Gewinnung

Wie gewinnen (zivilgesellschaftliche) Initiativen und Organisationen neue Freiwillige?
Qualifizierungskurse, die um dieses Thema kreisen, werden im professionellen Freiwilligenmanagement am häufigsten nachgefragt. Sie versprechen ihren Teilnehmer/innen die nötige Kompetenz, um erfolgreich Freiwillige für ihr Anliegen gewinnen zu können. Wenn eine Organisation Nachwuchssorgen hat, mangelt es jodoch nicht immer und unbedingt an Kompetenz. Meistens fehlt lediglich die Zeit für gründliche und nachhaltige Freiwilligenarbeit.

Tipp

Sie benötigen kein ausgeklügeltes Fachwissen, um erfolgreich Freiwillige zu gewinnen. Alles, was Sie brauchen, sind Zeit und Gründlichkeit. Am Anfang steht die Grundfrage: Suchen Sie in erster Linie Menschen für eine feststehende Aufgabe bei einer einzelnen Aktion oder Kampagne? Oder wollen Sie stattdessen Menschen für die langfristige Mitarbeit in Ihrer Organisation gewinnen und dann schauen, welches Aufgabenfeld (im Rahmen einer Kampagne) zu Ihnen passt? Kampagnen und Aktionen brauchen meist beides, manchmal sogar gleichzetig. Und doch muss man unterschiedlich vorgehen.

Beispiel

Ausgangslage 1: Ihr habt viel vor – die Aufgaben stehen fest und es fehlen noch Menschen.

Ein Beispiel: Geplant ist eine Kampagne für Spielsachen, die sich nicht auf Geschlechterstereotypen beziehen. Die Kampagne soll online in der Vorweihnachtszeit stattfinden. In den Bereichen Werbung, Presse und Campaigning ist die Initiative komplett; benötigt werden Menschen, die positive Spielebeispiele porträtieren (genderneutrale Brettspiele, Schulhofspiele, Basteltätigkeiten). Bei der Suche nach Freiwilligen helfen nun folgende Leitfragen (vgl. Paritätische Akademie o.J.):

 

  • Welche Personengruppen kommen als Freiwillige für die entsprechenden Aufgaben in Frage? Wen hättet ihr gerne dabei?
  • Sollen diese Menschen bestimmte Vorkenntnisse haben, wenn ja welche?
  • Wie würdet ihr eure Zielgruppe beschreiben?
  • Wo finden sich diese Personen/Gruppen?
  • Welche Medien benutzen sie und welche öffentlichen Einrichtungen werden von ihnen in Anspruch genommen?
  • Welche Netzwerke werden von ihnen kontaktiert?
Beispiel

Ausgangslage 2: Ihr seid zu Wenige – Was die neuen Freiwilligen machen, können sie selbst entscheiden.

Ein Beispiel: Eine studentische Aktions-Gruppe zu kritischer Wirtschaftswissenschaft hat viele ihrer Mitglieder verloren. Ein kleiner Kreis von Studierenden möchte weitermachen und sucht nun neue Mitglieder.

 

  • Welche Zielgruppe(n) könnt(en) sich für eine Mitarbeit bei euch interessieren?
  • Welche Interessen, Gewohnheiten und Bedürfnisse haben diese Personen/Gruppen?
  • Wo könnt ihr auf neue Menschen treffen, die euch noch nicht kennen, aber für euer Anliegen zu begeistern wären?
  • Stehen finanzielle Mittel für die Gewinnung von Freiwilligen zur Verfügung?
  • Was gibt es für Hindernisse, sich bei euch zu engagieren? (z.B.: die Vorbereitungstreffen für die Aktion sind schlecht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, nicht für Menschen mit Kindern geeignet, es werden Vorkenntnisse verlangt, die Diskussionskultur ist nicht einladend etc.)
  • Selbstkritik üben: Welchen Nutzen stiften wir für Engagierte? Was haben sie davon, sich bei uns und nicht bei einer anderen Organisation oder Gruppe zu engagieren?

A+++: ansprechend – ansprechen – ansprechbar sein

Die meisten Organisationen gewinnen Freiwillige, indem sie sie persönlich ansprechen. Wer selbst aktiv ist, ob haupt- oder ehrenamtlich, kann anderen besonders authentisch von seinem Engagement oder seiner Tätigkeit berichten. Die Erfahrung lehrt daher zwei Dinge: Ihr kennt die meisten Menschen, die sich in Zukunft bei euch engagieren werden, bereits. Und zufriedene und begeisterte Aktive sind eure beste Werbung.
    
Wenn Organisationen potentielle Mitstreiter/innen ansprechen, sollte klar sein,

  • für welche konkreten Aufgaben sie Freiwillige gewinnen möchten
  • was sie von Freiwilligen erwarten bzw. wozu sie sich verpflichten müssen
  • was das Engagement den Freiwilligen bringt.


Wenn unterschiedliche Menschen und unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden, dann sollte Klarheit über deren mögliche Motive, sich zu engagieren, bestehen. Auskunft über die überraschend große Spannweite individueller Engagement-Motive gibt der sog. Freiwilligensurvey , der zuletzt im Frühjahr 2016 neu erschienen ist. Demnach wünschen sich immer mehr engagierte Menschen, durch ihr Engagement etwas dazuzulernen. Und gerade Freiwillige, die sich bei Aktionen engagieren, suchen Spaß und Abenteuer. Es gilt, die individuellen Motive und Bedürfnisse der Engagierten herauszufinden, damit das Angebot, sich zu engagieren, zur Lebenswirklichkeit der Personen passt.