Methodenbeschreibung

Seite 1: Ablauf

Appreciative Inquiry (AI) (wertschätzendes Erkunden) ist eine werteorientierte Methode zur Gemeinwesen- und Organisationsentwicklung, die für die Arbeit mit großen Gruppen weiterentwickelt worden ist. AI ist keine Methode im klassischen Sinn, vielmehr eine Grundhaltung und Philosophie. AI richtet den Fokus auf das Beste im Gemeinwesen und in Organisationen. Durch das Aufdecken von guten Beispielen und durch das Verstehen, welche belebenden Wirkungen gute Beispiele entwickeln können, wird die Grundlage für gemeinsame Energie und positive Veränderungen gelegt.

Literaturtipp

»The optimist looks at the glass and says it is half full. The pessimist says it is half empty. The Appreciative Inquiry practitioner looks at it and says, ›I wonder how it got half full? Because if we could figure that out, we could get it all the way full!‹«
- Alan Klein

Appreciative Inquiry (AI) ist eine Philosophie für den Alltagsgebrauch, ein hoch flexibler Ansatz für Veränderungen und ein Set an werteorientierten Führungsqualitäten. Appreciative Inquiry zielt darauf, positive Erfahrungen im Gemeinwesen oder in der Organisation zu erkunden und die belebenden Faktoren zu identifizieren, die dazu beitragen, dass diese Spitzenerlebnisse möglich wurden. Durch das Identifizieren guter Beispielen und durch das Verstehen, welche belebenden Wirkungen gute Beispiele ermöglichen, wird die Grundlage für gemeinsame Energie und positive Veränderungen gelegt.

Der systemische Ansatz von AI stützt sich auf zwei Grundannahmen:

  • Menschen und soziale Systeme entwickeln sich in die Richtung, worauf sie ihre Aufmerksamkeit konzentrieren und womit sie sich beschäftigen. Richtet sich die erste Frage in einem Strategieworkshop beispielsweise auf Geschichten von Best Practice, positiven Momenten, größten Lernerfolgen, kooperativen Partnerschaften, so ermöglicht diese Perspektive dem System, seine Erfolge zu sehen und eine positive Vorstellung von der Zukunft zu entwickeln.
  • Jedes Gemeinwesen oder jede Organisation verfügt über ungeahnte und ungenutzte positive Potenziale, die hin und wieder zum Vorschein kommen. Die Vergangenheit und Gegenwart des gemeinsamen Handelns bieten unerschöpfliche Ressourcen für Lernen und Entwicklung.

Ablauf

AI kommt am Besten zur Entfaltung, wenn der gesamte 5-D-Zyklus (siehe Abbildung) kombiniert angewandt wird. Ist dies der Fall, wird ein vitaler und kraftvoller Katalysator-Effekt erzeugt in Richtung Gemeinwesen- oder Organisationsveränderung.

Definitions-Phase

Die Definitions-Phase ist eine spezifische Art der Auftragsklärung mit dem Auftraggeber und Kernteam, indem alle relevanten Stakeholder des Stadtteils vertreten sein sollten. Jeder AI-Prozess konzentriert sich in der Definitions-Phase auf ein oder mehrere Kernthemen. Der eigentliche Anlass (Problem, Herausforderung) wird als positives Ziel herausgearbeitet. Geht es beispielsweise um das Problem, dass »Konflikte und Gewalt in unserem Stadtteil zunehmen«, arbeiten die Beteiligten des Kernteams heraus, was sie sich stattdessen positiv wünschen. Dies könnte beispielsweise das Ziel sein »Wir gestalten ein Gemeinwesen, auf das wir stolz sind – Stahnsdorf 2022«). Dieses Motto gibt die Richtung an, in die sich das Gemeinwesen und die Einwohner/innen entwickeln wollen.

Discovery-Phase

Das wertschätzende Interview in der Discovery-Phase ist das Herzstück des AI-Prozesses. Ziel dieses Interviews ist es, neue Einsichten zu gewinnen, längst vergessene Erkenntnisse wieder ans Tageslicht zu holen und Gemeinschaft zu erzeugen.

Die Erkundungsphase ergibt

  • eine reichhaltige Beschreibung der »Juwelen« in einem Gemeinwesen oder die Visualisierung des positiven Kerns des Stadtteils
  • das Kommunizieren und Teilen von Best Practice und von außergewöhnlichen Erlebnissen im Gemeinwesen
  • die positive Energie, Hoffnung und den Mut, dass Veränderungen möglich sind
  • ein erweitertes Wissen und kollektives Verstehen der lebendigen Faktoren, die einer Einwohnerschaft, einem Gemeinwesen oder einer Organisation Energie und Vitalität geben.

Dream-Phase

In der Dream-Phase werden die belebenden Faktoren und positiven Erfahrung verstärkt. In dieser Energie verleihenden Phase erforschen die Menschen gemeinsam Hoffnungen und Träume für ihren Stadtteil, für ihr Gemeinwesen, für die Welt oder für ihre Organisation. Es geht darum, sich (Entwicklungs-)Möglichkeiten vorzustellen, die groß und herausfordernd sind und jenseits der bisherigen Grenzen liegen.

Eine typische Frage, die die Teilnehmer/innen in ihrer Kleingruppe bearbeiten, könnte heißen: Wenn wir auf unsere Geschichte und unseren positiven Kern aus der Vergangenheit, Gegenwart und den Handlungsmöglichkeiten für die Zukunft schauen, und wenn wir darauf hören, was die Menschen in unserem Stadtteil sich wünschen, was sehen wir dann in der Zukunft, dass uns stolz macht: Welche Ergebnisse? Welche positiven Wege haben wir eingeschlagen? Was passiert vor unseren Augen? Was ist neu, besser und anders, und woran erkennen wir es?

Diese Fragen generieren kreative Vorstellungen über den Stadtteil oder die Organisation. Es entstehen neue, strategisch relevante, werteorientierte Visionen, für die es sich einzusetzen und zu engagieren lohnt. Die Präsentation der Zukunftsentwürfe, kreativ und mit viel Spaß vorgetragen, bilden oft den Höhepunkt und Abschluss des ersten Tages.
Wie die Traum-Phase umgesetzt werden soll, wird in der Definitions-Phase vom Kernteam festgelegt. Möglich ist hier ein Open Space, World Café oder Workshop-Design mit einer angeleiteten Visionsreise.

Design-Phase – Erster Arbeitsschritt

Die Visionen aus der Dream-Phase, die am meisten motivieren, werden in der Design-Phase ausgewählt und mit bejahenden Zukunftsaussagen versehen. Mit der Zukunftsaussage beschreiben die Akteure, an wen sich ihre Vision richtet, welche Veränderungen jetzt konkret im Jahr 2025 im Stadtteil oder in ihrer Organisation zu sehen sind. Mit den Aussagen auf der Makroebene erweitern die Teilnehmer/innen ihre eigene Vorstellung vom Ist-Zustand durch klare und ansprechende Bilder der Zukunft.

In dieser Phase entstehen oft ungewöhnliche, provokative Vorschläge und innovative Projekte. Auf einer Bildungskonferenz hatten Väter aus verschiedenen Kulturen folgende Zukunftsaussage formuliert: »Wir Väter aus dem Körnerkiez tauschen uns regelmäßig über pädagogische Themen aus und bei Bedarf nehmen wir an Fortbildungen teil. Des Weiteren unternehmen wir mit unseren Kindern viele Aktivitäten. Wir sind Vorbilder für unsere Kinder und unterstützen sie in allen Lebens- und Lernbereichen«. Unter dieser Aussage auf einem Flip standen ca. 20 verschiedene Aktivitäten, auf die sich die Arbeitsgruppe geeinigt hatte.

Mit dem Einfügen einer Marktplatz-Sequenz können im Prozess die Zukunftsaussagen ergänzt und priorisiert werden. Dazu werden die Zukunftsaussagen jeweils auf Pinnwände oder Flipcharts gehängt und beim anschließenden Rundgang wird den Teilnehmer/innen die Möglichkeit geboten, sich beim jeweiligen Standpersonal zu erkundigen, was der Hintergrund für die Zukunftsaussage ist, sie können mit einem grünen Punkt ihre Zustimmung signalisieren, auf einem orangefarbenen Post-it sprachliche oder inhaltliche Anregungen geben oder auf einem roten Post-it ihre Ablehnung begründen. Danach bekommen die Verfasser der Zukunftsaussagen nochmal Zeit, um die Anregungen auf den Post-its in ihre Zukunftsaussagen einzuarbeiten.

Design-Phase – Zweiter Arbeitsschritt

Das Kernteam entscheidet in der Definitions-Phase, ob auf den ersten Arbeitsschritt der Design-Phase sofort die Planung und Umsetzung der Zukunftsaussagen folgt oder ob die Design-Phase durch einen zweiten Arbeitsschritt erweitert wird, der sich von anderen Verfahren wie der Zukunftswerkstatt nach Jungk oder der Zukunftskonferenz nach Weisbord stark unterscheidet. Mit diesem zweiten Arbeitsschritt in der Design-Phase verändert sich die »soziale Architektur« (Matthias zur Bonsen spricht hier auch gerne vom Betriebssystem) des Stadtteils oder der Organisation nachhaltig.

Es beginnt mit der Bearbeitung des Goose-Egg (Gänse Ei), wie es die Initiatoren David Cooperrider und Jane M. Watkins nennen. Drei konzentrische Kreise werden auf ein Flipchart oder auf Packpapier gemalt, im Innenkreis werden die Zukunftsaussagen eingetragen. Anschließend folgt ein Brainstorming. Es werden zwei Listen auf Flipcharts erstellt. Auf der Liste 1 oder Flipchart 1 stehen die Antworten auf folgende Frage: »Wer sind die wichtigsten Stakeholder im System?« Mit anderen Worten, wer sind die Menschen, die unseren Stadtteil real und funktional machen und ohne die der Stadtteil nicht existieren würde oder total anders wäre, als er jetzt ist?

Auf Liste 2 oder Flipchart 2 stehen die Antworten auf die nächste Frage: »Welche Elemente der sozialen Architektur (beispielsweise Leitbild, Strukturen, Führungsstil, Entscheidungsprozesse, Qualität, Transparenz, Finanzen) müssen präsent und vorhanden sein, damit unser Stadtteil wirksam und in Übereinstimmung mit unseren Werten und Visionen funktioniert?

Auf der Grundlage der beiden Listen übertragen die Teilnehmer/innen alle relevanten Stakeholder aus Liste 1, die einbezogen werden müssen, um ihre Zukunftsaussage zu realisieren, in den mittleren Ring. In den Außenring schreiben sie alle Elemente aus Liste 2, die verändert werden müssen, damit die Zukunftsaussage Wirklichkeit wird.
Im nächsten Schritt werden Aktionen und Stakeholder identifiziert, die erforderlich sind, um die Zukunftsaussage umzusetzen. Dazu werden die Stakeholder und sozialen Elemente farblich verbunden, auf Post-its oder Karten werden die erforderlichen Aktionen skizziert. Aus den Begriffen, die auf den Post-its oder Karten stehen, werden wiederum affirmative Zukunftsaussagen formuliert – diesmal sind es Aussagen auf der Mikroebene. Abschließend werden die Zukunftsaussagen der Mikroebene in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht.

Destiny-Phase

Die abschließende Destiny-Phase ist stark handlungsorientiert und zielt auf gemeinsame Vereinbarungen in den jeweiligen Projekt- oder Initiativgruppen. Die Beteiligten übernehmen Verantwortung für die Umsetzung der gemeinsam entwickelten Zukunftsaussagen. Sie vereinbaren Prioritäten in der Maßnahmen- und Aktionsplanung und legen zeitliche Parameter fest. Aus der Vielzahl der Zukunftsaussagen der Mikroebene formulieren sie inspirierende Maßnahmen, die kontinuierlich Lernen und Veränderungen unterstützen und festlegen, »was in Zukunft sein wird«.

Die Destiny-Phase entspricht im großen Ganzen der selbstorganisierten Handlungsplanung im Open Space. Die Teilnehmer/innen in einem AI-Prozess bleiben entweder bei ihrer Zukunftsaussage oder, was überraschenderweise oft passiert, die Teilnehmer/innen suchen sich eine andere Zukunftsaussage, an deren Umsetzung sie mitwirken möchten.

Die Handlungsplanung und Umsetzung wird selbstorganisiert durchgeführt. Damit dies möglich ist, muss in der Definitions-Phase mit dem Auftraggeber oder dem Kleinteam vereinbart werden, wie die Umsetzung erfolgen soll. Das WAS und WIE der Umsetzung muss bereits zu Beginn der Veranstaltung zusammen mit der Zielsetzung klar und deutlich kommuniziert werden.

Es gibt Auftraggeber, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügen und alle Projekt­ideen und Maßnahmen umsetzten wollen. Viele Auftraggeber wünschen sich eine Bewertung der Maßnahmen durch das Kernteam im Anschluss an den AI Summit. Es gibt Beispiele, in denen der Auftraggeber die Maßnahmenkosten durchrechnen und die Verbesserungs­effekte dann mit in die Priorisierung einfließen lässt. Erst auf dieser Grundlage gibt der Auftraggeber nach dem AI Summit grünes Licht für die Umsetzung.
Bei anderen Projekten gibt es überhaupt keine Umsetzungsplanung. Die generierten Maßnahmen und Projektideen werden in einem Sachstandsbericht aufgelistet und an den Auftraggeber weitergeleitet.

Nach jeder Phase gibt es eine Reflexion. Welche neuen Erkenntnisse nehme ich mit aus dieser Phase? Was habe ich wahrgenommen? Was habe ich gelernt? Die Reflexionen ermöglichen Lernerfahrungen zweiter Ordnung, die Stichworte von Teilnehmer/innen bieten oft die Möglichkeit, in die nächste Phase überzugehen. Die Aussage in der Reflexion einer Dream-Phase, »die hier gezeigten Visionen sind mir alle zu blumig und unkonkret!« bietet für das Moderatorenteam die Gelegenheit, den Hinweis zu geben, »dass es nach der Pause oder am nächsten Tag mit der Konkretisierung und Vereinbarung, was künftig sein soll, weitergeht.«

Seite 2: Die acht Prinzipien von AI

Die Theorie von AI beruht auf acht Prinzipien: das Prinzip des Konstruktivismus, der Simultaneität, der Poetik, der Antizipation, des Positiven, der Ganzheitlichkeit, der Umsetzung und das Prinzip der freien Wahl.

PrinzipienDefinition
Konstruktivistisches Prinzip    Wörter gestalten Erlebniswelten.
Die Wirklichkeit, wie wir sie kennen, ist eher subjektiv als objektiv.
Die Wirklichkeit wird sozial konstruiert durch Sprache und Dialog.
Prinzip der SimultaneitätErkunden gestaltet Veränderung.
Erkundung ist Intervention.
In dem Moment, in dem wir Fragen stellen, beginnt die Veränderung.
Prinzip der PoetikWir sind frei in der Entscheidung, was wir erkunden wollen.
Gemeinwesen und Organisationen sind wie ein offenes Buch, eine unendliche Quelle für Erkundungen und Lernen.
Prinzip der AntizipationBilder inspirieren Handlungen.
Menschliche Systeme bewegen sich in die Richtung ihrer Vorstellungen von der Zukunft.
Je positiver und hoffnungsvoller die Bilder von der Zukunft sind, desto positiver sind die vereinbarten Aktionen.
Prinzip des PositivenPositive Fragen führen zu positiven Veränderungen.
Für das Momentum weitreichender Veränderungen ist eine große Anzahl positiver Affekte und sozialer Verbundenheit erforderlich.
Das Momentum wird am besten generiert durch positive Fragen und die Verstärkung des positiven Kerns.
Holistisches Prizip der GanzheitlichkeitEine ganzheitliche Betrachtungsweise bringt das Beste zum Vorschein.
Ganzheitlichkeit bringt das Beste in Menschen und im Gemeinwesen zum Vorschein.
Die Beteiligung aller Stakeholder in einer Großgruppenkonferenz stimuliert die Kreativität und baut kollektive Kapazitäten auf.
Prinzip der UmsetzungSo handeln »als ob« ist sich selbst bewahrheitend.
Um wirklich eine Veränderung herbeizuführen, »müssen wir selbst die Veränderung sein, die wir in der Welt sehen wollen«.
Positive Veränderung passiert, wenn der initiierte Prozess, ein lebendiges Modell der Zukunft generiert.
Prinzip der freien WahlFreie Wahlmöglichkeiten setzen Energien frei.
Menschen leisten und engagieren sich mehr, wenn sie die Freiheit haben zu wählen, wo sie etwas beitragen möchten.
Freie Wahlmöglichkeiten stimulieren organisationale Exzellenz und positive Veränderungen.
Seite 3: Anwendungsbereiche und Themen für Appreciative Inquiry

Anwendungsbereiche und Themen für Appreciative Inquiry

Appreciative Inquiry wird weltweit angewandt in den Anwendungsbereichen und Themen, die in folgender Übersicht genannt sind.

Change AgendaBeispiele
Gemeinde- oder RegionalentwicklungBeteiligungsorientierte Planungen
Stärken identifizieren, Clusterbildung
Lokale Wirtschaftsentwicklung, Regionalmanagement
Revitalisierung von Innenstadtbereichen
Lernende Regionen
Regionalkonzepte, Tourismuskonzepte
Globale TransformationGlobale Initiativen, Global denken, lokal handeln
Förderung von Entwicklungen in
kleinen Gruppen und Initiativen
Teamentwicklung
Geschäftseinheiten entwickeln
Klausurtagungen
Erziehungsfragen, Sprachförderung von Kindern
Interne GruppenprozesseKonfliktlösung
Prozessoptimierung
OrganisationsentwicklungStrategieplanung
Organisationskultur
Moral heben und Bewahrung von ...
Organisationsstruktur
Leitbild, Mission, Visionsentwicklung
Verbesserung der gemeinsamen
Sichtweisen und Ressourcen
zwischen Organisationen
Bündnisse und Kooperationen
Ressourcen nutzen

Stärken und Grenzen der Methode

In Befragungen nannten Beteiligte von Appreciative Inquiry Prozessen sechs Gründe, warum Appreciative Inquiry funktioniert:

  • Es werden persönliche Beziehungen aufgebaut, die Beteiligten können sich als Menschen wahrnehmen und nicht nur in einer Rolle oder Funktion.
  • Es bietet Menschen die Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen.
  • Menschen erhalten Möglichkeiten zu träumen und die Träume mit anderen zu teilen.
  • Menschen können wählen, wie sie sich einbringen möchten.
  • Es fördert den Einfluss (Machtbefugnis) und die notwendige Unterstützung bei der Handlungsplanung.
  • Es ermutigt Menschen, positiv zu denken und zu handeln.

Eine Schwäche des Ansatzes liegt in seiner radikal positiven Grundhaltung und demokratischen Vorgehensweise. Was ist damit gemeint? Viele Organisationen oder Kommunen werden von Politiker/innen geleitet, die keine Erfahrungswerte mit stärkenbasierten Verfahren haben und sich die Qualität des Dialogs und die Wirkung in Richtung positiver Veränderung nicht vorstellen können. Darüber hinaus fehlt es oft auch an Mut, Neues auszuprobieren.

AI stößt dort an Grenzen, wo Kommando- und Kontroll-Strukturen eine demokratische Beteiligung von Menschen an Entscheidungsprozessen nicht vorsehen. Ob die Kultur einer Kommune oder Organisation die Anwendung oder Prinzipien von AI unterstützt, zeigt sich oft bereits dann, wenn ein Kernteam mit allen relevanten internen und externen Stakeholdern eingerichtet wird. Das Kernteam legt letztendlich die Richtung und die »Givens« des Veränderungsprozesses fest und ist gleichzeitig für den AI Practitioner der Resonanzkörper (sounding board) bei der Erstellung des Interviewleitfadens oder der vorgeschlagenen Methoden in den einzelnen Phasen.

Zum Abschluss noch ein Beispiel, dass dem einen oder anderen Entscheidungsträger Mut machen könnte: Im Jahr 2004 hatte der Generalsekretär der UN Kofi Annan zum World Summit 500 Führungskräfte aus der Wirtschaft und Zivilgesellschaft eingeladen. In einem überraschenden Schritt wählte er, im Gegensatz zu den sonst bei der UN üblichen Normen der sorgfältig orchestrierten Gremien, Reden und vorgefertigten Vereinbarungen, die Methode Appreciative Inquiry aus. Es war die größte derartige Veranstaltung, die die UN mit CEO’s von Unternehmen, wie Royal Dutch Shell, Goldman Sachs, Novartis, BMW, OTTO und Vertretern von NGO’s wie Oxfam, WWF und Gewerkschaften durchgeführt hat. Hauptziele waren u.a. eine Wachstumsstrategie gegen Armut zu entwickeln und die Zahl der Unternehmensvertreter für den Global Compact zu verdoppeln. Einige Jahre nach dem AI Summit wurden die Ziele erreicht oder überschritten. Nachdem Kofi Annan die Wirkung des stärkenbasierten Ansatzes kennengelernt hatte, schrieb er an David Cooperrider, der den World Summit moderiert hatte:

»Ich möchte gerne ihre innovative Methodologie Appreciative Inquiry empfehlen und mich für die Einführung bei den Vereinigten Nationen bedanken. Ohne dieses Verfahren wäre es sehr schwer, vielleicht sogar unmöglich gewesen, so viele Führungskräfte aus Unternehmen, der Zivilgesellschaft und Regierungen zur konstruktiven Mitwirkung zu gewinnen.« Kofi Annan