisationen gemeinsam Forderungen für Veränderungen an den EU-Entscheidungsprozessen zu Themen erarbeiten, die von Beschäftigung und Sozialstaatlichkeit bis zu Bürgerrechten und politischen und wirtschaftlichen Reformen reichen. In der Vorbereitungsphase gibt es zahlreiche Bürgerworkshops auf nationaler Ebene. Der nächste Workshop in Deutschland findet am 27.04.2013 in Berlin statt. Koordiniert wird das Projekt von der Organisation European Alternatives, die sich für eine transnationale europäische Politik, Kultur und aktive Bürgerschaft einsetzt. Das transeuropäische Netzwerk ist in lokalen Teams und über ganz Europa verteilten Initiativen organisiert.
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openTransferCAMP: Erfahrungswissen teilen und verbreiten
openTransfer bedeutet: Erfahrungswissen transparent und kostenlos mit anderen austauschen, teilen und verbreiten. Dazu treffen sich im Rahmen eines sog. Barcamps Projektmacher/innen, die mit ihrer Idee andere Menschen inspiriert haben. In der Veranstaltungsform Barcamp entscheiden sich die Teilnehmenden vor Ort, in welchen Workshops bzw. Sessions sie die vorgestellten Modelle, Strategien oder Tools diskutieren. Nach dem Motto »Gutes einfach verbreiten« können Teilnehmende auf einem openTransferCAMP ihr Praxis- und Fachwissen teilen, Best-Practice-Modelle vorstellen und gemeinsam Lösungen entwickeln, wie lokale Bürgerprojekte wachsen können. Das openTransfer CAMP ist eine Initiative der Stiftung Bürgermut in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung. Die regionalen openTransfer CAMPs finden mehrmals im Jahr an unterschiedlichen Orten statt; das nächste wird am 7. Juni 2013 in Köln sein. Die Stiftung Mitarbeit ist eine von mehreren Partnerorgansiationen aus der Zivilgesellschaft. Auf dem Webportal opentransfer.de werden Ergebnisse der openTransfer CAMPs dokumentiert, außerdem gibt es Leitfäden, Checklisten und einen Blog. Dadurch wird im Netz eine zentrale und stetig wachsende Anlaufstelle für Mitarbeiter/innen lokaler Bürgerprojekte, Vereine, Stiftungen, Wohlfahrtsverbände und Social Startups geschaffen. Aus den besten Beiträgen soll Ende 2013 ein kollaboratives E-Book entstehen.
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Deutscher Kulturrat: Rote Liste für Kultureinrichtungen
Nach dem Vorbild »Roter Listen« für gefährdete Tier- und Pflanzenarten veröffentlicht der Deutsche Kulturrat regelmäßig ein Verzeichnis von Kultureinrichtungen, die aktuell von Schließungen bedroht oder bereits geschlossen worden sind. Der Kulturrat will damit nicht nur den Wert von Insitutionen wie Theatern, Museen, Bibliotheken und Orchestern unterstreichen, sondern auch der Öffentlichkeit die existenzielle Gefährdung der deutschen Kulturlandschaft durch aktuelle Sparmaßnahmen in Großstädten und Kommunen bewusst machen. Um Kultur vor Ort erhalten zu können will der Kulturrat den schleichenden Prozess des Kulturabbaus durch diese Publikation transparenter machen. Dabei werden die Entwicklungen der bedrohten Einrichtungen durch Kategorien von 0 (Einrichtung wurde geschlossen) bis 4 (Gefährdung wurde aufgehoben) fortlaufend dokumentiert. Die »Rote Liste bedrohter Kultureinrichtungen« erscheint alle zwei Monate und kann auf der Website des Kulturrates heruntergeladen werden.
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BigBrotherAwards 2013
Unter etwa 200 eingereichten Nominierungen wählte die Jury des BigBrotherAwards Mitte April den diesjährigen Sieger des Negativ-Preises aus. Neben globalen Unternehmen wie Apple, Google und der Deutschen Post AG wurden auch die Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer ausgezeichnet. Sie erhielten den Preis für den Nachfolger der GEZ, den Gemeinsamen Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Der neue Beitragsservice verarbeite noch mehr Daten als die GEZ und dies auf juristisch fragwürdigen Grundlagen, so die Begründung der Jury. Der Publikumspreis 2013 ging mit 44 % der abgegebenen Stimmen an die Bundespolizei. Als Begründung wurde unter anderem ihre Praxis des »racial profiling« angeführt. Der »Oscar für Datenkraken« wurde ins Leben gerufen um Verletzungen des Datenschutzes öffentlich zu machen und mündige Verbraucher/innen an einen bewussteren Umgang mit den persönlichen Daten zu erinnern. Dabei sind die BigBrotherAwards ein internationales Projekt und wurden bisher in 19 Ländern verliehen.
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Im Fokus: Kirche, Zivilgesellschaft und Demokratie
Ehrenamt verändert Kirche: Konsequenzen eines Paradigmenwechsels
Aktuell werden verschiedene Leitbilder einer Kirche von morgen diskutiert, die bei allem Unterschied eines gemeinsam haben: Beide können ohne sehr viel weitergehendes quantitatives wie qualitatives Freiwilligenengagement keine Praxistauglichkeit erreichen. Dr. Henning von Vieregge, Sozialwissenschaftler und Lehrbeauftragter an der Johannes Gutenberg Universität Mainz, analysiert und diskutiert in seinem Gastbeitrag die Anforderungen und Aufgaben, die sich aus diesem Paradigmenwechsel ergeben.
Adolph Kolping: Pionier der Zivilgesellschaft?
Der 1813 geborene Adolph Kolping war Schuhmachergeselle und wechselte nach seinem Theologiestudium in den Priesterstand. Heute gilt er als Wegbereiter für die katholische Sozialbewegung. Anlässlich des in diesem Jahr anstehenden 200. Geburtstags des Sozialreformers unternimmt Dr. Norbert Bayrle-Sick, Soziologe und Mitarbeiter der Kolping-Akademie Augsburg, in seinem Gastbeitrag den Versuch einer Neulektüre von Kolpingtexten. Ob Hilfe zur Selbsthilfe, Genossenschaften, Empowerment oder politische Bildung: Er zeigt auf, welche gesellschaftlichen Impulse sich aus heutiger Perspektive mit dem Leben und Werk Kolpings verbinden.
Kirche findet Stadt
In dem ökumenischen Kooperationsprojekt »Kirche findet Stadt« sind neue Ansätze der Zusammenarbeit von evangelischer und katholischer Kirche, von Diakonie und Caritas als kirchliche Wohlfahrtsverbände im Bereich der Stadtentwicklung entwickelt worden. Die Kirchen verstehen sich als zivilgesellschaftliche Akteure, die sich für die Zukunftsfähigkeit von Quartieren und Städten einsetzen. Sie tun dies gemeinsam mit anderen Akteuren und sind eingebunden in Projekte, die von Bund- und Länderprogrammen unterstützt werden. Integrierte Stadtentwicklungsprozesse und Sozialraumorientierung sind somit auch Perspektiven und Handlungsoptionen für die kirchliche Arbeit im Gemeinwesen. In einer Dokumentation werden verschiedene Aspekte der Thematik in Autorenbeiträgen vertieft sowie Empfehlungen und Thesen für die weiteren Perspektiven vorgelegt.
Zur Dokumentation »Kirche als zivilgesellschaftlicher Akteur in Netzwerken der Stadtentwicklung« (PDF)
Religion und Demokratie
»Wieviel Religion verträgt die Demokratie?« Mit dem Verhältnis von Demokratie und Religion befasst sich Katrin Göring-Eckardt, Präsidentin des Evangelischen Kirchentages 2009-2011 und Politikerin. Sie beschreibt in einem Artikel den demokratischen Staat als ein Gegenüber der Kirche und zeigt auf, wie beide Seiten voneinander profitieren. Ihre These: »Ein gänzlich laizistischer Staat brächte sich um Debatten, die ihn von der Banalität des Ökonomischen bewahren.« Zahlreiche Demokratiethemen sind auch auf dem diesjährigen Kirchentag vom 1.-5.Mai 2013 in Hamburg unter dem Motto »Soviel du brauchst« zu finden. In einer Hauptpodienreihe »Demokratie – Möglichkeiten nutzen« werden an drei Tagen Themennachmittage gestaltet: Medien, Bürger, Parlamente – Wer hat die Macht? (Donnerstag); Demokratie - ein Fluss aller? Willensbildung und Entscheidungswege (Freitag); Demokratie heißt, einander vertrauen (Samstag).
Zum Artikel »Wieviel Religion verträgt die Demokratie?«
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Religion im öffentlichen Raum
Unsere Gesellschaft, die religiös und weltanschaulich vielfältig geprägt ist, unterliegt einem Wandel, der sich auch auf die Bedeutung der Religion in der Öffentlichkeit auswirkt. Diese Veränderungen waren Gegenstand einer interdisziplinär besetzten Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung, die sich mit den Folgen für die gewachsenen bisherigen Strukturen im Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften befasste. Dabei wurden auch die Einschätzung der Politik und der Religionsgemeinschaften sowie die Perspektive der europäischen Nachbarn mit einbezogen. Die Beiträge der Publikation befassen sich auch mit engagementrelevanten Fragestellungen, beispielsweise wird nach den Impulsen gefragt, die sich aus dem Glauben für gesellschaftliches Engagement ergeben.
Karlies Abmeier, Michael Borchard, Matthias Riemenschneider (Hg.): Religion im öffentlichen Raum. 2013, 240 S., 24,90 Euro, ISBN 978-3-506-77593-1
Bestellung und Information
Publikation: Geschichte der Privatisierung
Weniger oder mehr Staat? Mit den Folgen der gegenwärtigen Finanzkrise hat eine neue Diskussion über die Rolle des Staates begonnen. »Privatisierung« und »Flexibilisierung« gelten nicht mehr uneingeschränkt als ökonomische Erfolgsrezepte, sondern werden nun selbst historisiert. Lässt sich die Geschichte seit den 1970er Jahren als »Ära der Privatisierung« beschreiben? Meint »Privatisierung« nicht nur ein neues Verständnis von Staat und Wirtschaft, sondern auch einen neuen individualistischen »Rückzug ins Private«? Schließlich fragen Historiker und Sozialwissenschaftler in diesem Band, wie westeuropäische und angloamerikanische Privatisierungsideen und -erfahrungen die Transformation im postkommunistischen Osteuropa beeinflussten.
Norbert Frei/Dietmar Süß (Hg.): Privatisierung – Idee und Praxis seit den 1970er Jahren. 2013, 232 S., 15,00 Euro, ISBN 978-3-8353-1086-5
Bestellung und Information
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im <link aktuelles termine-und-veranstaltungen _blank>Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
• 24.5.2013 in Berlin: »Zukunft gestalten in postheroischen Zeiten«
6. OE-Tag (Organisationsentwicklung) von socius gGmbH
• 15.-17.7.2013 in Stuttgart: Erfolgreiche Gestaltung von Bürgerbeteiligung: Anlässe, Methoden und Instrumente
Ein Seminar der Führungsakademie Baden-Württemberg
In eigener Sache
Die Redaktion auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag
Unter dem Motto »Soviel Du brauchst« findet vom 01.-05.05.2013 in Hamburg der 34. Deutsche Evangelische Kirchentag statt. Die Stiftung Mitarbeit wird sich wie in den Vorjahren mit einem eigenen Stand auf dem Markt der Möglichkeiten präsentieren. Unsere Standnummer lautet: A4-A18, Themenbereich Politik und Gesellschaft, Schwerpunkt Bürgerschaftliches Engagement. Am 02. Mai 2013 von 15:30 bis 17:00 Uhr werden wir gemeinsam mit dem Verein Mehr Demokratie einen Workshop im Rahmen des Kirchentages anbieten (CCH, Marseiller Str. 2, Saal 13). Das Thema der Veranstaltung lautet: Demokratiebaustelle Deutschland – Wie lässt sich unsere Demokratie beteiligungsfreundlich weiterentwickeln? Referenten des Workshops sind Hanns-Jörg Sippel und Claudine Nierth. Wir als Redaktion werden den Stand der Stiftung Mitarbeit mitbetreuen und freuen uns auf hoffentlich zahlreiche Besuche und Gespräche von und mit unseren Leser/innen.