Planung

Die Arbeit mit Freiwilligen innerhalb von Aktionen und Kampagnen unterscheidet sich erheblich von der alltäglichen Arbeit mit Freiwilligen in Organisationen und der Mitgliederbetreuung in großen Verbänden. Einige Besonderheiten des Freiwilligenmanagements und der Freiwilligenkoordination bei Kampagnen und Aktionen liegen auf der Hand: Die Planungen für das Engagement umfassen einen kurzen Zeithorizont; es findet im Vorfeld nicht immer ein persönliches Kennenlernen aller Beteiligten statt, so dass sich sowohl unter den Engagierten, als auch zwischen Freiwilligenkoordinator/in und Engagierten keine individuelle Beziehung entwickeln kann.

Häufig wird bei öffentlichkeitswirksamen Kampagnen und Aktionen nur über die politische Wirkung nachgedacht, nicht aber darüber, wie sich dadurch Freiwillige gewinnen lassen. Gerade deshalb müssen die beabsichtigten Intentionen vor der Aktion/Kampagne besprochen und mit möglichen anderen Zielen abgeglichen werden. Daher lohnt es sich, folgende Themen und Fragestellungen vorher zu reflektieren:

Was soll die Aktion/Kampagne für die bereits aktiven Freiwilligen bringen

  • Soll die Aktion/Kampagne die Gruppendynamik verbessern?
  • Soll die Aktion einen Generationswechsel in der Gruppe vorbereiten?
  • Sollen unerfahrene Aktive von den erfahreneren Aktiven etwas lernen?
  • Sollen unterschiedliche Aktionsstrategien miteinander in Einklang gebracht werden?
  • Verfolgen unterschiedliche Freiwillige innerhalb der Gruppe unterschiedliche Aktionsstrategien?

Welche Wirkung soll die Teilhabe auf neue Freiwillige haben?

  • Sollen Neue animiert werden, Verantwortung zu übernehmen?
  • Sollen die Freiwilligen selbst mehr über das Aktionsanliegen oder das Thema der Kampagne lernen?
  • Sollen die Freiwilligen für die Organisation begeistert werden und hinterher verstärkt mitmachen?

Ist Mitgliedergewinnung über die Aktion oder Kampagne geplant?

  • Geht es darum besonders für neue Interessierte zu glänzen?
  • Sollen ehemalige Aktive zurückgewonnen werden?
  • Sollen interessierte Passant/innen angeregt werden, sich für die Ziele der Organisation oder das Kampagnenanliegen hinterher tatkräftig zu engagieren?
  • Sollen Aktive für kommende Aktionen geworben werden?
  • Sollen Spender/innen geworben werden?

 

Tipp

Alle Zielgruppen lassen sich bei einer Aktion kaum erreichen. Vorher überlegt werden muss deshalb: Seid ihr für die gewählte Zielgruppe gut vorbereitet? Ganz entscheidend, aber gern vernachlässigt, wird in dem Zusammenhang die Frage, wie Initiativen mit neuen Aktiven oder Interessierten umgehen und welche (Mitmach-)Angebote sie ihnen machen können. Dafür muss geklärt sein, inwiefern ein Quereinstieg in eine laufende Kampagne überhaupt möglich ist. Lassen sich zu jedem Zeitpunkt noch neue Aktive bzw. Freiwillige hinzunehmen?

Neben den Zielen müssen auch die Verantwortlichkeiten für die Aktion besprochen werden:

 

  • Wer ist für die Koordination der Freiwilligen bei der Aktion/der Kampagne zuständig?
  • Gibt es eine/n einzelne/n Freiwilligenkoordinator/in oder wird die Aufgabe als Team verantwortet?
  • Welche Typen von Freiwilligen nimmt die Freiwilligenkoordinator/in in den Blick?

Das Spektrum der Freiwilligen bei Aktionen und Kampagnen ist facettenreich: Es gibt Aktive, die Verantwortung für die Aktion übernehmen, Helfende, die Anweisungen ausführen, Aktionsteilnehmer/innen, die für das an die Presse gehende Foto der Aktion eine eher optische Rolle einnehmen. Daneben gibt es solche Aktive, die aufgrund ihres »offiziellen Mitgliedsstatus« und möglicherweise langjährigem Engagement eine Sonderrolle einnehmen oder eine Sonderbehandlung erwarten; und nicht zuletzt gibt es Menschen, die bei der Aktion spontan und ohne jegliche Vorbereitung mitmachen.

Wer darf was und wird auf welche Weise an Entscheidungen beteiligt?

Wie können alle diese verschiedenen Rollen eingeordnet werden? Dies muss besprochen werden, damit die Freiwilligenkoordinator/in während der Aktion oder Kampagne eine »Instant-Rollenklärung« vornehmen kann. Das heißt: auch im Trubel vor der Aktion muss die Freiwilligenkoordinator/in die Menschen augenblicklich in die unterschiedlichen Kategorien einordnen können,  was Rechte und Pflichten von Mitgliedern, Aktiven, Aktionsteilnehmenden betrifft.

Bei Kampagnen, die in Kooperation mit anderen Organisationen entstehen, sollte im Vorfeld vereinbart werden, wer die Verantwortung für die engagierten Freiwilligen trägt und wer deren Handeln ganz oder teilweise koordiniert. Auch die Zusammenarbeit der Freiwilligenkoordinierenden der verschiedenen Gruppen und Organisationen muss geklärt sein.

Nicht unerheblich ist auch der Umgang mit »zu vielen« Freiwilligen. Was passiert, wenn für ein Aktionsbild genau 40 Personen benötigt werden? Hat man »Pech«, kommen 80 Menschen und die Hälfte kann nicht mitmachen. Viele dieser Menschen werden sich kaum wieder die Mühe machen, einem Aktionsaufruf zu folgen, wenn sie befürchten müssen, sich nicht sinnvoll beteiligen zu können.

Gruppenidentität

Bei Aktionen gibt es zudem die Herausforderung, eine Ad-hoc-Gruppenidentität der Engagierten herzustellen, beispielsweise durch einheitliche Kleidung oder Verkleidung, einen gemeinsamen Sprechchor oder gemeinsame Schilder. Die so vermittelte Gruppenidentität erleichtert es den Freiwilligen, sich zusammen mit zum Teil unbekannten Personen gemeinsam motiviert für etwas einzusetzen.

Spannend wird die Frage der Gruppenidentität der Freiwilligen bei Kooperationen. Sind die Freiwilligen für das übergreifende Thema aktiv oder als Vertreter/innen der einzelnen Bündnisorganisationen? Vor einigen Jahren noch wäre diese Frage eindeutig zu beantworten gewesen. Inzwischen lässt die Bindung von Freiwilligen an eine bestimmte Organisation jedoch immer mehr nach. Viele Engagierte kommen nicht mit einem bestimmten Organisationshintergrund zu einer Bündnisaktion, sondern sie engagieren sich temporär befristet und organisationsunabhängig; zudem haben sie den Aktionsaufruf nicht über einen einzelnen organisationsgebundenen Kommunikationskanal erhalten, sondern möglicherweise über verschiedene Kanäle verschiedener Organisationen.

Tipp

Besonders für diese eher spontan oder neu engagierten Menschen muss erkennbar sein, wer Ansprechperson für sie ist, wer die Aktion koordiniert und was auf sie zukommt. Bei Aktionen kann das bedeuten: Die Koordinator/in begrüßt zu Beginn alle Teilnehmenden, erklärt Anlass, Ziel und Ablauf und gibt während der Aktion für alle regelmäßige Updates. So wird verhindert, dass sich Aktive nicht gebraucht fühlen und unverrichteter Dinge wieder gehen.