eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 1/2018 (24.01.2018)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Demokratie braucht Rückenwind
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Gesucht: Vorbildliche Bürgerbeteiligung
Das Bundesumweltministerium sucht zusammen mit dem Umweltbundesamt im Rahmen eines aktuellen Wettbewerbs vorbildliche Bürgerbeteiligungsprojekte aus dem ganzen Bundesgebiet. Die guten Beispiele sollen einen Impuls geben, um die Qualität von Bürgerbeteiligungsprozessen weiter zu steigern. In die Preiskategorie »Vorhaben« fallen Bürgerbeteiligungsprojekte mit einem definierbaren räumlichen Bezug, zum Beispiel Beteiligungsprojekte zur Gestaltung von Stadtquartieren. Die Kategorie »Regelungen« bezieht sich auf Beteiligungsverfahren zu Regelungsvorhaben und Gesetzesentwürfen. Zur Kategorie »Strategien« gehören Verfahren, bei denen Positionen, Ideen und Vorschläge von Bürgerinnen und Bürgern zur zukünftigen programmatischen oder strategischen Politikgestaltung gesammelt werden. Für besonders innovative Projekte wird zudem ein Sonderpreis vergeben. Mitmachen können alle, die vorbildliche Bürgerbeteiligungsprozesse vor allem im Bau-, Städtebau- und Umweltbereich durchgeführt haben. Bürgerinnen und Bürger können außerdem ein Bürgerbeteiligungsprojekt nominieren und für die Teilnahme am Wettbewerb vorschlagen. Die eingereichten Projekte werden von einer interdisziplinär zusammengesetzten Expertenjury sowie einer Bürgerjury bewertet. Bewerbungen und Nominierungen sind noch bis zum 31. März 2018 möglich.
Umfrage: Bürgerbeteiligung und Energiewende
Die Energiewende ist ohne die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürgern kaum umzusetzen. Beteiligungsverfahren im Rahmen der Energiewende werden zurzeit bei verschiedensten Energieprojekten in Deutschland durchgeführt: Die Bandbreite reicht vom Ausbau Erneuerbarer Energie-Anlagen bis zu Fragen zur Lagerung von Atommüll. Die Wirkung von solchen Beteiligungsprozessen wird bereits wissenschaftlich untersucht, aber es bestehen noch einige Wissenslücken. Das Institut für Energie- und Klimaforschung des Forschungszentrums Jülich hat in diesem Kontext einen Online-Fragebogen entwickelt, der sich an alle Personen richtet, die in den vergangenen drei Jahren an Beteiligungsverfahren in diesem Kontext teilgenommen haben. Ziel der Umfrage ist es zu erheben, welche Erfahrungen die Teilnehmer/innen dabei gemacht haben. Die Teilnahme ist anonym bis Ende Februar 2018 möglich.
Landessportbund NRW: Initiative zur Stärkung des Ehrenamts
Mehr Menschen als bisher für das freiwillige Engagement im Sportverein zu motivieren: das ist das Ziel der landesweiten »Ehrenamtsinitiative 2018-2022«, die der Landessportbund NRW mit Unterstützung der NRW-Landesregierung gestartet hat. Mit der Initiative will der Dachverband die für den Sport wichtigen Themen Ehrenamt und Engagement verstärkt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken und neue Ansätze zur Arbeit mit Freiwilligen erproben. Demnach sollen beispielsweise mithilfe der Initiative vom Landessportbund ausgebildete Ehrenamtsberater/innen die Vereine vor Ort unterstützen. Diese sollen dabei helfen, in den Vereinen eine systematische Ehrenamts- und Engagementförderung zu implementieren und eine engagementfreundliche Organisationskultur zu entwickeln. In den knapp 19.000 Sportvereinen Nordrhein-Westfalens sind etwa 500.000 Menschen ehrenamtlich engagiert.
Weitere Informationen
So wirkt Engagement: Ehrenamtsförderung in der Arbeit mit Geflüchteten
Seit 2015 sind die hauptamtlichen Strukturen zur Unterstützung der Engagierten in der Flüchtlingsarbeit deutlich ausgebaut worden. Eine neue Broschüre gibt Einblick in die Praxis der Koordination und Qualifizierung von freiwillig Engagierten in der Geflüchtetenarbeit und skizziert dabei zentrale Herausforderungen und neue Entwicklungen. Dabei geht es auch um Partizipationschancen von Geflüchteten im Ehrenamt, um Tandem-Projekte, Sprachmittlungsprojekte und Konflikte zwischen der Abschiebepraxis und der ehrenamtlichen Begleitung von Geflüchteten. Die Broschüre entstand in dem Projekt »Koordinierung, Qualifizierung und Förderung des ehrenamtlichen Engagements für Flüchtlinge«, das von mehreren Wohlfahrtsverbänden umgesetzt wird. Dank des bundesweiten Projekts konnten an vielen Orten hauptamtliche Stellen zur Ehrenamtskoordination eingerichtet werden.
Kampagne: »Mensch, Du hast Recht!«
Die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen feiert in diesem Jahr ihren 70. Geburtstag. Seit ihrer Verkündung finden Menschenrechte Eingang in internationale Vereinbarungen, völkerrechtlich bindende Konventionen und nationale Verfassungen. Obwohl sich die Staaten der Vereinten Nationen auf diese Rechte verpflichtet haben, müssen sie dennoch immer wieder neu ins Bewusstsein gerufen werden. Vor diesem Hintergrund hat der Paritätische Wohlfahrtsverband im Jubiläumsjahr 2018 unter dem Motto »Mensch, du hast Recht!« eine Menschenrechtskampagne gestartet. Während des gesamten Jahres sind bundesweit zahlreiche Veranstaltungen und Aktivitäten zu den zentralen Themenfeldern Wohnen, Gesundheit, Bildung, Selbstbestimmung, Teilhabe und Schutz geplant. Außerdem wird in Kürze ein Menschenrechtsblog online gehen, der konkrete Praxisbeispiele zum Thema Menschrechte vorstellt. Ziel ist es, Ideen, Bildungsangebote, Beispiele aus der Praxis und politische Forderungen zusammenzutragen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Allianz Vielfältige Demokratie: Abschluss und Vorschläge
Nach zweijähriger Arbeit hat die von der Bertelsmann Stiftung angestoßene Allianz Vielfältige Demokratie zum Abschluss ihrer Arbeit konkrete Vorschläge zum Ausbau der Demokratie in Deutschland unterbreitet. Die in der Allianz versammelten Akteure aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft schlagen vor, die erprobten Verfahren der repräsentativen Demokratie um dialogorientierte und direktdemokratische Elemente zu ergänzen. Die Demokratie der Zukunft müsse die vielfältigen und unterschiedlichen Beteiligungswege integrieren und besser miteinander verzahnen. Darüber hinaus haben die Mitglieder der Allianz weitere Empfehlungen und Hilfestellungen für die Praxis erarbeitet. So skizziert ein Vorschlag, wie beispielsweise Bürgerinnen und Bürger an der Erarbeitung von neuen Gesetzen mitarbeiten können. Die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen der Allianz stehen kostenlos im Netz zum Abruf bereit.
Weitere Informationen
Im Fokus: Demokratie braucht Rückenwind
Bürgergesellschaft und Demokratie neu denken
Sicher scheint in Sachen Demokratie aktuell nur, dass es, so wie es ist, nicht bleiben wird: zu dieser Einschätzung gelangt Prof. Dr. Roland Roth in seinem Gastbeitrag. Für ihn ist klar: Politische Neutralität ist unter diesen Umständen keine Tugend, denn der Verzicht auf Einmischung stärkt im Zweifel jene Kräfte, die autoritäre Rückbildungen anstreben. Doch wie lässt sich vor diesem Hintergrund die vielfältige Demokratie stärken? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit in einer dominant repräsentativen Demokratie direkte und dialogorientierte Verfahren, aber auch Protest und bürgerschaftliches Engagement als Korrektiv und Ergänzung zu einem demokratischen Qualitätszuwachs führen können? Roland Roth beschreibt die ambivalente Lage in Sachen Demokratie und zeigt Herausforderungen und Handlungsoptionen auf.

Freiwilligenagenturen in der Demokratie
Wie werden Freiwilligenagenturen zu Lobbyisten für Demokratie? Wie können Freiwilligenagenturen kommunale Beteiligungsstrukturen mitgestalten? Wie bringen sich Freiwilligenagenturen in die lokale Demokratieentwicklung ein? Dies waren nur einige der Fragen, mit denen sich etwa 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im November 2017 im Rahmen der 22. Jahrestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen und der Stiftung Mitarbeit in Berlin auseinander gesetzt haben. Dabei wurde deutlich, dass ein politischeres Selbstverständnis von Freiwilligenagenturen eine klare Haltung und konkretes Handeln erfordert. Ein bunter Rückblick auf die Tagung mit zahlreichen Materialien aus Plenum und Workshops steht ab sofort im Netz zum Abruf bereit.
Impulspapier: Starke Zivilgesellschaft jetzt
Das Recht auf Engagementurlaub oder -freistellung, ein Zukunftsfonds aus Bundesmitteln für den Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen und die Bereitstellung erschwinglicher Immobilien durch die Kommunen für Engagement: das sind einige der Impulse, die neun zivilgesellschaftliche Organisationen in einem gemeinsamen Positionspapier formulieren. Darin betonen sie die Notwendigkeit, die Entwicklung starker und unabhängiger zivilgesellschaftlicher Strukturen zu befördern. Sie fordern darüber hinaus ein Ministerium für Zivilgesellschaft und Vielfalt und einen Hauptausschuss für Zivilgesellschaft im Deutschen Bundestag. Zu den Initiator/innen des Papiers gehören unter anderen die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen, die Stiftung Bürgermut sowie die Phineo gAG.
Das Impulspapier im Wortlaut (PDF)
Netzwerk Bürgerbeteiligung: Gute Beispiele für eine lebendige Demokratie
Demokratie braucht Rückenwind: Unter diesem Motto steht auch ein aktueller Themenschwerpunkt im Netzwerk Bürgerbeteiligung. Darin zeigen verschiedene Beiträge unterschiedliche Ansatzpunkte auf, wie sich Demokratie praxisnah stärken lässt. Im Rahmen des Netzwerks haben die Aktiven zudem eine Sammlung von Ideen, Initiativen und Inspirationen für eine lebendige Demokratie veröffentlicht. Netzwerker/innen, und solche die es werden wollen, sind eingeladen, der Sammlung weitere gute Beispiele hinzuzufügen.
Weitere Informationen
»Demokratie beginnt mit uns«: Ein Praxisbeispiel aus Bremen
Die Bremer Initiative »Demokratie beginnt mit uns – mit Dir und mit mir« hat sich im vergangenen Jahr gegründet. Dabei steht bei den Initiator/innen die Überlegung im Vordergrund, sich nicht dem Frust über gesellschaftliche Entwicklungen hinzugeben, sondern stattdessen selbst aktiv zu werden. Die Initiative möchte ihre eigene, positive Haltung zur Demokratie zeigen und andere zum Mitmachen animieren. Ob Demokratie-Picknick oder ein öffentlicher Speakers Corner: Heike Blanck stellt in ihrem Gastbeitrag die Arbeit und die ersten Erfolge der Initiative vor.

Demokratiefrische: Neues Netzwerk für Demokratie-Initiativen
Unter dem Motto »Demokratiefrische« haben sich neue zivilgesellschaftliche Organisationen und Initiativen zusammengefunden, die sich auf jeweils eigene Weise für eine Erneuerung und Vitalisierung der Demokratie in Deutschland einsetzen. Dabei verstehen sich die verschiedenen Akteure als ein Netzwerk, das den demokratischen Dialog beleben und aktiv gestalten will. Nach eigenen Angaben erreichen die 13 bislang im Netzwerk vertretenden Organisationen über 100.000 Menschen in Deutschland und Europa.
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Legitimität direkter Demokratie
Wie demokratisch sind Volksabstimmungen? Das sinkende Vertrauen der Bürger/innen in ihre politischen Repräsentant/innen und die Entfremdung von den etablierten Parteien haben in den letzten Jahren zu einer Intensivierung der wissenschaftlichen Debatte um mehr direkte Demokratie geführt. Die Publikation fasst zentrale Argumente dieses Diskurses zusammen und untersucht anhand von theoretischen Reflexionen und empirischen Fallstudien die Legitimität direkter Demokratie. Es wird kritisch hinterfragt, ob Volksabstimmungen dazu in der Lage sind, zentrale Herausforderungen zeitgenössischer Demokratie erfolgreich zu bewältigen.
Merkel, Wolfgang / Ritzi, Claudia (Hrsg.): Die Legitimität direkter Demokratie. Wie demokratisch sind Volksabstimmungen? Wiesbaden 2017, 244 S., 44,99 Euro, ISBN 978-3-658-16232-0, eBook 34,99 Euro, ISBN 978-3-658-16233-7
Publikation: Okulare Demokratie
Mit dem Begriff »Okulare Demokratie« formuliert der Autor eine grundlegend neue Theorie demokratischer Teilhabe. Dabei wird der Blick der Bürger/innen als Instrument demokratischer Kontrolle hervorgehoben, in dessen Fokus nicht Inhalte, sondern die öffentliche Performance von Spitzenpolitiker/innen steht. Der Band stellt diese Demokratietheorie vor und macht den Ansatz sowie die Diskussion um ihn erstmals für den deutschen Diskurskontext zugänglich. Die Beiträge greifen dabei die Debatte um die Krise der repräsentativen Demokratie auf und untersuchen die Potenziale einer plebiszitären Zuschauerdemokratie.
Hammer, Dominik / Kajewski, Marie-Christine (Hg.): Okulare Demokratie. Der Bürger als Zuschauer. Bielefeld 2017, 198 S., 29,99 Euro, ISBN 978-3-8376-4004-5
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
15.3.2018 in Berlin: CSR, Leadership und Kooperation
UPJ-Jahrestagung 2018
16.-17.3.2018 in Münster: Konfliktmoderation in Gruppen
Ein Methodenseminar der Stiftung Mitarbeit