eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 5/2021 (20.05.2021)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Religion, Zivilgesellschaft und Demokratie
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Netzwerk Engagementförderung: Positionspapier veröffentlicht
Wie wichtig zivilgesellschaftliche Infrastrukturen sind, zeigt sich immer dann, wenn es gilt, gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen. Ob in der Corona-Pandemie oder bei Aufgaben der Integration, Partizipation und Teilhabe, stets sind auch engagementfördernde Einrichtungen zentrale lokale Akteure. Fünf Dachverbände engagementfördernder Infrastrukturen fordern nun in einem Positionspapier bessere Rahmenbedingungen für das bürgerschaftliche und freiwillige Engagement: Engagementstrukturen müssen nachhaltig und verlässlich gefördert, die Verantwortung auf kommunaler Ebene gestärkt werden. Im »Netzwerk Engagmentförderung« haben sich Freiwilligenagenturen, Seniorenbüros, Mehrgenerationenhäuser, Bürgerstiftungen und Selbsthilfekontaktstellen zusammengeschlossen, um die Kräfte der lokalen Organisationen zu stärken und ihre gemeinsamen Interessen in Politik und Öffentlichkeit zu vertreten.
Engagementförderung in Ostdeutschland: Bestandsaufnahme
Die ersten Ergebnisse der von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) geförderten Studie »Engagementförderung in Ostdeutschland« liegen vor. Die Bestandsaufnahme beinhaltet u.a. Auswertungen des Freiwilligensurveys und des ZiviZ-Surveys. In kurzen Länderportraits werden die jeweiligen Strukturen und Besonderheiten der Engagementförderung vorgestellt. Die Bestandsaufnahme bietet damit einen aktuellen Überblick zu den vielfältigen Einrichtungen der Engagementförderung in Ostdeutschland. Über diese ersten Ergebnisse hinaus wollen die Stiftung Bürger für Bürger in Kooperation mit der DSEE, der ZiviZ gGmbH und weiteren Expert/innen die Ergebnisse aus der Bestandsaufnahme weiter auswerten und Handlungsempfehlungen ableiten.
Neues EU-Programm: »Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte«
Die Europäische Union hat ein neues Förderprogramm aufgelegt. In der vergangenen Woche wurde die entsprechende Verordnung zum EU-Programm »Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte« (CERV) verabschiedet. Das Programm setzt sich unter anderem aus den Vorgängerprogrammen »Europa für Bürgerinnen und Bürger« (EfBB) und »Rights, Equality and Citizenship« (REC) zusammen. Ziele des neuen Programms sind der Schutz und die Förderung der in den EU-Verträgen verankerten Rechte und Werte, insbesondere durch die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen und anderer Akteure sowie durch die Stärkung demokratischer Teilhabe und Bürgerbeteiligung. Das Programm fokussiert sich auf vier Aktionsbereiche und Handlungsfelder, die auf die Erhaltung und Weiterentwicklung offener, auf Rechten basierender, demokratischer, gleicher und inklusiver Gesellschaften abzielen. Im Rahmen des Programms sind zurzeit bereits sieben aktuelle Ausschreibungen veröffentlicht.
Bundespreis Kooperative Stadt
Mit dem Bundespreis Kooperative Stadt zeichnet die Nationale Stadtentwicklungspolitik erstmals Kommunen aus, die durch verschiedene Aktivitäten und Beispiele die Arbeit von Bürgerinnen und Bürgern, von Vereinen, Nachbarschaftsgruppen und soziokulturellen Akteuren aktiv fördern und so zu einer breiten Mitwirkung am und Mitgestaltung von Stadtraum beitragen. Prämiert wurde die Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft mit dem Ziel rechtliche, politische und strukturelle Standards der Kooperation zu etablieren, neue Möglichkeitsräume zu eröffnen und die Akteursvielfalt in Städten zu erhöhen. Teilnehmen konnten Kommunen, die gemeinwohlorientiert mit zivilgesellschaftlichen Partner/innen zusammenarbeiten. Nun wurden insgesamt 13 Kommunen ausgezeichnet, die im besonderen Maße kooperative Stadtentwicklungsprojekte vorantreiben, darunter Tübingen, Schwerte, Kiel und Wittenberge. Die Auszeichnung ist für fünf Jahre gültig.
Studie: Zivilgesellschaft in und nach der Pandemie
Auch nach einem Jahr Corona-Pandemie hilft die Zivilgesellschaft mit, die Folgen der Pandemie zu mindern. Aufbauend auf den Ergebnissen einer explorativen Studie aus dem Oktober 2020 gibt die aktuelle Folgestudie des Maecenata-Instituts im Frühjahr 2021 Einblicke aus einer bereichsübergreifenden Organisationsbefragung und Experteninterviews wieder. Zentrales Ziel der Studie ist es, den spezifischen Beitrag der Zivilgesellschaft zur Überwindung der Krise zu untersuchen und ihre Potenziale während der Pandemie hervorzuheben. Zudem wurde ermittelt, wer von staatlichen Hilfsprogrammen profitiert und wie zielführend diese sind. Sichtbar wird, dass die Zivilgesellschaft, ungeachtet der zahlreichen eigenen Herausforderungen, denen sie sich während der Corona-Krise stellen muss, ihren Beitrag zur Überwindung der Pandemie leistet. So haben zwei Drittel der Befragten im Zuge der Pandemie Tätigkeiten ausgeübt, die über den normalen Tätigkeitsbereich hinausgehen. Trotz limitiertem Handlungsspielraum und Einschränkungen durch staatliche Vorgaben gab es nicht nur mehr Arbeit, sondern diese war auch schwieriger und komplexer zu leisten. Die Erstellung der Studie wurde von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt gefördert.
Demokratie 4.0: Beteiligung und Mitverantwortung im Zeichen der Digitalisierung
Die Digitalisierung stellt nicht nur eine technische Entwicklung dar, sondern verändert das gesellschaftliche Zusammenleben grundlegend. Dies betrifft auch zukünftige Formen, Wege und Möglichkeiten der politischen Teilhabe. Die Allianz Vielfältige Demokratie hat dazu gemeinsam mit der Stiftung Zukunft Berlin eine Fachtagung mit internationalen Referent/innen durchgeführt. Die Beiträge und Ergebnisse dieser Tagung wurden jetzt in einer kostenlosen Broschüre zusammengefasst. Sie präsentiert Praxisbeispiele, Konzepte und Überlegungen, mit denen sich durch aktive Nutzung der Digitalisierung Demokratie weiterentwickeln lässt.
Die Broschüre im Wortlaut (PDF)
Im Fokus: Religion, Zivilgesellschaft und Demokratie
Demokratie aus der Kraft des Glaubens
Dass Religion und Demokratie miteinander zu tun haben und sich wechselseitig unterstützen, ist keineswegs selbstverständlich. Auch heute tritt Religion immer wieder im Zusammenhang mit Fundamentalismus, mit der Macht weniger Männer (und noch weniger Frauen) und mit verkrusteten Strukturen in Erscheinung. Doch dieses Bild, das auch durch die mediale Vermittlung geprägt ist, verliert zu leicht aus den Augen, dass es auch und gerade in den Religionen Strömungen und Entwicklungen gegeben hat und gibt, die die Demokratie und entsprechende Einstellungen und Kompetenzen in einer Gesellschaft bewusst fördern wollen. Dr. Annette Scheunpflug stellt in ihrem Gastbeitrag diese Tradition am Beispiel der evangelischen Kirche dar und zeigt, wie Demokratie aus der Kraft des Glaubens entstehen kann.
Kirchenasyl: Eine Praxis gelebter Demokratie
Das freiwillige Engagement für Flüchtlinge findet häufig auch im kirchlichen Umfeld statt. Eine besondere Form der Unterstützung bildet hier die Kirchenasylbewegung, die seit den frühen 1980er Jahren in Deutschland aktiv ist. Zurzeit werden etwa 500 Menschen in Deutschland in Kirchenasylen betreut. Mit dem Kirchenasyl setzen sich engagierte Kirchengemeinden und Ordensgemeinschaften dafür ein, Abschiebungen zu stoppen und Betroffenen zu ihrem Recht auf ein Leben in Würde zu verhelfen. Diese Menschenrechtspraxis ist gerade angesichts einer zunehmend restriktiven Migrationspolitik immer wichtiger, meint der Theologe Benedikt Kern. In seinem Gastbeitrag skizziert er den aktuellen Stand der Kirchenasyl-Praxis in Deutschland.
Demokratie, Religion und Vielfaltsdiskurse: Ein Spannungsfeld?
Mit dem vermeintlichen Spannungsverhältnis von Demokratie, Religion und Vielfalt beschäftigt sich ein aktuelles Projekt, das Tanja Berg in ihrem Gastbeitrag vorstellt. Dabei liegt der Fokus darauf, Religion als Fakt im Leben von Menschen, als prägendes Element von Kultur(en), Denken, Haltungen und auch Handlungsmotivationen in Gesellschaften, für Kollektive und Individuen zu verstehen. Religion wird als Ressource und nicht als Problem oder als Thema der Prävention gesehen. Im Mittelpunkt des von der Bundeszentrale für politische Bildung geförderten Projekts steht die Frage: kann die Beschäftigung mit den unterschiedlichen Vorstellungen von Religion helfen, in einer von Diversität geprägten Gesellschaft ein Mehr an Demokratie zu befördern?
»Die Kirche(n) im Dorf lassen«: Gottesdienste an der Kante
Die ökumenische Initiative »Die Kirche(n) im Dorf lassen« setzt sich für den Erhalt der vom Tagebau bedrohten Kirchen und Dörfer im Rheinischen Braunkohlerevier ein und betrachtet diesen Einsatz als untrennbar verbunden mit dem Kampf für globale Klimagerechtigkeit. Die Klimaktivistinnen Cornelia Senne und Negen Jansen sind seit über einem Jahr mit der Initiative im Rheinischen Braunkohlerevier unterwegs. In ihrem Gastbeitrag stellen sie deren besondere Arbeit vor.
3. Ökumenischer Kirchentag 2021: Rückblick und Mediathek
In der vergangenen Woche ist in Frankfurt am Main der 3. Ökumenische Kirchentag zu Ende gegangen. Der Ökumenische Kirchentag wurde in diesem Jahr rein digital durchgeführt. Die allermeisten Veranstaltungen, Podien und Diskussionsrunden zu unterschiedlichsten Themen wurden aufgezeichnet und sind für alle Interessierten noch bis Ende 2021 in einer Mediathek online abrufbar.
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Grundrechte-Report 2021
Unter dem Titel »Ungleiche (Un-)Freiheiten in der Pandemie« beschäftigt sich der Grundrechte-Report 2021 schwerpunktmäßig mit den Grundrechtseingriffen während der Covid-19 Pandemie. Der Bericht wirft ein Schlaglicht auf die Einschränkungen der Versammlungsfreiheit, die Zumutungen der Coronakrise für die Beschäftigten im Gesundheitssektor, die prekären Bedingungen in Schlachtbetrieben, den fehlenden Schutz vor Corona in Geflüchteten-Unterkünften und die ungleichen Auswirkungen der Pandemie im Bildungsbereich. Weitere Beispiele für die Einschränkung von Grundrechten betreffen unter anderem rassistische Polizeigewalt, staatliche Überwachung, den ausbleibenden Klimaschutz und die Verschärfung von sozialer Ungleichheit.
Benjamin Derin, Jochen Goerdeler, Rolf Gössner, Wiebke Judith, Hans-Jörg Kreowski, Sarah Lincoln, Paul Nachtwey, Britta Rabe, Lea Welsch, Rosemarie Will (Hrsg.): Grundrechte-Report 2021. Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland. Frankfurt am Main 2021, 267 S., 12,00 Euro, ISBN 978-3-596-70622-8
Publikation: Kommunales Open Government
Was versteht man unter Open Government und wie funktioniert es in der kommunalpolitischen Praxis? Welche Erfahrungen haben Kommunen unter anderem in Modellprojekten nicht nur in Deutschland gemacht und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für künftige Projekte? Und welche neuen Perspektiven ergeben sich für das Open Government durch die Digitalisierung? Der Sammelband bündelt Erfahrungen aus der Arbeit vor Ort und macht sie für interessierte kommunale Praktiker/innen aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft nutzbar.
Ralf Laumer (Hrsg.): Kommunales Open Government. Grundlagen, Praxis, Perspektiven. Marburg 2021, 272 S., 22,00 Euro, ISBN 978-3-96317-246-5
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im regelmäßig aktualisierten Veranstaltungskalender (zur Zeit in Wartungsarbeiten) des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Momentan werden im Rahmen der aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie viele Veranstaltungen abgesagt oder in den virtuellen Raum verlegt. Bitte infomieren Sie sich frühzeitig im Internet über die Angebote von zivilgesellschaftlichen Organisationen. Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
2. und 3. Juli 2021 online: Zusammen politisch aktiv: als Gruppe handlungsfähig sein
2-teiliger Online-Workshop von Stiftung Mitarbeit und Bewegungsakademie
7.-11. Juni 2021 online: Gemeinsam Zusammenhalt gestalten!
Digitaler Deutscher Stiftungstag 2021
1. und 2. Juli 2021 online: Ehrenamtskongress Bayern