eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft Nr. 6/2014 (28.03.2014)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Engagement für Demokratie und Toleranz
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Motive politischer Aktivität junger Erwachsener im Netz
Das Internet ist für junge Menschen ausschließlich ein Ort der Zerstreuung und Unterhaltung – so das gängige Klischee. Dass junge Menschen das Netz intensiv nutzen, um auf politische Missstände aufmerksam zu machen und sich an politischen Prozessen zu beteiligen, zeigt nun eine Studie zu den Motiven politischer Aktivität junger Erwachsener im Internet, die von der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg durchgeführt wurde. Allerdings konstatiert die Studie auch, dass das Internet bislang nur wenige junge Menschen politisch mobilisieren kann, die sich »offline« nicht beteiligen. So sind vor allem diejenigen jungen Erwachsenen politisch interessiert und engagiert, die einen überdurchschnittlich hohen sozio-ökonomischen Status aufweisen. Gering gebildete und einkommensschwache Bevölkerungsgruppen enthalten sich häufiger als andere Teile der Bürgerschaft der Beteiligung am politischen Prozess. Das Internet konnte an dieser Situation nichts verändern, der »Trend der wachsenden Beteiligungskluft zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen hält an«, so ein Fazit der Autor/innen. Zudem zeigt die Studie, dass sich die meisten politisch Aktiven nicht nur im Internet engagieren, sondern sowohl klassische als auch neue Beteiligungsformen nutzen. Die Studie basiert auf einer repräsentativen telefonischen Befragung von 1.000 jungen Erwachsenen im Alter zwischen 22 bis 35 Jahren.
Die Studie im Wortlaut (PDF)
Kommunale Leitlinien für Bürgerbeteiligung
Ob Darmstadt, Heidelberg, Leipzig, Potsdam oder aktuell Bonn: Immer mehr Kommunen in Deutschland erstellen vor Ort Leitlinien, Handlungsempfehlungen oder andere verbindliche Regelungen zur kommunalen Bürgerbeteiligung. Mit den Leitlinien verpflichten sich kommunale Amts- und Mandatsträger/innen dazu, grundlegende Qualitätskriterien der Bürgerbeteiligung zu beachten. Darauf aufbauend wird ein konkreter Rahmen für Beteiligungsverfahren erstellt: wer kann auf welchem Wege Bürgerbeteiligung initiieren, wie werden die einzelnen Verfahrensschritte aufeinander abgestimmt, auf welchem Weg fließen die Ergebnisse der Beteiligungsverfahren in den kommunalen Entscheidungsprozess ein? Die Leitlinien werden in der Regel in einem dialogischen Verfahren zwischen Verwaltung, Politik, Einwohner/innen und der organisierten Zivilgesellschaft erarbeitet. Das Netzwerk Bürgerbeteiligung hat nun eine informative und ausführliche Liste von Kommunen erstellt, in denen bislang kommunale Leitlinien und Qualitätskriterien für Bürgerbeteiligung erarbeitet worden sind. Die Liste steht online zur Ansicht bereit.
Weitere Informationen
ZiviZpraxis: Strukturen für Engagement
Ob im dörflichen Raum oder im Kiez einer Millionenstadt – bürgerschaftliches Engagement findet überwiegend in lokalen Zusammenhängen statt. Freiwillige und potentielle Förderer stehen heute einer wachsenden Vielfalt von Engagementformen und -möglichkeiten gegenüber. Dadurch rücken lokale Anlaufstellen in den Fokus, von denen es etwa 3.000 in Deutschland gibt. Sie beraten und vermitteln Engagierte, vernetzen Einrichtungen und leisten Öffentlichkeitsarbeit. Eine aktuelle Broschüre stellt nun die wichtigsten Typen lokaler Anlaufstellen steckbriefartig vor: von der Bürgerstiftung über die Freiwilligenagentur und das Seniorenbüro bis zur Selbsthilfekontaktstelle. Das Papier enthält außerdem Bausteine einer kommunalen Engagementpolitik, die u. a. der mangelnden Ressourcenausstattung vieler Anlaufstellen entgegen wirken soll. Gute Beispiele für strategische Engagementförderung aus einem Dorf, einer kleinen Mittelstadt und einer Großstadt zeigen, welche Wege eingeschlagen werden können. Die Veröffentlichung von »Zivilgesellschaft KONKRET« erfolgt seit 2013 im Rahmen von ZiviZpraxis, einem Projekt zur Zivilgesellschaftsforschung der Bertelsmann Stiftung, des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft und der Fritz Thyssen Stiftung.
Weitere Informationen (PDF)
BaS: Mitwirken, Mitgestalten, Mitbestimmen
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenbüros (BaS) beschäftigt sich in einem aktuellen Impulspapier mit dem engen Zusammenhang von bürgerschaftlichem Engagement und gesellschaftlicher Partizipation. Sie greift damit wesentliche Aspekte der Beiträge und Diskussionen der vergangenen BaS-Jahrestagung unter dem Titel »Mitwirken, Mitgestalten, Mitbestimmen – Seniorenbüros beteiligen!« im November 2013 in Hanau auf. Das Impulspapier macht deutlich, dass bürgerschaftliches Engagement Türoffner für partizipative oder direkte Demokratieformen sein kann. Entscheidend ist auch, dass die wichtigen Beiträge älterer Aktiver zu Integration, Inklusion und Teilhabe selbstbestimmt bleiben. Im Spannungsfeld zwischen freiwilliger Dienstleistung und partizipativer und zuweilen auch kritischer Beteiligung an Planungs- und Umsetzungsprozesses sind auf kommunaler Ebene Verhandlungsprozesse über Zuständigkeiten und Verantwortungsteilung erforderlich. Dabei verstehen sich die Seniorenbüros zunehmend als »Anwälte« von Teilhabe und Partizipation.
Das Impulspapier im Wortlaut (PDF)
Demokratie vor Ort: Lokale Spurensuche
Viele Menschen engagieren sich ehrenamtlich für Demokratie. Initiativen und Vereine betreuen Gedenkstätten, planen Veranstaltungen gegen Rechtsextremismus oder organisieren interkulturelle Begegnungen zwischen Jugendlichen. Solche Projekte und Orte werden in dem neuen Internetportal »Demokratie vor Ort« mit dem Anspruch von lokaler Spurensuche und Partizipationsförderung sichtbar gemacht. Ziel des Portals ist es, einen Überblick und Unterstützung beim Engagement für Demokratie und Demokratiegeschichte vor Ort zu geben. Auf einer Landkarte werden lokale Projekte in verschiedenen Themenfeldern angezeigt. Die Datenbank von Initiativen und Vereinen, die dieser Landkarte zugrunde liegt, soll auch als Anregung für Menschen dienen, die sich gerne engagieren möchten. Das Serviceportal ist ein Kooperationsprojekt von »Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.« und dem »Bündnis für Demokratie und Toleranz«.
Weitere Informationen
Im Fokus: Engagement für Demokratie und Toleranz
Strategien zur Demokratieförderung: Mehr Partizipation wagen
Maßnahmen zur pädagogischen Prävention von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus bei Jugendlichen sind in Deutschland nichts Neues. Förderprogramme des Bundes und der Länder zu diesem Thema gibt es seit mehr als zehn Jahren. Dr. Ursula Bischoff, Frank König und Eva Zimmermann, Wissenschaftler/innen beim Deutschen Jugendinstitut, stellen in ihrem Gastbeitrag die Ergebnisse einer Studie mit bundesweit über 2.000 Jugendlichen vor, die in sogenannten Lokalen Aktionsplänen im Bundesprogramm »Toleranz fördern – Kompetenz stärken« engagiert waren. Ihr Fazit: Der (Lern-)Erfolg demokratiepädagogischer Arbeit gegen Rechtsextremismus ist umso größer, je höher deren Teilhabeorientierung bzw. Partizipation ausgestaltet ist. Allerdings ziehen aus Projekten gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus oft diejenigen Jugendlichen einen besonderen Nutzen, die sich bereits gesellschaftlich engagieren. Das Ziel der »sozialen Integration« erreichen die Projekte jedoch nur dann, wenn weniger engagierte Mädchen und Jungen stärker beteiligt werden.
»Neonazis den Marsch blasen«: Die Kampagnen ENDSTATION RECHTS und Storch Heinar
Die ehrenamtlich getragene satirische Bildungskampagne Storch Heinar engagiert sich wie die Kampagne Endstation Rechts auf kreative Art und Weise bundesweit gegen Rechtsextremismus. Die ursprünglich aus Mecklenburg-Vorpommern stammenden Initiativen sind für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet worden. Insbesondere die Kampagne Storch Heinar – der Name ist eine Verballhornung einer in rechten Kreisen beliebten Modemarke – fördert ihrem Selbstverständnis nach demokratische Jugendkultur und engagiert sich für die nachhaltige Stärkung einer positiven und selbstbewussten Demokratie durch kulturelle und gesellschaftspolitische Bildung, lokale Vernetzung und langfristig angelegte »Mitmachangebote«. Julian Barlen, MdL, und einer der Mitgründer der beiden Initiativen, stellt in seinem Gastbeitrag deren Ansatz und Arbeit vor.
Bündnis für Demokratie und Toleranz
Das Engagement für Demokratie und Toleranz ist ein wichtiger Bestandteil einer lebendigen Demokratie. Viele ehrenamtlich und hauptamtlich getragene Initiativen, Projekte, Vereine, Stiftungen, Organisationen und Netzwerke sind in diesem Handlungsfeld aktiv. Seit dem Jahr 2000 ist das »Bündnis für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt (BfDT)« am Start. Ziel des Bündnisses ist es, das zivilgesellschaftliche Engagement für Demokratie und Toleranz in Deutschland sichtbar zu machen und möglichst viele Mitbürgerinnen und Mitbürger zum Einsatz für Demokratie zu ermutigen und anzuregen. Seit Anfang 2011 ist das Bündnis Teil der Bundeszentrale für politische Bildung und fungiert als Schnittstelle zwischen der Bürgergesellschaft und den staatlichen Institutionen. Rahman Satti, Themenbereichsleiter für Integration, Toleranz und Öffentlichkeitsarbeit, stellt in seinem Gastbeitrag das Bündnis und seine praxisnahen Angebote vor und zeigt, warum zivilgesellschaftliches Engagement für Demokratie und Toleranz wichtig ist.
Bundesregierung: Mehr Geld für Programme gegen Rechts
Die Bundesregierung stellt in diesem Jahr rund 1,5 Millionen Euro mehr im Haushalt des Familienministeriums für Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus bereit als im Jahr 2013. Dies teilt sie in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke mit. Damit komme sie der im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbarten finanziellen Stärkung und Verstetigung von Programmen gegen Rechtsextremismus nach. Insgesamt seien für »Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie« Ausgaben von 30,5 Millionen Euro vorgesehen. Vorbehaltlich der Zustimmung des Bundestages wäre dies nach Angaben der Bundesregierung der höchste Betrag seitens des Bundes seit Beginn der Programme zur Rechtsextremismusprävention. Inwiefern auch die Mittel gegen Djihadismus und Linksextremismus aufgestockt werden, bleibt offen. Für das Programm »Zusammenhalt durch Teilhabe« des Bundesministeriums des Innern setzt die Bundesregierung zudem in der aktuellen Förderperiode bis 2016 nach aktuellen Planungen 24 Mio. Euro ein.
Die Antwort im Wortlaut (PDF)
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit
Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit als Handlungsfeld Sozialer Arbeit lenkt den Blick auf die stadt- und sozialräumliche, d.h. strukturelle Verursachung von Hilfenotwendigkeit. Der sozialräumliche Ansatz bietet zugleich praktische Handlungsperspektiven, die an den Ressourcen der Menschen und ihres Umfeldes ansetzen. Das Buch führt ein in die grundlegenden Theorien und empirischen Befunde über die Entwicklung des Lebens in Städten und Quartieren. Einen Schwerpunkt bildet die Darstellung des breiten Spektrums von Programmen zur Stadtteil- und Quartierentwicklung sowie der Methoden der Gemeinwesenarbeit: Sozialraumanalyse, Empowerment, Bürgerbeteiligung, Netzwerkarbeit, Projektarbeit, Mobile Arbeit usw.
Becker, Martin: Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit in der Sozialen Arbeit. Stuttgart 2014, 212 S., 29,90 Euro, ISBN 978-3-17-023369-0
Informationen und Bestellung
Publikation: Kinderrechte in der Schule
In einer kindgerechten Schule können sich Kinder sicher und geborgen fühlen, ohne Mobbing und Gewalt lernen, ihre Potenziale entwickeln, sich beteiligen und Verantwortung übernehmen. Die UN-Kinderrechtskonvention bietet hier eine Grundlage für die Entwicklung von Schule zu einem wertgestützten und demokratischen Lern- und Lebensraum. Mit diesem Praxisbuch stellen die Autorinnen und Autoren eine Vielzahl guter Beispiele vor, wie Kinderrechte an der Schule gelernt und gelebt werden können – als gemeinsame Aufgabe für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Eltern und pädagogische Fachkräfte. Das Buch enthält außerdem Praxismaterialien für Grundschule und Sekundarstufe I.
Edelstein, Wolfgang / Krappmann, Lothar / Student, Sonja (Hrsg.): Kinderrechte in der Schule. Schwalbach/Ts. 2014, 208 S.; 18,20 Euro, ISBN 978-3-95414-033-6
Information und Bestellung
Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im <link aktuelles termine-und-veranstaltungen _blank>Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden. Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
• 14.-15.5.2014 in Würzburg: Gestaltung der Energiewende in Städten und Gemeinden
Ein Seminar der Akademie Frankenwarte
• 23.-24.5.2014 in Bonn: Unbezahlt, aber unentbehrlich: Moralischer Wert und ökonomisches Wertschätzungsdefizit informeller Arbeit in Familie und Gesellschaft
Eine Tagung der Ev. Akademie Rheinland