Richard Hauser (1911–1992) und seine Frau Hephzibah (1920–1981) haben mit ihrem Buch »Die kommende Gesellschaft« (München 1971) den Transport und die Verbreiterung der Aktivierenden Befragung in Deutschland entscheidend geprägt. Wolfgang Hinte, Fritz Karas und Alf Seippel griffen für ihre Beiträge zur Weiterentwicklung der Aktivierenden Befragung weitgehend auf das Werk der beiden Hausers zurück. Um allzu viele Doppelungen zu vermeiden, haben wir darauf verzichtet, die Ausführungen der Hausers erneut zu veröffentlichen. An zahlreichen Stellen befinden sich jedoch Grafiken aus deren Werk, um punktuell zumindest an der einen oder anderen Stelle den Geist der damaligen Aufbruchzeit der Gemeinwesenarbeit in Deutschland lebendig werden zu lassen.

Richard Hauser, in Wien als Sohn jüdischer Eltern geboren, war Soziologe, emigrierte 1938 nach England und war seit 1945 praktisch tätig – vom Aufbau und der Leitung einer Sozialhochschule in Rom über Tätigkeiten mit Körperbehinderten und Einwanderern in Australien bis hin zur Arbeit mit Häftlingen und westindischen Minoritäten in England und den USA. Die Nottingham University berief ihn zum Leiter des Institute for social education, in London baute er das Centre for Group Studies auf. Seit dem Jahr 1962 nahm Hauser Einfluss auf die Soziale Arbeit in der Bundesrepublik, gab wesentliche Impulse für die Obdachlosenarbeit und war Mitbegründer der Zentren für Gruppenstudien und Gemeinwesenarbeit in Osnabrück, Essen und Köln. Hephzibah Hauser, geborene Menuhin, studierte Klavier und begleitete ihren berühmten Bruder Yehudi zeitweise als Pianistin. Sie wird beschrieben als überaus offene und kontaktfreudige Frau, die sich für soziale und feministische Belange engagierte. Sie war an der Entwicklung der vielfältigen Ideen und Projekte ihres Mannes, den sie in Australien kennen lernte, wesentlich beteiligt.
Die aktivierende Arbeit mit Benachteiligten war dem Ehepaar das zentrale Anliegen. Richard und Hephzibah Hauser wollten zeigen, dass eine »brüderliche Gesellschaft«, reich an schöpferischen Möglichkeiten für alle Menschen, keine Utopie ist; dass sie ein erreichbares Ziel ist, wenn unterschiedliche Gruppen befähigt werden, ihrer eigenen sozialen Unwissenheit zu entwachsen und anderen zu helfen, dasselbe zu tun. Doch vor allem geht es den Autor/innen um praktikable Vorschläge, die anspruchsvolle Programmatik auch zu erreichen (vgl. Hauser, Hephzibah/ Hauser, Richard: Die kommende Gesellschaft. München 1971. – Klappentext).
Richard Hauser initiierte und begleitete darüber hinaus zahlreiche Projekte Ende der 60er und in den 70er-Jahren in der Bundesrepublik, auch die von Fritz Karas und Wolfgang Hinte. Da beide Hausers verstorben sind, greifen wir in den folgenden Ausführungen auf die Beschreibungen anderer zurück. Fritz Karas erinnert sich:
»1961 lud mich ein Bekannter, der immer auf dem neuesten Stand war, zu einem indischen Meister ein, der sagte, er sei in London bei Hauser gewesen, der habe ihn sehr beeindruckt und deshalb habe er ihn nach Köln eingeladen. Ich solle doch unbedingt zu dem Treffen kommen. Ich traf dort einen älteren Herrn, der uns von seiner Gemeinwesenarbeit in London erzählte. Das war nicht uninteressant, aber mir schien es etwas übertrieben, wie er die Gruppen, die sich im Gemeinwesen gebildet hatten, beschrieb. Deshalb fragte ich ihn, wie er denn an die Gruppen gekommen sei. Er sagte, durch eine Aktivierende Befragung im Gemeinwesen. Dann fragte ich ihn, wie das denn sei und hatte noch andere kritische Fragen. Darauf sagte er, ich will dir ja nichts einreden, aber komm doch mal nach London und sieh dir alles an! Das ließ ich mir nicht zwei Mal sagen und weil ich damals noch nie im Ausland gewesen war, fuhr ich nach London. Die Hausers wohnten im East-End, einem verwahrlosten Stadtteil. Dort lernte ich auch Hephzibah kennen, die mich sehr beeindruckte. Sie war die Schwester von Jehudi Menuhin und trat oft als Künstlerin mit ihrem Bruder auf.