Neuregelungen 2023 und 2020

Auf die Einschränkungen von Versammlungsfreiheit und Vereinsleben durch die Covid-19- Pandemie zwischen dem Frühjahr 2020 und dem Sommer 2022 hatte der Gesetzgeber mit einer temporären und generellen gesetzlichen Zulassung virtueller Mitgliederversammlungen und weiteren Maßnahmen zur rechtlichen Absicherung von Vereinen reagiert. Die Covid-19-Folgen-Gesetze schufen Ausnahmen für die im Vereinsrecht oder auch in der Satzung verankerten Anforderungen an Entscheidungs- und Organisationsprozesse von Vereinen. Diese Regelungen, die generell virtuelle Versammlungen und Beschlussfassungen in der Zeit der Pandemiekrise gestatteten, liefen zum 31. August 2022 aus. Im Anschluss entwickelten sich innerhalb der intensiven Debatte um Digitalisierung auch Überlegungen zu einer gesetzlichen Folgeregelung für den Vereinssektor. Sie mündeten in ein weiteres Gesetzesvorhaben, das im Frühjahr 2023 Geltung erlangte.

Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht

Zum 21. März 2023 trat das „Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht“ in Kraft (Bundesgesetzblatt Nr 72 v. 20.03.2023)

§ 32 BGB „Mitgliederversammlung; Beschlussfassung“ wurde geändert und um einen neuen Absatz 2 ergänzt:

„(2) Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.“

Damit ergeben sich folgenden grundsätzliche Möglichkeiten der Ergänzung von Mitgliederversammlungen in Präsenz bei Fehlen spezifischer Bestimmungen in der eigenen Vereinssatzung:

  • Vereine können nunmehr hybride Versammlungen abhalten. Mitgliederversammlungen in Präsenz werden dabei ergänzt um die elektronische Zuschaltung von Mitgliedern, die nicht physisch anwesend sind. Sie können aber Ihre Beteiligungs-, Rede-, Antrags- und Stimmrechte auf digitalem Wege (über alle denkbaren Formen elektronischer Kommunikation) wahrnehmen.
  • Rein virtuelle Versammlungen werden mittelbar ebenfalls ermöglicht. Allerdings muss dazu die Mitgliederversammlung einmalig für künftige Mitgliederversammlungen (alle oder nach besonderen Kriterien definierte) die Einberufung dieser Form digitaler Zusammenkünfte (und Entscheidungsprozesse) der Vereinsmitglieder beschließen. Im Regelfall der meisten Vereinssatzungen kann der Vorstand als zuständiges Einberufungsorgan anschließend je nach Voraussetzungen oder Bedarf die Entscheidung über die Planung entweder einer Präsenz- oder einer virtuellen Mitgliederversammlung treffen.
  • (Diese gesetzlichen Möglichkeiten, im Bedarfsfall neben Präsenzversammlungen hybride oder rein virtuelle Versammlungen und Beschlussverfahren zu organisieren, gilt auch für Versammlungen des Vorstands)

Eine ausführliche Darstellung der Nutzung der Möglichkeiten einer virtuellen Gestaltung des Vereinslebens findet sich in dem Kapitel "Virtuelle Mitgliederversammlung" dieser Praxishilfe. Es enthält Erläuterungen der Rechtsgrundlagen sowohl für die aktuelle Krisenbewältigung als auch für die dauerhaufte Verankerung in Satzung und Vereinsorganisation. Darüber hinaus werden detailliert organisatorische und technische Lösungen der praktischen Umsetzung präsentiert.

Drittes Bürokratientlastungsgesetz

Mit dem „Dritten Bürokratieentlastungsgesetz“ wurden ab Jahresbeginn 2020 auch die Erleichterungen im Umgang mit den Umsatzsteuerpflichten im Rahmen der sogenannten Kleinunternehmer-Regelung verbessert. Vereine, deren (eigentlich steuerpflichtigen) Umsätze in den Bereichen Zweckbetrieb oder auch wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 Euro (bis 2019: 17.500 Euro) und im folgenden voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen, brauchen keine Umsatz-(Mehrwert-)steuer ausweisen und abführen. Im Gegenzug ist allerdings auch kein Vorsteuerabzug möglich, d.h. die Verrechnung vereinnahmter Mehrwertsteuer gegen den Mehrwertsteueranteil in den eigenen Ausgaben. 

Jahressteuergesetz 2020

Zum 28.12.2020 trat das Jahressteuergesetz 2020 in Kraft.  Es schafft einige  Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht, die jedoch weit hinter den Reformerwartungen zviilgesellschaftlicher Organisationen, einzelner politischer Parteien und auch mancher Länderregierungen zurück bleiben. Der Katalog der anerkannten gemeinnützigen Zwecke in der Agabenordnung wurde erweitert und der wirtschaftliche Handlungsspielraum gerade kleinerer Vereine etwas vergrößert. Die Kooperation zwischen Vereinen unterschiedlicher Zweckausrichtung wurde verbessert und eine stärkere wechselseitige finanzielle Unterstützung ermöglicht. Monetäre Anreize für Spender wie für ehrenamtlich Tätige wurden erhöht. Schließlich wurde auch die Einführung eines zentralen Gemeinnützigkeitsregisters ("Zuwendungsempfängerregister") angekündigt.

Neue gemeinnützige Zwecke

Der Katalog gemeinnütziger Zwecke in § 52 Abs. 2 AO wurde wie folgt ergänzt:

  • die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder, des Umweltschutzes, einschließlich des Klimaschutzes, des Küstenschutzes und des Hochwasserschutzes; (Nr. 8)
  • die Förderung der Hilfe für politisch, rassistisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler, Kriegsopfer, Kriegshinterbliebene, Kriegsbeschädigte und Kriegsgefangene, Zivilbeschädigte und Behinderte sowie Hilfe für Opfer von Straftaten; Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer; Förderung des Suchdienstes für Vermisste, Förderung der Hilfe für Menschen, die auf Grund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden; (Nr. 10)
  • die Förderung der Heimatpflege, Heimatkunde und der Ortsverschönerung; (Nr. 22)
  • die Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht, der Kleingärtnerei, des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals, der Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Freifunks, des Modellflugs und des Hundesports;
  • die Förderung der Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen und die Förderung der Unterhaltung von Gedenkstätten für nichtbestattungspflichtige Kinder und Föten (Nr. 26, neu)

Erhöhung der Umsatzfreigrenze

Die Umsatzfreigrenze für steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (§ 64 Abs. 3 AO) wird von 35.000 Euro auf 45.000 Euro pro Jahr angehoben (bereits ab 2020).

Vereinfachung der Mittelverwendung für kleine Vereine

Die Verpflichtung zur zeitnahen Mittelverwendung (spätestens nach 2 Jahren) entfällt für gemeinnützige Organisationen, deren jährliche Einnahmen den Betrag von 45.000 Euro nicht übersteigen (§ 55 Absatz 1 Nummer 5 AO)

Vereinfachung der Mittelweitergabe zwischen gemeinnützigen Organisationen und Vertrauensschutz

Die Mittelweitergabe zwischen gemeinnützigen Körperschaften (auch ohne reinen Fördercharakter) wird nunmehr in vollem Umfang ("steuerlich unschädlich") anerkannt (§ 58 AO). Für die Organisation, die Mittel weiter gibt, besteht Vertrauensschutz so weit sich sich der aktuellen Anerkenung der Gemeinnützigkeit der Empfängerorganisation versichert hat (§ 58a AO)

Gemeinnützigkeitsregister ("Zuwendungsempfängerregister")

Bis zum Jahr 2024 soll bei dem Bundesamt für Steuern ein sogenanntes Zuwendungsempfängerregister aufgebaut werden, das öffentlich zugänglich sein wird und Transparenz im Spendenwesen schaffen soll mit einer Übersicht zu allen Organisationen, die Zuwendungsbestätigungen ausstellen dürfen. Die entsprechenden Daten sollen von den einzelnen Finanzämtern zur verfügung gestellt werden. Mit dem Register soll auch die Grundlage der Digitalisierung des Spendenwesens (und der Vereinfachung von Verwaltungsverfahren) geschaffeen werden.

Erhöhung der Freibeträge für ehrenamtliche (nebenberufliche) Tätigkeiten, Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale

Mit Wirkung zum 01.01.2021 wird der steuerliche Freibetrag für Tätigkeiten als Übungsleiter (»Übungsleiterpauschale«) nach § 3 Nr. 26 Einkommenssteuergesetz (EStG) auf 3.000 Euro / Jahr erhöht. Ebenso wird der Ehrenamtsfreibetrag (»Ehrenamtspauschale«) für allgemeine ehrenamtliche Tätigkeiten im Auftrag gemeinnütziger oder öffentlich-rechtlicher Körperschaften (nach § 3 Nr. 26a EStG) auf 840 Euro pro Jahr angehoben.

Vereinfachter Spendennachweis

Die Beitragsgrenze für den vereinfachten Spendennachweis durch einen Bareinzahlungsbeleg oder durch eine Buchungsbestätigung (nach § 50 Abs. 2 der Einkommenssteuer-Durchführungsverordnung) steigt von 200 Euro auf 300 Euro