eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 1/2021 (22.01.2021)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Zivilgesellschaft und Organisationsentwicklung
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Netzwerkprogramm »Engagierte Stadt«: Neue Städte gesucht
Engagierte Städte entstehen dort, wo sich Menschen aus gemeinnützigen Organisationen, der öffentlichen Verwaltung und Unternehmen gemeinsam dafür einsetzen, gute Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement und Beteiligung vor Ort zu schaffen. Seit 2015 fördert das Netzwerkprogramm »Engagierte Stadt« den Aufbau bleibender Engagementlandschaften in ausgewählten Städten und Gemeinden Deutschlands. Seitdem sind belastbare und gut aufgestellte Netzwerke in den beteiligten Städten entstanden, die Bedingungen für bürgerschaftliches Engagement und Beteiligung vor Ort haben sich verbessert. Aktuell gibt es bundesweit 73 Engagierte Städte, 2021 soll das Netzwerk auf bis zu 100 Städte, Gemeinden und Stadtteile anwachsen. Bis zum 10. März 2021 können Städte, Stadtteile und Gemeinden mit 10.000 bis 250.000 Einwohner/innen ihr Interesse über ein Bewerbungsformular online bekunden. Vorausgesetzt wird eine Kooperation zwischen mindestens drei Akteur/innen aus der kommunalen Verwaltung und der Zivilgesellschaft sowie optional aus der Wirtschaft. Das Programm wird ab Juli 2020 auf Bundesebene durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie mehrere Stiftungen getragen, die Geschäftsstelle ist beim Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) angesiedelt.
Bürgerrat: Deutschlands Rolle in der Welt
Seit dem 13. Januar 2021 läuft der zweite losbasierte bundesweite Bürgerrat: Auf zehn Online-Veranstaltungen werden bis zum 20. Februar 160 ausgeloste Bürgerinnen und Bürger aus ganz Deutschland Empfehlungen dazu erarbeiten, wie die Bundesrepublik künftig auf der weltpolitischen Bühne auftreten soll. Diskutiert werden die fünf Themenbereiche Nachhaltige Entwicklung, Wirtschaft und Handeln, EU-Außenpolitik, Frieden und Sicherheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Auf Grundlage der erarbeiteten Empfehlungen wird ein Bürgergutachten erstellt, das Mitte März 2021 an den Deutschen Bundestag übergeben und im Anschluss der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Der Bürgerrat wird getragen durch den Fachverband Mehr Demokratie und von weiteren Partnern aus Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft unterstützt.
Europäische Bürgerinitiative: »Voters without borders«
Seit 2012 gibt es die Europäische Bürgerinitiative. Durch eine Europäische Bürgerinitiative wird die Europäische Kommission in der Regel aufgefordert, eine Gesetzesinitiative einzubringen. Die Ende August 2020 gestartete Europäische Bürgerinitiative »Voters without borders – uneingeschränkte politische Rechte für die Bürgerinnen und Bürger der EU« geht nun in die zweite Runde: Bis zum 11. Dezember 2021 können Menschen aus ganz Europa die Initiative mit ihrer Unterschrift unterstützen. Die Initiative setzt sich für uneingeschränkte politische Rechte für die Bürgerinnen und Bürger der EU ein. Sie verfolgt unter anderem das Ziel, die Bürgerbeteiligung in Europa zu verbessern und insbesondere Reformen zur Stärkung des aktiven und passiven Wahlrechts der Unionsbürgerinnen und -bürger zu ermöglichen.
Bürgerdialog: Chancen und Risiken der Bioökonomie
Statt fossile Ressourcen wie Erdöl, Kohle und Erdgas zu nutzen, setzt die Bioökonomie mit Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen auf nachwachsende Rohstoffe und Organismen, um Produkte und Energieträger herzustellen, ohne die planetaren Belastungsgrenzen zu überschreiten. Mit einem Bürgerdialog möchte das Bundesamt für Naturschutz das Konzept der Bioökonomie bekannter machen und mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern darüber ins Gespräch kommen. Ziel des Bürgerdialogs ist es, die unterschiedlichen Vorstellungen, Ansprüche und Gestaltungswünsche von Bürgerinnen und Bürger an eine zeitgemäße Bioökonomie zu ermitteln. Rückmeldungen sind noch bis zum 28. Februar 2021 möglich.
Themendossier: Kommunale Migrations- und Flüchtlingspolitik
Städte und Gemeinden sind seit Jahrzehnten in der Integrationspolitik aktiv. Seit einigen Jahren äußern sie sich aber auch verstärkt zur Gestaltung von Zuwanderung und zur Aufnahme von Geflüchteten. Ob mit Blick auf Seenotrettung oder die Wohnsitzwahl von anerkannten Flüchtlingen: Kommunen haben eine Diskussion über ihre Rolle in der Migrations- und Asylpolitik angestoßen. Was wollen die Kommunen erreichen, vor welchen Problemen und Herausforderungen stehen sie? Welche Rolle kommt ihnen im Mehrebenensystem mit Blick auf migrationspolitische Fragen zu? Diesen Fragen geht ein aktuelles Themendossier der Bundeszentrale für politische Bildung nach. Ein Beitrag stellt beispielsweise fest, dass Kommunen sich politisch für größere Handlungsspielräume in der Migrations- und Flüchtlingspolitik einsetzen. Dies ist eine deutliche Abkehr von ihrem bisherigen, auf lokal Machbares konzentrierten Selbstverständnis als »Orte der Integration«. Kommunale Migrationspolitik wird in diesem Sinne politischer.
Studie: Migrantenorganisationen als gestaltende Kraft in der Gesellschaft
Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration hat sich in einem Forschungsprojekt von 2018 bis 2020 intensiv mit der Rolle von Migrantenorganisationen befasst. In einer breit angelegten Befragung, einer Bestandsaufnahme sowie leitfadengeführten Interviews wurde deutlich: Migrantenorganisationen sind als Partner für Politik und Gesellschaft eine gestaltende Kraft in der Gesellschaft. Geht man vom Selbstverständnis der Organisationen aus, lässt sich die Landschaft der Migrantenorganisationen in drei Typen einteilen: multifunktional teilhabeorientierte Organisationen, kulturpflegende Organisationen und Organisationen, die politische Interessen vertreten. Die Studie zeigt, dass Migrantenorganisationen heute professioneller aufgestellt und in viele Netzwerke mit zivilgesellschaftlichen und staatlichen Akteurinnen und Akteuren eingebunden sind. Die Studie formuliert auch Handlungsempfehlungen, beispielsweise, Migrantenorganisationen stärker in allgemeine fachliche Strukturen einzubinden, die nicht auf ihren Migrationshintergrund bezogen sind.
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Im Fokus: Zivilgesellschaft und Organisationsentwicklung
Diversitätsorientierte Organisationsentwicklung: Was, warum, wie?
Zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen verfolgen das Ziel, direkt oder indirekt zu einer gerechteren und inklusiveren Gesellschaft beizutragen. Sie bemühen sich darum, viele unterschiedliche Menschen zu erreichen, zu aktivieren und zu unterstützen. Doch wie kann es im Alltag vor diesem Hintergrund gelingen, die eigene Organisation diversitätsorientiert weiterzuentwickeln? Dr. Andrés Nader stellt in seinem Gastbeitrag einen entsprechenden Handlungsansatz vor.
Strategy Pocket Lab: Strategische Schachzüge in unsicheren Zeiten
Das Strategy Pocket Lab stellt ein kompaktes Strategieformat dar, das unter anderem Elemente der Transformativen Szenario-Planung und der Chancenorientierten Entwicklung kombiniert. In einem halbtägigen Workshop werden Entwicklungsbedarfe umrissen, kritische Unsicherheiten und relevante Umweltszenarien untersucht und der nächste strategische »Schachzug« einer Organisation abgeleitet. Das Lab kann als Live-Workshop oder als Online-Sitzung durchgeführt werden. Andreas Knoth stellt die Methode, deren Grundgedanken und Anwendungsfelder in einem Gastbeitrag vor.
Betriebsräte in Stiftungen
Was ist die Aufgabe von Betriebsräten? Was sind die Vorteile für Organisationen, wenn sie Betriebsräte inkorporieren? Was sind die Gründe dafür, dass Betriebsräte in Stiftungen als randständig betrachtet werden? Was können Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter aus Stiftungen tun, um die Wirkung und die Initiativkraft von Betriebspartnerschaften in ihren Organisationen voranzubringen? Diese Fragen diskutiert Dr. Gerd Placke in seinem Gastbeitrag. Ziel ist es, eine notwendige Debatte über einen konzertierten Dialog zwischen Betriebsräten und Stiftungsleitungen anzustoßen.
Digitalisierung in der Organisationsentwicklung
Im »Forum Digitalisierung und Engagement« des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE) liegt ein Schwerpunkt auf Fragen der Organisationsentwicklung im zivilgesellschaftlichen Sektor. Welche Bedarfe, Herausforderungen und Chancen kommen auf Organisationen zu, wenn sie die Möglichkeiten der Digitalisierung in die Organisationsentwicklung integrieren? Diese Fragen wurden auf einem Workshop des Forums im vergangenen Jahr anhand der Erfahrungen u.a. im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) mit ihrem eigenen digitalen Wandel diskutiert. Ein Workshopbericht mit dem Titel »Kreative Frühbeete für Digitalisierung schaffen – Dinge ausprobieren und ins Schaufenster stellen« ist im eNewsletter des BBE veröffentlicht. Das zweite Dialogforum wird den Themenschwerpunkt Organisationsentwicklung erneut aufgreifen. Es findet online am 3.-4. März 2021 statt.
Agathe hilft: Agiles Methodenwissen für gemeinnützige Organisationen
Agiles Arbeiten kommt ursprünglich aus dem Projektmanagement der Softwareentwicklung und ist im Managementkontext von Unternehmen weit verbreitet. Agil meint beweglich, flink, dynamisch. Wie können gemeinnützige Organisationen den Grundansatz des Agilen Arbeitens und Methodenwissen dazu nutzen? »Agathe hilft« ist eine Lernplattform, die gemeinnützige Organisationen bei ihrer Projektarbeit unterstützt. Zum Einstieg werden unter dem Motto »Agathes Sprechstunde für gemeinnützige Projekte« monatliche Treffen angeboten. Dort können Interessierte Hilfestellungen bekommen und sich mit anderen Engagierten aus Vereinen, Verbänden und Initiativen austauschen und entwickeln. »Agathe« ist eine Kunstfigur, die durch die Lernplattform führt. Die Lernplattform ist ein kostenloses Angebot, das unter anderen von der Deutschen Umweltstiftung getragen wird. Das Projekt wird gefördert durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Brandenburg.
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Organisation und Zivilgesellschaft
Der Band diskutiert die Besonderheiten von Organisationalem Lernen in, von und zwischen
zivilgesellschaftlichen Organisationen. Zivilgesellschaft bildet den Kontext von Lernprozessen, Lernen findet aber auch zwischen Organisationen unterschiedlicher gesellschaftlicher Sektoren statt, schließlich können zivilgesellschaftliche Organisationen selbst als lernende Akteure verstanden werden. Zivilgesellschaft wird zwischen Staat, Markt und privaten Haushalten verortet. Ihr werden unterschiedliche gesellschaftliche Rollen und Funktionen zugeschrieben, die Konsequenzen für das Verständnis von Lernprozessen haben. In den Beiträgen werden diese spezifischen Aspekte einer organisationspädagogischen Verhältnisbestimmung von Organisation und Zivilgesellschaft analysiert und diskutiert.
Schröer, Andreas / Engel, Nicolas / Fahrenwald, Claudia / Göhlich, Michael / Schröder, Christian / Weber, Susanne Maria (Hrsg): Organisation und Zivilgesellschaft. Beiträge der Kommission Organisationspädagogik, Heidelberg 2020, 276 S., 49,99 Euro, ISBN 978-3-658-18004-1
Publikation: Arbeit im Verein
Eine lebendige Demokratie und eine starke Zivilgesellschaft sind auf das bürgerschaftliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Das freiwillige Engagement im Verein ist dabei kein Auslaufmodell, sondern immer noch der Regelfall: Eingetragene Vereine machen mit mehr als 90 Prozent den größten Teil der Organisationen des Dritten Sektors aus. Doch wie gründe ich überhaupt einen Verein? Wie formuliere ich eine Satzung? Wie gelingt eine virtuelle Mitgliederversammlung? Und welche rechtlichen und organisatorischen Herausforderungen gilt es im Spannungsfeld von Gemeinnützigkeit und Abgabenordnung zu beachten? Der Autor gibt zahlreiche praxisnahe, handlungsorientierte und alltagstaugliche Tipps zur ehrenamtlichen Arbeit im Verein. Und er zeigt nicht zuletzt, was Vereine als Ausdruck gelebter gesellschaftlicher Selbstorganisation und Solidarität mit Demokratie zu tun haben.
Christoph Hüttig: Arbeit im Verein. Vereinsgründung, Rechtsgrundlagen und Leitprinzipien demokratischer Vereinsführung. Bonn 2020, 2. überarbeitete und aktualisierte Auflage, 124 S., 12,00 Euro, ISBN 978-3-941143-32-6
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im <link mitteilen nuetzliches termine-veranstaltungen veranstaltungskalender _blank external-link-new-window external link in new>Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchte wir dieses Mal auf:
Zahlreiche Veranstaltungen sind im regelmäßig aktualisierten Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Zur Zeit werden im Rahmen der aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie viele Veranstaltungen abgesagt oder in den virtuellen Raum verlegt. Bitte infomieren Sie sich frühzeitig im Internet über die Angebote von zivilgesellschaftlichen Organisationen. Besonders hinweisen möchte wir dieses Mal auf:
18.2.2021 online: Digtale Demokratie und adhocracy+
Einführung in die Beteiligungsplattform adhocracy+
1.3.2021 online: Digitale Werkzeuge erleichtern die Vereinsarbeit!?
Ein digitaler Tagesworkshop der Akademie für Ehrenamtlichkeit