eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 4/2023 (27.04.2023)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: ENGAGE – Engagement für nachhaltiges Gemeinwohl
- Publikationen
- Veranstaltungen, Seminare, Tagungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Kommunale Entwicklungsbeiräte: Bewerbungsphase läuft
Angesichts multipler Krisen stehen die Demokratie und unsere Gesellschaft vor vielfältigen Herausforderungen, die nur gemeinsam gelöst werden können. Dazu braucht es auch geeignete Instrumente der Bürgerbeteiligung. Zugleich kann der nachhaltige Umbau der Gesellschaft nur gelingen, wenn er von breiten gesellschaftlichen Mehrheiten getragen wird. Ein Schritt in diese Richtung sind sog. Kommunale Entwicklungsbeiräte (KEB). Sie bringen Politik und Verwaltung vor Ort mit den Gestaltern aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und der Einwohnerschaft zusammen. Gemeinsam entwickeln sie im Dialog nachhaltige und gesamtgesellschaftliche Empfehlungen für die lokale Politik. KEB verstehen sich als institutionalisierte Ergänzung zu den gewählten kommunalen Gremien. Gefördert von der E.ON Stiftung begleitet die Berlin Governance Platform bis April 2025 vier Kommunen bei der Umsetzung eines Kommunalen Entwicklungsbeirats, die in einem Bewerbungsprozess ausgewählt werden. Bewerbungsschluss ist der 26. Mai 2023.
Weizenbaum Report: Partizipation und Digitalisierung
Krieg in der Ukraine, Energie- und Klimakrise und Proteste im Iran – wie sah politisches Engagement 2022 in Deutschland aus und wie hat sich die politische Partizipation nach dem Ende der Corona-Einschränkungen verändert? Seit 2019 führt das Weizenbaum Panel jährlich eine repräsentative Bevölkerungsbefragung zur politischen Partizipation und Digitalisierung durch. Aus der diesjährigen Studie geht hervor: Das Engagement online wird relevanter und reduziert gleichzeitig die Bedeutung von sozialem Status bei der politischen Beteiligung. Die Studie hat zugleich untersucht, ob autoritär eingestellte Menschen sich politisch eher mehr oder eher weniger beteiligen (Stichwort »dunkle Partizipation«). Und nicht zuletzt wurde im Rahmen des aktuellen Weizenbaum Reports die Einstellung der Befragten zu Internet, Sozialen Medien und Künstlicher Intelligenz thematisiert. Demnach haben sich das Internet und seine Nutzung in der Gesellschaft etabliert und werden von der Mehrheit der deutschen Bevölkerung positiv bewertet, ein Drittel der Befragten stehen Sozialen Medien negativ gegenüber. Bei der Bewertung von Künstlicher Intelligenz prägen Unsicherheit und Unentschiedenheit die Haltung der Menschen.
Die Studie im Wortlaut (PDF)
Handbuch: Handlungsansätze für ostdeutsche Einwanderungsquartiere
Das praxisorientierte Forschungsprojekt »Vom Stadtumbauschwerpunkt zum Einwanderungsquartier« (StadtumMig) hat Ergebnisse aus der ersten Projektphase in einem Online-Handbuch zusammengefasst und Handlungsansätze für ostdeutsche Einwanderungsquartiere formuliert. Das Handbuch gibt Einblicke in die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt, von Räumen und Infrastrukturen sowie des Zusammenlebens im Quartier anhand von drei untersuchten Großwohnsiedlungen in Schwerin, Cottbus und Halle. Forschungsfragen des Projekts waren beispielsweise: Welche politischen und strategischen Lösungen haben die Kommunen im Umgang mit der internationalen Einwanderung in den Großwohnsiedlungen entwickelt? Wie kann die Integration von geflüchteten Bewohnerinnen und Bewohnern im Sinne von Teilhabemöglichkeiten und sozialen Kontakten auf Quartiersebene erleichtert werden? Welche Formen der Kooperation und Koordination sind in diesem Prozess zwischen öffentlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren zu erkennen? Im Handbuch kommen viele Menschen aus den Quartieren zu Wort, die durch ihr ehrenamtliches und politisches Engagement oder als aktive Bewohner/innen an der Entwicklung der Quartiere teilhaben.
Das Handbuch im Wortlaut (PDF)
Petitions-Atlas 2019–2021
(Online-)Petitionen sind mittlerweile ein fester Bestandteil des gesellschaftlichen und politischen Alltags. Im Jahr 2021 sind allein knapp 12.000 Petitionen beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eingereicht worden. Doch nicht nur auf Bundes- oder Länderebene werden Petitionen gestellt, auch immer mehr Städte, Gemeinden und Kommunen führen eigene Petitionsplattformen ein. Wie ernst nehmen die Petitionsausschüsse und Bürgerbeauftragten von Bund, Ländern und Kommunen jedoch all die Eingaben, die sie erreichen? Wie transparent sind sie in ihrer Arbeit? Die gemeinnützige Online-Petitionsplattform »openPetition« hat in einem ausführlichen Bericht die Praxis der vergangenen Jahre in Deutschland untersucht und die Ergebnisse in einem aktuellen Petitions-Atlas gebündelt.
Der Petitions-Atlas im Wortlaut (PDF)
Baden-Württemberg: Online-Konsultation zum Klima-Maßnahmen-Register
Mit dem Klima-Maßnahmen-Register (KMR) legte die Landesregierung Baden-Württembergs im Februar 2023 den Nachfolger des »Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzepts« aus dem Jahr 2014 vor. Darin enthalten sind über 250 dezentrale Maßnahmen und Instrumente, mit denen das Land sein Klimaziel für 2030 – die Reduktion der Treibhausgase um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 – erreichen will. Die Öffentlichkeit ist dazu aufgerufen, das nach Sektoren wie Energiewirtschaft, Verkehr, oder Landwirtschaft gegliederte Register bis zum 8. Mai 2023 über das Beteiligungsportal des Landes zu kommentieren. Gleichzeitig ruft die Landesregierung dazu auf, weitere Vorschläge für Maßnahmen zu ergänzen, die noch nicht im Register enthalten sind. Die Bürgerbeteiligung zum KMR soll künftig einmal pro Jahr stattfinden.
Netzwerk Bürgerbeteiligung: Netzwerktreffen 2023
Am Freitag, den 16. Juni 2023 findet in Köln das diesjährige Netzwerktreffen des Netzwerks Bürgerbeteiligung statt. Unter dem Titel »Mehr Mut zur Bürgerbeteiligung. Chancen – Handlungsansätze – gute Beispiele« diskutieren Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den verschiedensten Kontexten einen Tag lang darüber, wie Beteiligung in der Praxis von Politik und Verwaltung sowie im Alltag der Einwohner/innen stärker verankert werden kann. Auf dem Programm stehen unter anderem Themen wie die Vernetzung lokaler Akteure, die Wirkungsmessung von Beteiligung sowie die Verknüpfung von Bürgerbeteiligung mit Kinder- und Jugendbeteiligung. Das Netzwerktreffen richtet sich an die Netzwerker/innen und an alle Interessierten.
Im Fokus: ENGAGE – Engagement für nachhaltiges Gemeinwohl
Engagement für nachhaltiges Gemeinwohl: Ein Forschungsprojekt
Ein zentrales Ziel gesellschaftlichen und politischen Handelns ist die Förderung und der Schutz des Gemeinwohls. Unter welchen Bedingungen bürgerschaftliches Engagement und Bürgerbeteiligung tatsächlich zu nachhaltigem Gemeinwohl beitragen können, hat das inter- und transdisziplinäre Verbundprojekt »ENGAGE – Engagement für nachhaltiges Gemeinwohl« von November 2019 bis Oktober 2022 untersucht. Projektpartner waren das Zentrum für Interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung (ZIN) an der Universität Münster, das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und das Öko-Institut e.V. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden verschiedene politische Ebenen, Formate und Milieus in den Blick genommen. Wissenschaftliche Leitfragen waren: Wie können wir Engagement und Beteiligung verstehen und beschreiben? Was bedeutet Gemeinwohl? Wie haben sich Engagement und Beteiligung in Deutschland im Verlauf der letzten Jahre entwickelt? Und nicht zuletzt: Was sind ermöglichende oder hemmende Faktoren für die Gemeinwohlförderung? Im Rahmen des heutigen Themenschwerpunkts stellen wir das Forschungsprojekt und seine Ergebnisse vor.
Nachhaltiges Gemeinwohl durch Engagement und Beteiligung?
Dass zivilgesellschaftliches Engagement und Beteiligung tatsächlich gemeinwohlförderlich wirken, ist nicht selbstverständlich. Vereinnahmungen des Gemeinwohls durch einzelne Akteure oder Gruppen und ungleiche Zugangschancen zu Beteiligung und Engagement können dazu führen, dass anstelle des Gemeinwohls vor allem Einzelinteressen gefördert werden. Welche Rahmenbedingungen es stattdessen braucht, damit Engagement und Beteiligung zu einem nachhaltigen Gemeinwohl beitragen können, erläutert Lena Siepker in ihrem Gastbeitrag.
Engagement und Beteiligung im Wandel: Eine Trendanalyse
Freiwilliges Engagement und politische Beteiligung in Deutschland stellen ein diverses und dynamisches Feld zivilgesellschaftlicher Aktivität dar, die unter dem Anspruch einer zukunftsfähigen Gemeinwohlorientierung auch das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung im Blick haben muss. Das Forschungsprojekt ENGAGE hat die wesentlichen Trends der politischen Beteiligung und des Engagements in Deutschland untersucht und zusammengefasst. Lena Siepker und Anna Gall stellen sie in ihrem Gastbeitrag vor.
Deliberative Beteiligung unter dem Maßstab nachhaltigen Gemeinwohls
Deliberative (auch dialogorientierte) Beteiligung liegt im Trend. Die Zahl deliberativer Beteiligungsverfahren hat in den vergangenen Jahren sowohl auf nationaler als auch auf kommunaler Ebene deutlich zugenommen. Untersuchungen im Rahmen des Forschungsprojekts deuten aber nicht nur auf eine quantitative Bedeutungszunahme, sondern vielmehr auch auf eine qualitative Weiterentwicklung hin. Lena Siepker beschreibt in ihrem Gastbeitrag Potenziale und Herausforderungen deliberativer Beteiligung und was sie zu einem nachhaltigen Gemeinwohl beitragen kann.
Nachhaltiges Gemeinwohl: Potenziale von zivilgesellschaftlichen Gruppen
Viele Bürgerinnen und Bürger engagieren sich in Vereinen, Verbänden, selbstorganisierten Gruppen oder Projekten. Dies tun sie, um die Gesellschaft mitzugestalten, konkrete Verbesserungen zu erzielen oder Probleme zu lösen. Aus wissenschaftlicher Perspektive leistet dieses Engagement vielfältige Beiträge für das Gemeinwohl sowie für eine nachhaltige Entwicklung, die unsere natürlichen Lebensgrundlagen erhält. David Hofmann, Corinna Fischer und Helen Sharp fassen in ihrem Gastbeitrag die Ergebnisse einer vergleichenden Analyse von Fallstudien zu Verbänden und selbstorganisierten Initiativen zusammen. Demnach tragen zivilgesellschaftliche Gruppen immer dann zu einem nachhaltigen Gemeinwohl bei, wenn es ihnen gelingt, demokratische und inklusive Prozesse zu gestalten, den sozialen Zusammenhalt zu fördern, soziale und ökologische Perspektiven zu verbinden sowie die Interessen des globalen Südens und zukünftiger Generationen einzubeziehen.
Publikationen
Publikation: Forschungsjournal Soziale Bewegungen Heft 1/2023
Die aktuelle Ausgabe des Forschungsjournals Soziale Bewegungen widmet sich in einem lesenswerten Schwerpunkt dem Thema »Wohnen und soziale Bewegungen«. Der Themenschwerpunkt nimmt mithilfe verschiedener Beiträge sowohl konkrete Lösungsvorschläge für eine alternative Organisation der Wohnraumversorgung als auch konzeptionelle und strategische Fragen nach dem Einfluss sozialer Bewegungen auf die Wohnungspolitik und das konflikthafte bis kooperative Verhältnis zwischen sozialen Bewegungen und dem politisch-administrativen System in den Blick.
Forschungsjournal Soziale Bewegungen – Analysen zu Demokratie und Zivilgesellschaft. 2023, Heft 1: Wohnen und soziale Bewegungen. 177 S., ISSN 2192-4848
Publikation: Hier entscheiden junge Menschen!
Bundesweit gibt es immer mehr Beteiligungsverfahren, bei denen junge Menschen Geld für ein Projekt beantragen können: Bürgerbudgets, Kinder- und Jugendbudgets oder Schülerhaushalte. In der vorliegenden Publikation werden dazu am Beispiel Brandenburgs Erfahrungen aus Fachdiskurs und Praxis in Form von Kurzaufsätzen und Interviews zusammengetragen. Das soll alle diejenigen unterstützen, die an Projekten der Kinder- und Jugendbeteiligung arbeiten. Der Band wird herausgegeben von Mitmachen e.V. und ist entstanden aus einer Zusammenarbeit des Projektes »JUBU – Jugendbeteiligung bei Bürgerbudget«, einem Modellprojekt im Rahmen des Bundesprogramms »Demokratie leben!« und dem Kompetenzzentrum für Kinder und Jugendbeteiligung Brandenburg. Der Band steht kostenlos online zur Verfügung und kann auch als Printausgabe bestellt werden.
Die Publikation im Wortlaut (PDF)
Veranstaltungen, Seminare, Tagungen
Seminar: Zivilgesellschaftliche Netzwerke partizipativ und erfolgreich starten
Die Vernetzung von Akteursgruppen vor Ort ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, um sich in einer Demokratie Gehör zu verschaffen. Im Seminar der Stiftung Mitarbeit (12. und 13. Mai 2023 in Bonn) lernen die Teilnehmer/innen Grundlagen und Methoden für eine nachhaltige Netzwerkarbeit kennen. Auf dieser Grundlage diskutieren und erarbeiten sie gemeinsam Strategien, um ihre eigene Netzwerkarbeit zu verbessern.
16. Berliner Freiwilligenbörse 2023
Die Berliner Freiwilligenbörse findet in diesem Jahr unter dem Motto »Menschen.Entwickeln.Engagement!« am Samstag, 6. Mai 2023 im Roten Rathaus in Berlin statt. An zahlreichen Ständen stehen Menschen aus engagierten Berliner Initiativen, Projekten und Organisationen für Information und persönliche Beratung bereit. Die ganztägige kostenlose Veranstaltung wird organisiert von der Landesfreiwilligenagentur Berlin.