In-Sich-Geschäfte

Mit einer Gruppe von Menschen stehe ich kurz vor einer Vereinsgründung: Viele Gespräche und viel Zeit haben wir mit der Frage zugebracht, wie das Verhältnis zwischen Vorstand und Projektdurchführung ist. Da wir zunächst ein kleiner Verein sein werden, der bereits bestehende Projekte gezielt verfolgen will, ist die Situation unvermeidbar, dass der Vorstand auch an der Projektdurchführung beteiligt ist.

Probleme treten nun auf, wenn ein Vorstandsmitglied (ab 500 2 mitglieder) einen Vertrag unterschreiben und dann selbst als Mediator/innen oder Teamleiter/innen honoriert werden. Ist das überhaupt zulässig und wenn ja, verstößt das gegen den guten Ton? Sollte diese Möglichkeit in der Satzung verankert werden?

Zu Ihrer ersten Frage gibt es relativ klare rechtlich Vorgaben. Wenn ein vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied Verträge mit sich selbst abschließt, handelt es sich um sogenannte In-Sich-Geschäfte. Sie sind (nach § 181 BGB) grundsätzlich verboten, es sei denn der sogenannte »Geschäftsherr« stimmt dem ausdrücklich zu. In Ihrem Fall ist dieser »Geschäftsherr« der Verein und kann dem In-Sich-Geschäft nur über eine Mitgliederversammlung zustimmen. Das könnte aber bereits die Gründungsversammlung und es wäre auch möglich, diese Erlaubnis in der Satzung festzuschreiben.
Wir raten Ihnen dringend ab. Aus der Sicht der (Vereins-)Registergerichte und noch mehr der (für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit zuständigen) Finanzämter könnte das als höchst anrüchig betrachtet werden. Ohne einen solchen Beschluss oder eine entsprechende Satzungbestimmung kommen solche In-Sich-Geschäfte aber nicht in Betracht. (Vorsicht: auch wenn ein Verein dies aus Unwissenheit zuläßt, kann es zur rückwirkenden Aberkennung der Gemeinnützigkeit, zu hohen Steuernachzahlungen und zu entsprechenden Haftungsfolgen für den Vorstand aber auch den Verein insgesamt kommen).
Welche anderen Lösungen gibt es? Für den von Ihnen geschilderten Fall aus unserer Praxisbegleitung relativ einfache: Zum Beispiel ein dreiköpfiger Vorstand (mit jeweils gleichberechtigter Außenvertretung und Vier-Augen-Prinzip, d.h. immer zwei Vorstandmitglieder müssen gemeinsam entscheiden. Aus unserer Sicht die beste Vorstandslösung, immer noch handlungsfähig, grundsätzlich keine Blockaden und immer Mehrheiten). In diesem Fall beschließen zwei Vorstandsmitglieder die Beauftragung des dritten mit der Projektdurchführung und schließen einen entsprechenden Vertrag mit ihm ab.
In dieser Eigenschaft ist das Vorstandsmitglied (weisungsgebundener) Mitarbeiter des Vereins (und sollte sich aus Vorstandsentscheidungen in eigener Sache tunlichst heraushalten). In allen anderen Angelegeneheiten des Vereins bleibt diese Vorstandsmitglied natürlich weiterhin uneingeschränkt stimmberechtigt. Hierbei müssen aber auch die entsprechenden arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen beachtet werden.
Für ein Vorstandsmitglied als Geschäftsführer gilt im übrigen das gleiche Verbot der In-Sich- Geschäfte.
Vielleicht eine (eher unpopuläre) Empfehlung. Nach unserer Beobachtung ist die Verquickung von Vorstandstätigkeit und (bezahlter) operativer Tätigkeit für den Verein ein beständiger Konfliktherd.

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