Vorstandsneuwahl

Die 1. Vorsitzende eines gemeinnützigen Vereins ist zurückgetreten, die 2. Vorsitzende übernimmt das Amt bis zum Zeitpunkt der nächsten ordnungsgemäßen Wahl kommissarisch. Auf der Jahreshauptversammlung kommt keine Neuwahl zustande, da sich kein anderer Kandidat findet und die kommissarische 1. Vorsitzende nicht für das Amt der 1. Vorsitzenden kandidiert. Bleibt die kommissarische 1. Vorsitzende damit weiterhin kommissarisch noch im Amt bis zur Wahl einer NachfolgerIn oder endet ihre Amtszeit mit dem Tag der JHV, auf der sich keine neue Vorsitzende finden ließ? Wer vertritt den Verein während der Zeit bis zur Neuwahl nach außen hin gegenüber den Vereinsmitgliedern und gegenüber dem Amtsgericht?

Im Detail hängt die Antwort auf die Frage von den Bestimmungen der Satzung ab. Sie
müsste nach dieser Schilderung die Regelung enthalten, dass a) die Vorstandsmitglieder bis
zu einer (erfolgreichen) Neuwahl im Amt bleiben und b) auch eine kommissarische
Vertretung möglich ist.
Wir vermuten, dass auch die 2. Vorsitzende volle (gerichtliche und außergerichtliche)
Vertretungsvollmacht besitzt. Falls dies nicht zutreffen sollte, wäre der Verein ohnehin
handlungsunfähig. Im Falle einer solchen Handlungsunfähigkeit, müsste das verbliebene
Vorstandsmitglied bei dem zuständigen Rechtspfleger des Register(Amts-)gericht den Antrag
auf Bestellung eines sogenannten Not-Vorstandes einreichen.
Gibt es allerdings nach wie vor eine Vertretungsberechtigung durch die 2. Vorsitzende kann
die Einrichtung eines Not-Vorstandes nicht erfolgen und der Verein muss sich (im Rahmen
einer weiteren außerordentlichen Mitgliederversammlung) darum bemühen, die
Vorstandsämter wieder ordnungsgemäß zu besetzen.
Nach unseren Erfahrungen gibt es mit traditionellen, hierarchischen und nicht funktional
bestimmten Vorstandskonstruktionen (1. Vorsitzende/r, 2. Vorsitzende/r, Kassenwart,
Schriftführer usw.) in wachsendem Maße Schwierigkeiten der Nachbesetzungen gerade für
das Amt des/der 1. Vorsitzenden. Damit sind in aller Regel Ängste vor übermäßig starker
Verantwortung und Zeitbelastung verbunden. Modernere (kollegiale) Geschäftsführungs- und
Vorstandsmodelle können helfen, diese Ängste zu vermindern und die realen
Verantwortlichkeiten und Zeitaufwände besser zu verteilen. Ein solches Modell würde
konkret bedeuten:
a) einen 3- oder 5-köpfigen Vorstand
b) mit gemeinsamer (gerichtlicher wie außergerichtlicher) Vertretungsberechtigung von
jeweils 2 Vorstandsmitgliedern, deren Zusammensetzung immer wieder wechseln kann
(Vorteile: gemeinschaftliche Kontrolle durch 4-Augen-Prinzip, wechselnde Belastung und
Verantwortlichkeit auf der Basis gemeinsamer Beschlüsse des Gesamt-Vorstands,
Entwicklung und flexible Anpassung einer funktionalen Aufgabenteilung zwischen allen
Vorstandsmitgliedern, geringere Machtfülle aber auch geringere Belastung Einzelner)
Falls so etwas für Ihren Verein denkbar wäre, müsste eine MV vor einer Neuwahl des
Vorstands dann auch über eine entsprechende Satzungsänderung beschließen.

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