eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 11/2023 (23.11.2023)
Inhalt
- Meldungen aus der Bürgergesellschaft
- Im Fokus: Gemeinwesenarbeit und Nachbarschaft
- Publikationen
- Veranstaltungen, Seminare, Tagungen
Meldungen aus der Bürgergesellschaft
Forschungsergebnisse zu grenzüberschreitender Öffentlichkeitsbeteiligung
Die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle kann auch grenzüberschreitende Auswirkungen haben: Da Deutschland das europäische Land mit den meisten Nachbarstaaten ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Verlauf des Verfahrens mögliche Endlagerstandorte in unmittelbarer Grenznähe untersucht werden. In diesen Fällen muss auch die Öffentlichkeit im benachbarten Ausland informiert und in das Suchverfahren einbezogen werden. Wie dies gelingen kann und worauf zu achten ist, hat eine neue Studie des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) ermittelt. Dargelegt wird etwa, zu welchen Zeitpunkten im Verfahren und im Rahmen welcher Formate die Öffentlichkeit grenzüberschreitend zu beteiligen ist. Andere Aspekte bedürfen dagegen einer vertieften Betrachtung wie etwa die Frage, nach welchen Kriterien die Betroffenheit von ausländischen Bürger/innen zu definieren ist. Die Forschungsergebnisse zeigen zudem, dass aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen in den Nachbarländern die Erwartungen an die Beteiligung bei Planungsverfahren variieren. Dies muss bei der Ausgestaltung der Beteiligung unbedingt berücksichtigt werden, um Spannungen zu vermeiden oder zumindest zu minimieren. Die Kenntnis der politischen Rahmenbedingungen, der Verwaltungsstrukturen und der gewachsenen Akteurskonstellationen in den Nachbarstaaten sind hierfür eine wichtige Voraussetzung.
Körber Stiftung: Initiative »Deutschland besser machen«
Wenn es um neue Wege zu einer nachhaltigen, lebenswerten und sozialen Stadt geht, ist das gute Zusammenspiel von Vereinen, Initiativen, Stiftungen, Politik, öffentlicher Verwaltung und Wirtschaft zentral. Mit der Initiative »Deutschland besser machen – mit der zukunftsfähigen Stadt« lädt die Körber-Stiftung Städte, Gemeinden, Regionen und Dörfer in Verbindung mit Landkreisen sowie ihre Bürger/innen ein, innerhalb eines Jahres ein gesellschaftliches Zukunftsthema zu bearbeiten und mit einem innovativen Beteiligungsprojekt konkrete Vorhaben vor Ort zu initiieren und umzusetzen. Jedes Jahr sucht die Körber-Stiftung mit Unterstützung des Deutschen Städtetags bis zu zehn Städte oder Gemeinden aus, die Bürger/innen und Vertreter/innen aus Politik und Verwaltung an einen Tisch bringen und die demokratische Teilhabe fördern wollen. Die Bewerbungsphase der aktuellen Ausschreibung läuft noch bis zum 31. Dezember 2023.
Zukunftswerkstatt Kommunen: Trends in der Bürgerbeteiligung
Bis Ende 2024 werden im bundesweiten Modellprojekt »Zukunftswerkstatt Kommunen – attraktiv im Wandel« (ZWK) 40 Kommunen (Quartiere in Großstädten, Städte, Gemeinden, Landkreise) bei der Gestaltung des demografischen Wandels vor Ort durch externe Beratung begleitet und unterstützt. In diesem Rahmen spielt für die teilnehmenden Kommunen auch Bürgerbeteiligung eine wichtige Rolle. Sie ist ein wesentliches Element für die Entwicklung zukunftsfähiger Demografie-Strategien mit dem Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen. Das vorliegende Arbeitspapier gibt Einblick in zentrale Herausforderungen der ZWK-Kommunen im Hinblick auf Bürgerbeteiligung und zeigt praxisnahe Lösungen auf: Was können Kommunen tun bei Beteiligungsmüdigkeit? Wie gelingt die Ansprache von Jugendlichen? Und wie können sie Enttäuschungen bei der Bürgerbeteiligung vermeiden?
Hessische Engagementstudie: Krisenresilienz und gesellschaftlicher Zusammenhalt
Eine aktuelle Studie für Hessen bescheinigt dem Bundesland einen Zuwachs an bürgerschaftlichem Engagement in den vergangenen Jahren. Die methodische Herangehensweise der im Herbst 2022 erfolgten Erhebung wurde so gewählt, dass eine Vergleichbarkeit mit dem Freiwilligensurvey (FWS) von 2019 gegeben ist. Demnach stieg die Engagementquote um rund 15 Punkte auf 56,7 Prozent. Unter Berücksichtigung des ebenfalls ermittelten informellen Engagements außerhalb formaler Strukturen beträgt sie sogar 58,3 Prozent. Corona-Pandemie, Krieg in der Ukraine oder die Ahrtal-Flut: Die Resilienz des Engagements in Krisenzeiten wird durch die Studie bestätigt. Mehr als ein Fünftel der Engagierten wurde erstmals binnen des letzten Jahres und ein weiteres Fünftel erstmals in den letzten ein bis fünf Jahren freiwillig tätig. Anders als im FWS 2019 zeigen sich weder nach Migrationshintergrund noch nach Gemeindegröße oder Raumtyp des Wohnorts signifikante Unterschiede in der Engagementquote. Die Studie macht deutlich, dass räumliche Merkmale sowie der Migrationshintergrund in Zeiten gesellschaftlicher Krisen an Bedeutung verlieren und sich auch diejenigen freiwillig engagieren, die dies ansonsten eher nicht getan haben.
Die Studie im Wortlaut (PDF)
ZiviZ-Survey 2023
Vereine, Stiftungen, gemeinnützige Unternehmen und Genossenschaften leisten auf vielfältige Weise Beiträge zu unserer Gesellschaft. Sie fördern gesellschaftlichen Zusammenhalt, setzen sich ein für benachteiligte Gruppen und bieten Räume für zivilgesellschaftliches Engagement und politische Partizipation. Nicht selten helfen sie auch der Politik mit ihren Impulsen auf die Spur. Doch wie verändert sich die organisierte Zivilgesellschaft in Deutschland? In welchen Themenfeldern sind die Organisationen zunehmend aktiv? Wie entwickeln sich die Mitglieds- und Engagiertenzahlen? Verändert sich das Rollenverständnis der Organisationen in der Gesellschaft? Welche Veränderungen zeigen sich in ihrer Finanzierung? Zur Beantwortung dieser und weiterer Fragen führt ZiviZ im Stifterverband in regelmäßigen Abständen den ZiviZ-Survey durch, eine repräsentative Befragung von Vereinen, Stiftungen, gemeinnützigen Unternehmen und Genossenschaften in Deutschland. Die aktuelle Ausgabe steht nun zum Abruf bereit.
Der ZiviZ-Survey 2023 im Wortlaut (PDF)
Handlungsempfehlungen für eine Engagementförderung in kleinen Kommunen des ländlichen Raums
Belastbare empirische Erkenntnisse zu vorhandenen Engagement-fördernden Infrastrukturen für kleine Kommunen des ländlichen Raums liegen kaum vor. Der vorliegende, durch die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt geförderte Forschungsbericht möchte dies ändern und untersucht explorativ am Beispiel von sechs kleinen ländlichen Kommunen in Baden-Württemberg, unter welchen Bedingungen Engagement-fördernde Infrastrukturen in der Lage sind, Engagement so zu unterstützen, dass es einen Beitrag zur Bewältigung lokaler Zukunftsaufgaben leisten kann. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Engagierte viel zur Bewältigung aktueller Transformationsherausforderungen in den untersuchten Kommunen beitragen und das Zusammengehörigkeitsgefühl vor Ort positiv beeinflussen. Es wird deutlich, dass eine unterstützende Haltung von Politik und Verwaltung verbunden mit einer unbürokratischen und flexiblen Bereitstellung von Ressourcen zentral für die Stärkung von Engagement ist. Gleichzeitig sind der Wandel des Engagements und die Gewinnung von Freiwilligen Kernthemen in den untersuchten Kommunen. Deutlich wird, dass Engagement-Angebote unter anderem nur erfolgreich sein können, wenn sie sich an den Lebenswelten der Engagierten orientieren.
Der Forschungsbericht im Wortlaut (PDF)
Im Fokus: Gemeinwesenarbeit und Nachbarschaft
Gemeinwesenarbeit ist Begegnungsarbeit
Einrichtungen und Projekte, die Begegnung fördern, werden von Politik und Verwaltung häufig als Allheilmittel in der sozialen Quartiersentwicklung gesehen, um vielfältige Zielsetzungen zu erreichen: den nachbarschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, Einsamkeit zu reduzieren oder Integration und Teilhabe zu fördern. Häufig geht dabei durcheinander, ob Begegnung selbst Ziel oder Maßnahme zur Erreichung anderer Zielsetzungen sein soll. In einer vom vhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung in Auftrag gegebenen Studie haben Felix Leo Matzke und Ralf Zimmer-Hegmann untersucht, welche Akteure mit welchen Formaten Begegnung fördern und wie dies gelingen kann. Basierend auf den Erkenntnissen der Studie zeigen sie in ihrem Gastbeitrag, dass Stadtteileinrichtungen im Quartier wichtige Instanzen für die Förderung von Begegnung sind und ihre Arbeit viele positive Effekte auf das Zusammenleben vor Ort hat. Es bedarf allerdings auch der Unterstützung von Stadtverwaltungen und Kommunalpolitik, damit im Quartier Begegnungsarbeit erfolgreich gestaltet werden kann.
Einfach mal machen
Es geht ums Tun, wenn wir Dinge anders machen wollen und wenn wir herausfinden möchten, wie es sonst noch gehen könnte. Und dafür braucht es Zeit und Räume, die einen sicheren Rahmen schaffen, in dem Vorhaben ausprobiert werden, scheitern und gelingen können. Wenn Ideen in der Praxis auf ihre Möglichkeiten hin geprüft werden und geteiltes Erfahrungswissen zum Entwicklungsmotor wird, können nachhaltige gesellschaftliche Lösungen entstehen. Vor diesem Hintergrund hat die zivilgesellschaftliche Mitmachinitiative Silicon Vilstal in Niederbayern eine Pilotphase mit dem Titel »Ortsmitte 2.0« konzipiert, um innovative gesellschaftliche Vorhaben auszuprobieren, die in ihrer Ortsmitte in Geisenhausen lokal verankert werden. Eva Clara Tenzler hat den Prozess begleitet und stellt in ihrem Gastbeitrag Gelingensbedingungen und Hürden aus den Erfahrungen der pilotierten Projekte und die damit verbundenen Handlungsimpulse der Mitmachinitiative für zivilgesellschaftliche Engagierte und kommunale Akteure vor.
Community Organizing als Methode in der kommunalen Gesundheitsförderung
Eine gute Nachbarschaft wirkt sich nachweislich positiv auf die Gesundheit aus. Das Setting Nachbarschaft eignet sich daher gut für gesundheitsförderliche oder primärpräventive Aktivitäten. Menschen, die gut ins Gemeinschaftsleben integriert sind und Freunde, Nachbarinnen oder Verwandte haben, auf die sie sich verlassen können, leiden beispielsweise seltener unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Menschen, die einsam sind. Community Organizing kann in Gemeinden nachhaltig zu guten Nachbarschaftsbeziehungen beitragen, weil die Methode Bürger/innen bestärkt, sich für ihr nahes Lebensumfeld einzusetzen und sich am öffentlichen Leben zu beteiligen. Die Weltgesundheitsorganisation stellte bereits 1986 im Rahmen der Ottawa-Charta die Forderung, Bürger/innen an der Planung und Umsetzung von gesundheitsförderlichen Aktivitäten zu beteiligen. Was Community Organizing im Kontext der kommunalen Gesundheitsförderung bedeutet und wie es praxisnah gelingt, zeigt Alima Matko in ihrem Gastbeitrag auf.
Alte Heimat: Community Organizing in einem Münchener Quartier
Die Stiftungssiedlung »Alte Heimat« in München, Anfang der 1960er Jahre mit Spendengeldern und städtischen Zuschüssen als Bleibe für Menschen errichtet, deren Wohnungen im Krieg zerstört worden waren, ist seit 2011 ein »Quartier mit besonderem Entwicklungsbedarf«. Die aktuelle Siedlungssatzung bestimmt als Zielgruppen für die Vergabe der 605 Wohnungen bedürftige und betagte Menschen, Menschen mit körperlicher und/oder geistiger Behinderung (darunter auch Familien) und pflegende Angehörige. Durch ein Koordinationsgremium aus Fachleuten und Politik wurde das lokal verankerte Jane Addams Zentrum e.V. beauftragt, mit dem Ansatz des Community Organizing die Bedarfe und Wünsche der Mieter/innen zu eruieren, sie zu aktivieren und sie bei der Wahrnehmung ihrer Interessen zu unterstützen. Hester Butterfield, Bettina Pereira und Constanze Ziegler stellen in ihrem Gastbeitrag die mehrfach ausgezeichnete Arbeit der Initiative vor.
»Nachbarschaftsarbeit ist gelebte Demokratie«
Nachbarschaftsarbeit ist gemeinwesenorientierte soziale Arbeit. Sie trägt dazu bei, Lebensbedingungen so zu gestalten, dass Menschen entsprechend ihrer Bedürfnisse im Stadtteil besser leben können. Nachbarschaftsarbeit fördert bürgerschaftliches Engagement und schafft Beteiligungsmöglichkeiten, sie unterstützt Partizipation und selbstorganisierte Initiativen, indem sie dialogische Prozesse zwischen den Menschen und Institutionen organisiert. Im Gespräch stellt die Autorin Katharina Kühnel-Cebeci praxiserprobte Werkzeuge der Nachbarschaftsarbeit vor und zeigt, was Nachbarschaftsarbeit mit Demokratie zu tun hat.
Publikationen
Publikation: SDG als Chance und Herausforderung für bürgerschaftliches Engagement
Zentrales Anliegen des Forschungsvorhabens war die Identifikation von Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen und Grenzen von zivilgesellschaftlichen Organisationen bei der konkreten Ausgestaltung von bürgerschaftlichem Engagement mit Bezug auf die von den Vereinten Nationen festgelegten Sustainable Development Goals (SDG). Dabei wurde gefragt, welches Potential hierfür zivilgesellschaftliche Kooperationen zwischen umwelt- und sozial-/gesellschaftspolitischen Akteuren bieten. Der vorliegende Schlussbericht analysiert, welche transformativen Lernprozesse in den Organisationen angestoßen werden konnten und welche Rahmenbedingungen hiermit verbunden sind, die kooperatives, bürgerschaftliches Engagement im Sinne der SDG fördern oder ggf. behindern. Die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen richten sich an zivilgesellschaftliche, wissenschaftliche sowie staatliche Akteure und liefern Denkanstöße für eine weiterführende Diskussion zur Förderung und Unterstützung von bürgerschaftlichem Engagement für sozial-ökologische Transformationen. Die Publikation steht als kostenloser Download bereit.
Umweltbundesamt (Hrsg.): Die Umsetzung der Sustainable Development Goals als Chance und Herausforderung für das Bürgerschaftliche Engagement. Lernprozesse in Organisationen durch Kooperation zwischen Organisationen verschiedener Engagementbereiche. Berlin 2023, 80 S., ISSN 1862-4804
Die Publikation im Wortlaut (PDF)
Publikation: Dritte Orte – Begegnungsräume in der altersfreundlichen Stadt
Im Alter finden viele Menschen soziale Beziehungen und gesellschaftliche Teilhabe seltener am Arbeitsplatz und in der Familie. Sogenannte »Dritte Orte«, nach dem Zuhause als »Erstem Ort« und dem Arbeitsplatz als »Zweitem Ort«, sind Treffpunkte im öffentlichen Raum, die wichtige Anlaufstellen für soziales Miteinander und die Stärkung von freiwilligem Engagement darstellen. Die vorliegende Veröffentlichung stellt die Diversität Dritter Orte dar und gibt Kommunen Hilfestellungen, wie sie Dritte Orte identifizieren, erhalten und neu schaffen können, mit besonderem Fokus auf die Bedürfnisse älterer Menschen. Die Publikation steht als kostenloser Download bereit.
Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Körber Stiftung (Hrsg.): Dritte Orte. Begegnungsräume in der altersfreundlichen Stadt. Hintergrund und gute Praxis. Hamburg, Berlin 2023
Die Publikation im Wortlaut (PDF)
Veranstaltungen, Seminare, Tagungen
Online-Workshop: Gesellschaft im Wandel – Politische Bildung für aktive Senior/innen
Die Servicestelle »Bildung und Lernen im Alter« der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. (BAGSO) lädt Interessierte aus Politik und Bildungsarbeit mit älteren Menschen zum kostenlosen Online-Workshop »Gesellschaft im Wandel: Politische Bildung für aktive Seniorinnen und Senioren« (23. Januar, 10:00 – 13:00 Uhr) ein.
Digitalkonferenz: Nachhaltig wichtig! Wie wird Ehrenamt zum Klimaretter?
Am 25. Januar 2024 (16:00 – 19:00 Uhr, online) findet die von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) organisierte Digitalkonferenz zum Thema »Nachhaltig wichtig! Wie wird Ehrenamt zum Klimaretter?« statt. Die Teilnahme ist kostenlos möglich.