eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 6/2018 (20.06.2018)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Sport, Engagement und Demokratie
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
BMU: Jugendstudie zu Umweltbewusstsein und Umweltverhalten
Das Bundesumweltministerium (BMU) hat im Rahmen einer repräsentativen Studie Einstellungen junger Menschen zu Nachhaltigkeit, Politik und Engagement ermittelt. Demnach gehört für 44 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine intakte, natürliche Umwelt zu einem guten Leben unbedingt dazu. Die Jugendlichen sehen in erster Linie den Staat in der Pflicht, durch gezielte gesetzliche Maßnahmen für den Schutz von Umwelt und Natur zu sorgen. Gleichzeitig sind viele junge Menschen grundsätzlich bereit, sich für gesellschaftliche Ziele zu engagieren. Jedoch fällt
ihnen ein konkretes Engagement zum Beispiel aus Zeitmangel oft schwer. Sie plädieren daher für aktionsorientierte und kurzfristige Beteiligungsmöglichkeiten, die besonders gut zum Alltag und den Vorstellungen junger Leute passen. Für die Studie wurden über 1.000 junge Menschen zwischen 14 und 22 Jahren zu ihrem Verhalten im Alltag sowie zu ihrem Umweltbewusstsein befragt. Das Besondere an der Studie: Die Jugendlichen wurden während des gesamten Projektverlaufs am Prozess beteiligt. Forschungsdesign und Forschungsfragen wurden im Rahmen von Workshops mit jungen Menschen entwickelt, die Untersuchungsergebnisse in Zukunftswerkstätten diskutiert und interpretiert.
Die Studie im Wortlaut (PDF)
Bürger/innen gefragt: Online-Konsultation der EU gestartet
Europa steht vor einer bewegten Zukunft - doch wie soll sich die EU verändern? Ab sofort sind alle Europäerinnen und Europäer dazu aufgerufen in einer Online-Konsultation der EU-Kommission mitzuteilen, welchen Weg Europa künftig einschlagen soll. Die Konsultation wurde von einem Bürgerforum mit Teilnehmenden aus 27 Mitliedstaaten vorbereitet. Diese haben gemeinsam entschieden, welche 12 Fragen ihren Mitbürgern gestellt werden sollen. Dabei geht es um Themen wie Bildung, soziale Ungleichheit und Migration nach Europa. Bereits seit 2012 haben außerdem etwa 700 interaktive öffentliche Diskussionen in 160 Städten stattgefunden. Bis zu den Wahlen zum europäischen Parlament im Mai 2019 sollen noch weitere 500 Veranstaltungen folgen. Zusätzlich zu den Initiativen der Kommission werden auch die Regierungen der Mitgliedstaaten weitere Bürgerdialoge zum Thema Europa veranstalten. Die Auswertung der Zukunftsdebatte wird den Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen am 9. Mai 2019 im rumänischen Sibiu vorgelegt.
Aktionsbündnis »Aufbruch Fahrrad«: Volksinitiative in NRW
Mit einer Volksinitiative will das Aktionsbündnis »Aufbruch Fahrrad« die Bedingungen für den Fahrradverkehr im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen verbessern. Langfristiges Ziel ist es, den Anteil des Fahrradverkehrs am Gesamtverkehr in NRW bis 2025 von derzeit 8 auf 25 Prozent anzuheben. Vor diesem Hintegrund richtet das Aktionsbündnis neun ambitionierte Forderungen an den Düsseldorfer Landtag: So soll die Verkehrssicherheit auf Straßen und Radwegen dadurch erhöht werden, dass sich die Verkehrs- und Radverkehrsplanung konsequent an der Vision »Null Verkehrstote« orientiert. Vorbilder sollen dabei Länder wie die Niederlande oder Schweden sein. Außerdem soll das Land bis 2025 mindestens 1.000 Kilometer Radschnellwege neu schaffen und im gleichen Zeitraum jährlich mindestens 300 Kilometer Radwege an Bundes- und Landestraßen in einer hohen Qualität gebaut oder in Stand gesetzt werden. Weitere Forderungen beziehen sich auf Förderung von fahrradfreundlichen Kommunen und der Kombination von umweltfreundlichen Verkehrsmitteln. Die Unterschriftenaktion läuft noch bis zum 15. Juni 2019.
Geförderte Fortbildung für engagierte Menschen
»Wir beteiligen uns«: unter diesem Motto steht eine Weiterbildungsreihe, die der Dachverband der Evangelischen Akademien in Deutschland im Rahmen des Programms »Qualifiziert handeln« der Bundeszentrale für politische Bildung anbietet. Die geförderte Weiterbildung richtet sich an freiwillig Engagierte und an hauptamtlich Tätige, die mit engagierten Menschen arbeiten. Das Ziel der Weiterbildung ist die Unterstützung von Menschen bei ihrem Engagement für eine lebendige Zivilgesellschaft und gegen Ausgrenzung und Diskriminierung. Bewerbungen für die neue Modulreihe, die ab September 2018 in Neudietendorf (Thüringen) stattfindet, sind ab sofort möglich. An insgesamt drei Wochenenden unterrichten professionelle Trainer/innen zu Themen wie Kommunikation, Gruppenprozessen, dem Umgang mit Anfeindungen im Internet, Projektmanagement und Freiwilligenarbeit. Fahrtkosten, Unterkunft und Verpflegung werden vollständig finanziert.
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startsocial: Endspurt für Bewerbungen
startsocial schreibt den 15. bundesweiten Wettbewerb für soziale Initiativen aus. Noch bis zum 1. Juli 2018 können sich Organisationen, Projekte und Ideenträger online bewerben. Der Wettbewerb richtet sich an alle Engagierten, die an der nachhaltigen Lösung eines sozialen Problems arbeiten und dabei Ehrenamtliche einbinden. Zu den bisherigen Stipendiaten gehören unter anderem Viva con Agua, Teach First Deutschland, ArbeiterKind.de und ROCK YOUR LIFE!. Die 100 überzeugendsten Initiativen werden mit viermonatigen Beratungsstipendien unterstützt. Auf einer feierlichen Preisverleihung in Berlin werden anschließend die besten 25 Projekte geehrt. Sieben von ihnen erwarten dort Geldpreise im Gesamtwert von 35.000 EUR. Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt den Wettbewerb seit 2005 als Schirmherrin mit einem Sonderpreis.
openTransfer Accelerator
Der openTransfer Accelerator versteht sich als Skalierungsstipendium für soziale Organisationen. Die Stiftung Bürgermut sucht bis zum 1. August 2018 bereits zum vierten Mal zehn innovative und gemeinnützige Organisationen, die ihre sozialen Projekte in die Fläche bringen möchten. In einem dreistufigen Programm erhalten die Teilnehmenden geballtes Transfer-Wissen in Form von Workshops, Webinaren, 1:1-Beratung, finanzielle Unterstützung bei der Umsetzung ihres Transfervorhabens und die Chance auf weiteres Funding.
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Im Fokus: Sport, Engagement und Demokratie
Fußball: Hooliganismus, Gewalt und Kampfsport
Seit einigen Tagen läuft die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland. Nicht nur dort versuchen rechte Hooligans sowie Organisationen und Gruppierungen des rechtsextremen Spektrums seit Jahren mit unterschiedlichen Strategien, die Attraktivität des Sports und insbesondere des Fußballs für ihre Zwecke zu nutzen bzw. zu missbrauchen. Hooliganismus kann auch in Deutschland auf eine jahrzehntelange Geschichte zurückblicken. War die Szene einst nur geringfügig organisiert und für Straßenrandale bekannt, hat sie sich heute längst professionalisiert, im Kampfsport verankert und sich in Teilen dem Rechtsextremismus geöffnet. So betreiben rechte Hooligans eigene Gyms und Kleidungslabel und haben sich international vernetzt. Robert Claus wirft in seinem Gastbeitrag einen praxisnahen Blick auf die Verbindung von Fanszenen, Fankultur und Kampfsport und fragt nach den Konsequenzen für Soziale Arbeit, Prävention und Politik.
Julius-Hirsch-Preis 2018
Der mit insgesamt 20.000 Euro dotierte Julius-Hirsch-Preis des DFB wird jährlich verliehen. Er zeichnet Projekte und Initiativen aus, die sich in öffentlich wahrnehmbarer Form für Demokratie und Menschenrechte und gegen Antisemitismus, Rassismus, Extremismus und Gewalt wenden. Die Aktivitäten sollten in, um oder durch den Fußball ihr Wirkungsfeld haben. Berücksichtigt werden Aktivitäten und Initiativen, die innerhalb des mit der Bewerbungsfrist endenden Fußballjahres stattgefunden haben. Es kann sich dabei sowohl um eine zeitlich befristete Aktion als auch um ein unbefristetes Projekt handeln, zum Beispiel in der Kinder- und Jugendarbeit eines Vereins, in einem Fanprojekt oder im Seniorenbereich des Amateurfußballs. Bewerbungen für die aktuelle Wettbewerbsrunde sind noch bis zum 30. Juni 2018 möglich.
Landessportbund NRW: Gemeinsam für Demokratie und Respekt im Sport
Sportvereine tun sich vielfach schwer damit, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, Schwulenfeindlichkeit und Sexismus als Themen des Sports zu sehen. Und tatsächlich ist die Grundhaltung in vielen Vereinen überwiegend demokratisch gestimmt. Trotzdem dürfen Sportvereine nicht darauf vertrauen, dass die positiven Funktionen des Sports sich von selbst einstellen. Vielmehr ist es Aufgabe der Sportvereine, auf der Basis der im Sport verankerten Werte Sportvereine als demokratische Räume zu gestalten und zu einer Stärkung der Kultur der Anerkennung, der Partizipation, der sozialen und kulturellen Öffnung beizutragen und Demokratie zu leben. Vor diesem Hintergrund hat der Landessportbund NRW das Projekt »Entschlossen weltoffen! Gemeinsam für Demokratie und Respekt im Sport« ins Leben gerufen. Das Projekt soll ehren- und hauptamtlich im Sport tätige Menschen in die Lage versetzen, diskriminierende und menschenverachtende sowie demokratiefeindliche Verhaltensweisen zu erkennen und ihnen Handlungssicherheit vermitteln. Michael Neumann stellt in seinem Gastbeitrag das Angebot des Landessportbunds NRW kompakt vor.
Fahrradfahren, Engagement und Integration: Das Bike Bridge-Projekt in Freiburg
Sport und Bewegung dienen nicht nur häufig als Brücke ins freiwillige Engagement, sondern bilden auch Brücken zur Integration. Wie Integration erfolgreich gelingen kann, zeigt das gemeinnützige Projekt Bike Bridge aus Freiburg. Das aus einer ehrenamtlichen Initiative heraus entstandene Programm richtet sich speziell an Frauen mit Zuwanderungs- und Fluchterfahrung und schafft durch Fahrradtraining, Touren und Ausflüge die Voraussetzungen dafür, dass die Teilnehmerinnen untereinander, mit den Trainerinnen sowie Freiburgerinnen und Freiburgern in Kontakt kommen und die regionale Kultur sowie lokale Traditionen kennenlernen. Umgekehrt haben auch die Trainerinnen die Möglichkeit, die Kulturen und Traditionen der Teilnehmerinnen zu erleben. Amira Sadat stellt in ihrem Gastbeitrag das Bike Bridge-Konzept vor.
Sport, Stadtentwicklung und Soziale Stadt
Welche Rolle spielt der Sport im Rahmen des Förderprogramms Soziale Stadt? Während sich auf der Ebene der Kommunen und Quartiere Ansätze stadtteilbezogener Sportförderung für Soziale-Stadt-Gebiete erkennen lassen, sind auf Bundesebene keine solchen unterstützenden Handlungsansätze zur Förderung des Handlungsfelds Sport bekannt. Thomas Helfen stellt in seinem Gastbeitrag Sport als unentdeckte Ressource für Engagement und Inklusion in der Sozialen Stadt vor.
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Planning for Real
Planning for Real ist ein beteiligungsorientiertes Planungsverfahren, welches seit einigen Jahren in Deutschland erfolgreich erprobt und angewandt wird. Planning for Real orientiert sich an den Prinzipien der aktivierenden Gemeinwesenarbeit und wurde in den 1970er Jahren von Tony Gibson im Rahmen der britischen Neighbourhood Initiatives Foundation entwickelt. Ein Kerngedanke des Verfahrens ist die Partizipation der Menschen vor Ort: Planning for Real ermutigt Bürgerinnen und Bürger, bei der (Um-)Gestaltung ihrer unmittelbaren Wohn- und Arbeitsumgebung mitzuwirken – sowohl bei der Planung als auch bei der Umsetzung von Maßnahmen. Die Autorinnen und Autoren der Publikation stellen anhand zahlreicher Praxisbeispiele die einzelnen Verfahrensschritte, die Arbeits- und Kommunikationsprinzipien sowie die klassischen Stolpersteine des Verfahrens ausführlich, anschaulich und handlungsorientiert vor.
Claudia Schwarz et al: Planning for Real. Praxiserfahrungen mit einem gemeinwesenorientierten Beteiligungsverfahren. Bonn 2018, 142 S., 10,00 Euro, ISBN 978-3-941143-08-1
Information und Bestellung
Publikation: Hooligans – Eine Welt zwischen Fußball, Gewalt und Politik
Rechtsextremismus und offene Gewaltbereitschaft sind elementarer Bestandteil der weltweiten Hooligan-Szene. Viele Beispiele gerade aus Deutschland zeigen: immer wieder tragen rechtsextreme Hooligans rassistische Gewalt auf die Straße und üben insbesondere in Fußballstadien politischen Druck auf progressive Teile der Fanszene aus. Der Autor beleuchtet in seinem Buch die Welt der Hooligans zwischen Fußball, Gewalt und Politik. Dabei nimmt er auch die geschäftlichen Beziehungen, politischen Einstellungen und internationalen Netzwerke der Hooligans in den Blick und zeigt nicht zuletzt, welche Rolle Sozialarbeit, politische Bildung und Prävention in der Arbeit mit Hooligans, Fans und Fanszenen spielen.
Robert Claus: Hooligans. Eine Welt zwischen Fußball, Gewalt und Politik. Göttingen 2017, 192 S., 14,90 Euro, ISBN 978-3-7307-0354-0
Information und Bestellung
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchte wir dieses Mal auf:
30.-31.8.2018 in Emsdetten: Bürgerenergie im ländlichen Raum
Veranstaltung der Deutschen Vernetzungsstelle Ländliche Räume
5.-6.9.2018 in Mainz: »Wir zuerst!« – Nationalismus in Europa und Deutschland
Fachtagung der Bundeszentrale für politische Bildung