Methode

Die Legitimation und Leistungsfähigkeit demokratischer Institutionen und Verfahren können nicht als gegeben vorausgesetzt werden, sie bedürfen der Überprüfung und Weiterentwicklung. Hier setzen Demokratie-Audits an. Sie beruhen auf der Beratung und Deliberation durch die Bürgerinnen und Bürger selbst (citizen audit). Die Demokratie-Standards legen nicht Expert/innen fest, sie sind Ergebnis eines bürgerschaftlichen Konsultationsprozesses.

Auditing ist eine Methode der gezielten Qualitätsentwicklung entlang eines systematischen Kriterienkatalogs, der zur Grundlage regelmäßiger Anhörungen und Befragungen oder wiederholter Beobachtung (monitoring) gemacht wird.

Demokratie-Audits stehen in dieser Tradition. Sie gehen davon aus, dass die Legitimation und Leistungsfähigkeit demokratischer Institutionen und Verfahren auch in gefestigten Demokratien nicht einfach als gegeben vorausgesetzt werden können, sondern selbst der Überprüfung und Weiterentwicklung bedürfen. Im Unterschied zu sozialwissenschaftlichen Demokratie-Messungen, deren Maßstäbe sich wissenschaftlichen Theorietraditionen und Debatten verdanken (vgl. Lauth 2004 & 2008), setzen Demokratie-Audits auf die Beratung und Deliberation durch die Bürgerinnen und Bürger selbst (citizen audit).

Tipp

Dass nicht Expert/innen die Demokratie-Standards festlegen, sondern diese Ergebnis eines bürgerschaftlichen Konsultationsprozesses sind, ist ein entscheidendes Merkmal, das den demokratiepolitischen Nutzen von Demokratie-Audits ausmacht.

Ausgangspunkt ist eine Vorstellung von Demokratiequalität, die sich aus der regelmäßigen Begutachtung des Ist-Zustands ergibt und den Abstand zwischen geteilten demokratischen Normen und aktueller Praxis ermittelt. Zu den Prämissen zählt, dass in der Bürgerschaft und staatlichen Institutionen die Fähigkeit und Bereitschaft vorhanden ist, demokratische Praxisformen zu entwickeln, die geeignet sind, diesen Abstand zu verkleinern. Dies gilt besonders für institutionelle Reformen, die neue Formen der Bürgerbeteiligung und direkt-demokratische Entscheidungen ermöglichen. Getragen werden Demokratie-Audits von der Überzeugung, dass Demokratie kein fester Zustand, sondern ein offener und politisch gestaltbarer Prozess ist, d.h. dass Demokratiepolitik möglich und wünschbar ist. Mit Hilfe von Audits kann festgestellt werden, wie zufrieden oder unzufrieden die Bürgerschaft mit ihren demokratischen Einfluss-, Gestaltungs- und Kontrollmöglichkeiten ist, wo Defizite beklagt werden und der Verbesserungsbedarf am größten ist.

Mit dem Prozess der Demokratie-Bewertung ist eine Selbstaufklärung über die Stärken und Schwächen der aktuellen demokratischen Verfassung verbunden. Der Einfluss von Demokratie-Audits auf den demokratischen Prozess ist umso größer, je stärker eine allgemeine Reformbereitschaft in einem Land zu spüren ist. Zu einer Reflexion und Stärkung der demokratischen Ansprüche der Zivilgesellschaft und zu einer Vitalisierung der Demokratie können solche Demokratie-Audits, so eine Zwischenbilanz der bisherigen Erfahrungen (Beetham et al. 2008, S. 285 ff.; Landman 2012), längerfristig auf jeden Fall beitragen.