Newsletter Nr. 15/2008 (01.08.2008)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Gesundheit und Zivilgesellschaft
- Publikationen und Veranstaltungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Kampagne für Pressefreiheit in China
Am 8. August 2008 beginnen in Peking die Olympischen Spiele. Trotz der Zusage, die (presserechtliche) Zensur zu lockern und die Menschenrechtslage entscheidend zu verbessern, sitzen nach wie vor rund 100 Journalisten, Internet-Dissidenten und Verteidiger der Meinungsfreiheit in China hinter Gittern. Im Vorfeld der Spiele hat die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) eine Kampagne gestartet, um auf die prekäre Menschenrechtslage in China aufmerksam zu machen. Neben der Freilassung aller Journalisten fordern die ROG auch die Legalisierung unabhängiger Zusammenschlüsse von Journalisten und Menschenrechtsaktivisten.
Zur Kampagne von ROG
Jugendnetz Menschenrechte
Das Internetportal »Menschenrechte – Deine Rechte« richtet sich in erster Linie an Jugendliche. Das Portal zeigt auf, wo und wie uns Menschenrechte im Alltag begegnen und bietet verschiedene interaktive Formen der Auseinandersetzung mit dem Thema an. Weiter liefert die Seite viele Projektanregungen von und für Jugendliche und eine große Medienecke. Das Internetportal ist ein Projekt der Jugendstiftung Baden-Württemberg und wird im Rahmen des Bundesprogramms »Vielfalt tut gut« gefördert.
Wert des Bürgerschaftlichen Engagements
Jeder in bürgerschaftliches Engagement investierte Euro erbringt einen Nutzen in Höhe von sieben Euro. Das ist ein Ergebnis eines Gutachtens zum Wert des Bürgerschaftlichen Engagements in Bayern. Das Gutachten wurde durch die Katholische Stiftungsfachhochschule München im Auftrag des Bayerischen Sozialministeriums erstellt. Untersucht wurden vielfältige Felder des Engagements, von der Nachbarschaftshilfe und Beratungsdiensten über Selbsthilfegruppen bis hin zu kulturellem Engagement und freiwilliger Feuerwehr. Das Gutachten empfiehlt u.a. den weiteren Ausbau von verlässlichen Infrastrukturen zur Engagementförderung vor Ort, wie sie beispielsweise die Freiwilligenagenturen darstellen.
Zum Gutachten (PDF)
Mehr Demokratie in Thüringen
250.033 Bürgerinnen und Bürger haben das von einem breiten Bündnis verschiedener Organisationen unterstützte Volksbegehren »Mehr Demokratie in Thüringer Kommunen« unterzeichnet. Damit wurde die Hürde von zehn Prozent aller Stimmberechtigten (etwa 196.000) deutlich überschritten. Das Volksbegehren zielt auf eine anwendungsfreundliche Regelung der Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Thüringen. Jetzt muss sich der Landtag mit dem Gesetzentwurf des Volksbegehrens befassen. Lehnt er den Vorschlag ab, so kommt es im nächsten Jahr zum Volksentscheid darüber.
Im Fokus: Gesundheit und Zivilgesellschaft
Expertokratie statt Demokratie
Kontroverse Diskussionen um das bundesdeutsche Gesundheitswesen und um die (bio-) ethischen Grundbedingungen der Medizin gehören zum festen Repertoire in Politik und Gesellschaft, wie die aktuellen Auseinandersetzungen über Patientenverfügungen und Ethikräte zeigen. Erika Feyerabend, Sozialwissenschaftlerin und Journalistin, kritisiert in ihrem Gastbeitrag nicht demokratisch legitimierte Ethikräte als »bioethische Dienstleister«, die lediglich partikulare Interessen von Wissenschaftlerteams oder Pharmaindustriellen mit dem Anspruch des Gemeinwohls auskleiden. Sie beklagt, dass in vielen Expertenkommissionen und Ethikräten die Beteiligung von Pflegepersonal, nachdenklichen Ärzten oder Bürger/innen nicht vorgesehen ist. Ihre Befürchtung: Damit werden nicht nur wichtige Akteure aus den politischen Entscheidungsprozessen und der öffentlichen Meinungsbildung herausgehalten, sondern auch die Kritik an den sozialen und sozialpolitisch gewollten Verhältnissen am Lebensende und in schwerer Pflegebedürftigkeit.
Husten, Geranien und Profite: Biopiraterie und gerechter Vorteilsausgleich als Problem der Konvention über die biologische Vielfalt
Die internationale Pharmaindustrie beeinflusst globale Handelsregeln und ist machtvoller Akteur bei der Gestaltung internationaler Patentregeln. Die pflanzliche Basis ihrer Milliardengeschäfte liegt dabei oftmals in Entwicklungsländern. Ein Stichwort in diesem Zusammenhang ist die sog. Biopiraterie, also die Patentierung von Genen und Wirkstoffen natürlichen Ursprungs. Für Michael Frein, Referent für Welthandel und internationale Umweltpolitik beim Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), ist der Kampf gegen Biopiraterie ein wichtiger Beitrag zu globaler Gerechtigkeit. Er betont in seinem Gastbeitrag zum einen die Verantwortung der Industrieländer bei der Bekämpfung der Biopiraterie und setzt sich zum anderen mit der Frage auseinander, wie in den betroffenen Ländern die Beteiligung und die Mitspracherechte lokaler Gruppen der Zivilgesellschaft an der Nutzung ihrer Naturschätze gestärkt und die Zusammenarbeit mit großen Pharmaunternehmen gestaltet werden kann. Ziel ist: die indigenen Völker müssen die Souveränität über ihre genetischen Ressourcen und über ihr traditionelles Wissen zurück erhalten.
Aufstehen für eine Kultur des Heilens
Die Veränderung unseres Alltags durch Informations- und Kommunikationstechnologien ist nicht mehr zu übersehen und macht auch vor dem Gesundheitswesen nicht Halt, wie die Debatte um die Vor- und Nachteile der elektronischen Gesundheitskarte, deren flächendeckende Einführung vom Gesetzgeber beschlossen ist, beweist. Mit Hilfe der sog. E-Card soll angeblich nicht nur das Gesundheitswesen billiger und besser gemacht, sondern auch das Selbstbestimmungsrecht der Patient/innen sowie die Behandlungsmöglichkeiten der Ärztinnen und Ärzte verbessert werden. Für Sven Hessmann, Pressesprecher der IPPNW – Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung, ist das Beispiel E-Card dagegen letztlich nur ein weiterer Baustein auf dem Weg zur fortschreitenden Entsolidarisierung und Ökonomisierung des bundesdeutschen Gesundheitswesens. In seinem Gastbeitrag plädiert er dafür, das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis ohne jede Einschränkung vor dem Zugriff staatlicher und kommerzieller Instanzen abzuschirmen und es so als wichtiges Element einer patientenorientierten Gesundheitsversorgung zu sichern.
Informationsnetzwerk Migration und Gesundheit
Die etwa 15 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland weisen oft Unterschiede in der gesundheitlichen Situation oder im Gesundheitsverhalten im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung auf. Vor diesem Hintergrund hat die Universität Bielefeld nun im Rahmen des EU-Projektes MIGHEALTHNET eine interaktive Kommunikationsplattform für Expert/innen, Beteiligte und Interessierte aus dem Bereich Migration und Gesundheit geschaffen. Das Projekt bietet neben Hintergrundinformationen zur Einwanderung in Deutschland hauptsächlich Informationen zur Gesundheit von Migrant/innen. Diese beinhalten neben allgemeinen Übersichten vertiefende Aspekte wie den Anspruch von Migrant/innen auf Gesundheitsleistungen oder den Zugang zum Gesundheitswesen. Darüber hinaus werden Initiativen und Beispiele qualitativ guter Versorgung von Migrant/innen vorgestellt. Das Projekt MIGHEALTHNET wird von der EU-Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucherschutz gefördert.
Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten
Die Gesundheit von Menschen in schwierigen sozialen Lebenslagen zu stärken ist das Anliegen und Thema der u.a. von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung getragenen Internetplattform »Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten«. Ziel des Projektes ist es, die Transparenz im vielschichtigen Handlungsfeld der Gesundheitsförderung für sozial benachteiligte Zielgruppen zu erhöhen und die Arbeit der Akteure miteinander zu vernetzen. Kernstück der Plattform ist eine online recherchierbare bundesweite Good-Practice-Datenbank für gesundheitsfördernde Projekte und Angebote.
Publikationen und Veranstaltungen
Publikation: Jugendliche planen und gestalten Lebenswelten
Die Partizipation von Kindern und Jugendlichen und ihre Teilnahme an demokratischen Prozessen wird in vielerlei Sachzusammenhängen diskutiert und erfolgreich erprobt. Sie ist ein wichtiger Schritt bei der notwendigen partizipativen Reform unserer Demokratie. Die vorliegende Publikation stellt praktische Modelle der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in lokalen, regionalen, nationalen und länderübergreifenden Kontexten vor, beschreibt theoretische Ansätze zum Wandel der Lebenswelt von Jugendlichen und zeigt anschaulich auf, wie jugendliche Multiplikator/innen für Partizipationsprozesse qualifiziert werden können. Der Band gibt ausgewählte Beiträge der Internationalen Tagung »Jugendliche gestalten ihre Zukunft in der Kommune mit« wieder, zu der im März 2007 u.a. die Ökologische Akademie Linden eingeladen hatte.
Ködelpeter, Thomas / Nitschke, Ulrich (Hrsg.): Jugendliche planen und gestalten Lebenswelten. Partizipation als Antwort auf den gesellschaftlichen Wandel.
Wiesbaden 2008, 262 S., 35,90 Euro, ISBN 978-3-8350-7016-5
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Publikation: Social Franchising
Social Franchising ist eine Methode zur systematischen Vervielfältigung von gemeinnützigen Projekte. Das Wissen aus erfolgreichen Einzelprojekten, die als Prototypen verstanden werden, wird dabei gezielt und effektiv weitergegeben. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen hat nun ein Handbuch herausgegeben, das diesen Ansatz bekannt macht und zur Nachahmung anregen will. Das Handbuch richtet sich an Expert/innen, Praktiker/innen und Entscheidungsträger/innen des Gemeinwohlsektors. Neben einer theoretischen Einführung enthält die Publikation Leitfäden, Fallbeispiele und Checklisten für die praktische Umsetzung.
Bundesverband Deutscher Stiftungen: Social Franchising. Berlin 2008. 95 S. 35,90 Euro, ISBN 3-927645-38-9
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Veranstaltungshinweise
Zahlreiche Veranstaltungen sind im <link aktuelles veranstaltungskalender external-link-new-window>Veranstaltungskalender des Wegweisers Bürgergesellschaft zu finden.
Besonders hinweisen möchten wir dieses Mal auf:
• 19.-20.09.2008 in Berlin: <link aktuelles veranstaltungskalender va external-link-new-window>In der Lobby brennt noch Licht - Lobbyismus als Schatten-Management in Politik und Medien
Eine Konferenz von Netzwerk Recherche e.V. und dem Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen
• 26.-28.09.2008 in Loccum: <link va external-link-new-window>Bedingungen gelingender Beteiligung – Die lokale Demokratie erlebbar machen
Eine Tagung der Stiftung MITARBEIT und der Ev. Akademie Loccum