eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 7/2024 (25.07.2024)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Aktuelle Studien (Teil 1)
- Publikationen
- Veranstaltungen, Seminare, Tagungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Positionspapier: Freiwilligenagenturen gestalten Gesellschaft und Demokratie
Unter dem Titel »Freiwilligenagenturen gestalten Gesellschaft und Demokratie« wurden auf der Jahrestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (bagfa) im Juni acht Positionen zur Arbeit und Wirkung von Freiwilligenagenturen verabschiedet. Diese sogenannten »Kasseler Positionen« ordnen Freiwilligenagenturen als Akteure des demokratischen Miteinanders in unserer Gesellschaft ein und zeigen die Wirkung von freiwilligem Engagement auf. Themenbereiche, auf die Bezug genommen wird, sind Demokratie und gesellschaftlicher Zusammenhalt, Inklusion und Diversität, Nachhaltigkeit, Digitalisierung sowie Kooperationen und Zusammenarbeit. Weiterhin werden Fragen der Finanzierung und Monetarisierung von Engagement behandelt.
Volksbegehrensbericht 2024
Im Volksbegehrensbericht 2024 des Fachverbands Mehr Demokratie werden direktdemokratische Verfahren in deutschen Bundesländern von 1946 bis 2023 evaluiert. Demnach gab es in diesem Zeitraum insgesamt 456 Verfahren. 416 Verfahren waren Volksbegehren oder Volksinitiativen, die »von unten« eingeleitet wurden, 40 waren obligatorische Referenden. Im Jahr 2023 wurden bundesweit 13 direktdemokratische Verfahren von unten neu gestartet, in Berlin gab es den einzigen Volksentscheid. Auch wenn es relativ selten zu einem Volksentscheid kommt: 26,8 Prozent aller von unten angestoßenen direktdemokratischen Verfahren auf Landesebene führen zu einer Lösung im Sinne der Initiator/innen. Die thematischen Schwerpunkte der Jahre 2022 bis 2023 waren Soziales (27 Prozent), Demokratie und Innenpolitik (22 Prozent) sowie Umweltschutz (18 Prozent).
Der Volksbegehrensbericht 2024 im Wortlaut (PDF)
Bundeswerkstatt: »Demokratie Update Deutschland«
In einer Bundeswerkstatt kommen Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven zusammen, um Lösungen, Ideen und Konzepte für politische und gesellschaftliche Fragen auf Bundesebene zu entwickeln. Die Bundeswerkstatt »Demokratie Update Deutschland« besteht aus einer Reihe von Workshop-Formaten, die online und vor Ort in Berlin stattfinden. Die Cocreation Foundation sucht Bürgerinnen und Bürger, die am Werkstatt-Verfahren teilnehmen wollen sowie Demokratie-Expert/innen, die innovative Konzepte und Vorschläge zur Verbesserung der Demokratie in Deutschland einreichen. Leitfragen sind: Wie muss unsere Demokratie gestaltet sein, damit sie bestmöglich Mitsprache, Mitbestimmung und Mitgestaltung ermöglicht? Wie können wir ein besseres Miteinander und eine lösungsorientierte politische Kultur fördern, in der alle Stimmen gehört werden? Und wie bekommen wir antagonistische Perspektiven konstruktiv zusammen, um gesellschaftliche Spaltung zu überwinden und miteinander Gesellschaft zu gestalten? Der Auftaktworkshop findet Ende September 2024 in Berlin statt, Bewerbungen sind ab sofort möglich.
Künstliche Intelligenz: Umfrage zur Öffentlichkeitsarbeit gemeinnütziger Organisationen
Das Projekt Comms4Good führt im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie derzeit eine Umfrage zur Öffentlichkeitsarbeit gemeinnütziger Organisationen durch. Ziel des Forschungsprojekts ist es, eine KI zu entwickeln, die Non-Profit-Organisationen in der Kommunikationsarbeit unterstützt. Welche Wünsche und Bedarfe haben Non-Profits hinsichtlich ihrer Kommunikationsarbeit? Wie könnte gemeinnützige Arbeit und die Arbeit von Initiativen und Vereinen sichtbarer werden? Die Umfrage dauert maximal 15 Minuten, alle Angaben werden anonymisiert.
Dokumentation: Engagementkongress Nordrhein-Westfalen 2024
Wie kann bürgerschaftliches Engagement in Zeiten gesellschaftlicher Transformation erfolgreich gestaltet werden? Diese Frage stand im Mittelpunkt des diesjährigen Engagementkongress NRW, der Mitte Mai in Düsseldorf stattgefunden hat. Eine ausführliche Gesamtdokumentation der hybriden Veranstaltung liegt jetzt online vor. Darin finden sich sämtliche Präsentationen, eine Übersicht über die Kernergebnisse der zahlreichen Workshops und Foren sowie eine Zusammenfassung des Plenums. Im Rahmen der Dokumentation sind zudem eine Vielzahl guter Praxisbeispiele abrufbar.
DKHW: Förderfonds für Kinder- und Jugendprojekte
Eine Kinderstadt, in der Kinder mitbestimmen dürfen, ein inklusiver Spielplatz, ein eigener Podcast im Jugendzentrum: Das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) unterstützt jedes Jahr zahlreiche Projekte, die Kinder und Jugendliche stark machen. Für Initiativen, Vereine und Projekte der Kinder- und Jugendarbeit aus dem gesamten Bundesgebiet besteht jetzt noch bis zum 30. September 2024 die Möglichkeit, Anträge für die vier Themenfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes zu stellen. Ziel der Themenfonds ist die Bekanntmachung der Kinderrechte und die Verbesserung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen unter dem Aspekt der Partizipation und Mitbestimmung. Anträge können Vereine, freie Träger, Initiativen, Elterngruppen, Kinder- und Jugendgruppen sowie Schülerinitiativen für noch nicht begonnene Projekte stellen.
Im Fokus: Aktuelle Studien (Teil 1)
Deutschlandweite Studie zu ehrenamtlichen Bürgermeister/innen
Das Ehrenamt ist ein zentrales Prinzip der Kommunalpolitik in Deutschland. Vor allem in den kommunalen Vertretungskörperschaften wie dem Gemeinderat wird Politik häufig durch ehrenamtliche Strukturen geprägt. Aber auch Bürgermeister/innen können ehrenamtlich tätig sein, insgesamt werden 60% der 10.788 Kommunen in Deutschland durch ehrenamtliche Bürgermeister/innen regiert und verwaltet. In Nordrhein-Westfalen, Saarland und Hessen gibt es dagegen nur hauptamtliche Bürgermeister/innen, was eng mit den Gebietsreformen der 1970er Jahre zusammenhängt. Die Erforschung des »unbekannten Wesens« der ehrenamtlichen Bürgermeister/innen war nun das Ziel einer deutschlandweiten Studie an der Ruhr-Universität Bochum. Jörg Bogumil, David H. Gehne und Louisa Anna Süß stellen die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen ihres Forschungsprojekts vor.
Engagement von Migrantinnen und Migranten in ländlichen Räumen
In ihren biographischen Erfahrungen höchst verschieden, bringen Migrantinnen und Migranten unterschiedliche Verständnisse von Freiwilligentätigkeit und Engagement in Ankunftsregionen mit. Jedoch fehlt es bisher an empirischer Evidenz über Motivationen, Strukturen und Tätigkeiten des freiwilligen Engagements von Migrantinnen und Migranten in ländlichen Räumen. Im Rahmen eines qualitativen Forschungsprojekts in vier Bundesländern haben Stefan Kordel, Tobias Weidinger und David Spenger von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg daher untersucht, was Migrantinnen und Migranten motiviert, sich auf dem Land ehrenamtlich zu engagieren, wie das Engagement ausgestaltet ist und welche Wirkung es entfaltet.
Motive zum Engagement in der Flüchtlingshilfe
Nachdem infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine im Jahr 2022 viele Menschen vor den Folgen des Krieges geflohen sind, war zum zweiten Mal innerhalb von zehn Jahren eine Welle der Hilfsbereitschaft zu beobachten. Spenden und die Zahl der Engagierten in der Flüchtlingshilfe stiegen an, nach wenigen Monaten ließen diese Zeit-, Geld- und Sachspenden jedoch wieder nach. Da die Engagementbereitschaft auch in Zukunft wichtig sein wird, hat der wissenschaftliche Stab des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) im Jahr 2023 eine Engagementbefragung durchgeführt. Dabei wurde das Engagement sowie die Engagementbereitschaft auf einer breiten empirischen Grundlage erhoben – insbesondere in Bezug auf Freiwilligenarbeit in der Flüchtlingshilfe. Im Vordergrund standen dabei vor allem die Motive für Engagement und damit die Frage, was Menschen letztlich dazu antreibt, Freiwilligenarbeit zu leisten. Nora Storz und Alex Wittlif berichten in ihrem Beitrag über die Erkenntnisse und Empfehlungen der Studie.
Transformation als demokratiepolitische Aufgabe: Fallstudie zu materieller und immaterieller Beteiligung in der Energiewende
Angesichts der enormen Transformationsbedarfe, die nicht zuletzt in dem Ziel der Klimaneutralität bis 2045 deutlich werden, steht unsere Gesellschaft an einem Scheideweg. Vor dem Hintergrund sozialer und strukturpolitischer Ungleichheiten besteht die reale Gefahr, dass eine ökologische Wende ohne ein sozial-inklusives und ökonomisch gerechtes Vorgehen das Misstrauen gegenüber Politik und Demokratie verstärkt. Ein zentraler Hebel, um die Transformation im Prozess und im Ergebnis gerecht zu gestalten, ist Bürgerbeteiligung. Wie diese mit Blick auf die Energiewende gelingen kann, zeigt eine gemeinsame Studie des Progressiven Zentrums und des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam, die Victoria Luh und Johanna Siebert kompakt vorstellen.
Mobilitätsverhalten macht Gemeinwohlorientierung
Ob Radfahren oder zu Fuß gehen: Aktives Mobilitätsverhalten lässt sich mit vielen positiven physiologischen und psychologischen Variablen in Verbindung bringen. Kaum im Fokus stehen dagegen die sozialen Aspekte von Mobilität. In einer Studie der FernUniversität in Hagen wurde nun die Beziehung zwischen Mobilitätsverhalten und Gemeinwohlorientierung untersucht. Die Gemeinwohlorientierung gilt als ein wesentlicher Baustein des sozialen Zusammenhalts. Ein wichtiges Erkenntnisinteresse der Studie lag dabei auf den Beziehungen zwischen Mobilitätsverhalten und den vier Facetten der Gemeinwohlorientierung: politische Partizipation, soziale Partizipation in Organisationen, nachbarschaftliche Solidarität und nachbarschaftliche Hilfsbereitschaft. Harald Schuster gibt in seinem Gastbeitrag einen Einblick in die aktuelle Forschung.
Publikationen
Publikation: Einfach mal machen – Praxisleitfaden für wirksames Engagement vor Ort
Ortsmitten als Zentren der Vernetzung und des Austauschs – das ist keine neue Idee. Doch wenn altbewährte Treffpunkte in Kneipen oder Cafés geschlossen und alltägliche Wege zur Nahversorgung in Randgebiete nur noch mit dem Auto erreichbar sind, werden auch Zufallsbegegnungen und geteilte Räume in den Ortskernen weniger. Im Rahmen eines Modellprojekts hat sich die Initiative Silicon Vilstal aus Niederbayern gemeinsam mit ihrer Kommune und überregionalen Netzwerken auf den Weg gemacht, um als »Reallabor« innovative Ideen in ihrer Region auszuprobieren. Im Rahmen des Projekts ist ein Praxisleitfaden für wirksames Engagement vor Ort entstanden, der Handlungsimpulse für zivilgesellschaftliche Initiativen bündelt, die gemeinsam mit ihrer Kommune aktiv werden möchten.
Eva Clara Tenzler: Einfach mal machen. Ein Praxisleitfaden für wirksames Engagement vor Ort. Herausgegeben von der Wüstenrot Stiftung und Silicon Vilstal. Ludwigsburg 2023, 119 S., ISBN 978-3-96075-031-4
Publikation: Inklusive Beteiligung für die Erstellung kommunaler Klimaanpassungskonzepte
Viele Kommunen erstellen Klimaanpassungskonzepte, um ihre Städte, Gemeinden oder ihren Landkreis klimafit zu machen. Oft beteiligen sie hierfür verschiedene Akteure. Allerdings erreicht diese Beteiligung viele gesellschaftliche Gruppen oft nicht. Im Rahmen eines Projekts haben vier Masterstudierende der Leuphana Universität Lüneburg einen Praxisleitfaden für einen inklusiven Beteiligungsprozess erarbeitet. Dieser soll sicherstellen, dass die Bedürfnisse und das Wissen aller Menschen miteinbezogen werden und Kommunen klimaangepasst gestaltet werden können. Der Praxisleitfaden berücksichtigt die oft knappen personellen und finanziellen Ressourcen auf kommunaler Ebene und schlägt Lösungen vor, die sich an gängiger Verwaltungspraxis orientieren.
Der Leitfaden im Wortlaut (PDF)
Veranstaltungen, Seminare, Tagungen
17. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik
Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen lädt gemeinsam mit der Bauministerkonferenz der Länder, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund zum 17. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik ein. Er steht in diesem Jahr unter dem Motto »Kooperationen in der Stadtentwicklung – Bündnisse für das Gemeinwohl«. Der Kongress findet am 17. und 18. September 2024 in Heidelberg statt. Auf dem Kongress werden aktuelle Ansätze und Strategien der Kooperation in der Stadtentwicklungspolitik diskutiert und Ideen für eine nachhaltige, integrierte Entwicklung von städtischen und ländlichen Räumen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene entwickelt.
Online-Seminar: Fördermittel finden und erfolgreich beantragen
Fördergelder einzuwerben ist mit vielfältigen Herausforderungen verbunden: So gilt es zunächst, sich angesichts der Vielfalt der existierenden Förderangebote einen Überblick zu verschaffen und die passenden Geldgeber für sich zu finden. Im nächsten Schritt ist in der Regel ein schriftlicher Antrag nötig, um sich für eine finanzielle Unterstützung zu bewerben. Doch wie erkennt man die passenden Förderangebote für seine Organisation oder sein Projekt? Und wie überzeugt man Geldgeber mit einer guten Bewerbung? Das Online-Seminar (Mittwoch, 18. und 25. September 2024, jeweils 17.00–19.00 Uhr) der Stiftung Mitarbeit vermittelt in zwei Teilen die Grundlagen für eine erfolgreiche Fördermittelrecherche und bietet Praxistipps für das Verfassen eines überzeugenden Antrags.