Im Oktober 2022 wurde der vorgezogene Braunkohleausstieg 2030 im »Rheinischen Revier« vereinbart. Der vorgezogene Ausstieg hat zur Folge, dass einige der vom Tagebau Garzweiler betroffenen Ortschaften aufgrund einer Verkleinerung des Abbaugebiets doch nicht der Braunkohle weichen müssen und erhalten bleiben. Die Entscheidung kommt für die meisten Bewohner/innen jedoch zu spät. Gut zwei Drittel der Menschen sind bereits umgesiedelt. Aus Perspektive der Beforschung von Beteiligungsprozessen sind die damit verbundenen Auswirkungen dennoch – oder gerade deshalb besonders – interessant. Felix Leo Matzke und Michael Kolocek stellen in ihrem Gastbeitrag erste Zwischenergebnisse des im Herbst 2021 gestarteten Forschungsprojekts »Zusammenhalt hoch drei« vor. Dessen Ziel ist es, die (soziokulturelle) Daseinsvorsorge und den sozialen Zusammenhalt in den Orten des Rheinlandes zu untersuchen und zu stärken, die in den letzten Jahrzehnten vom Braunkohletagebau betroffen waren und es nach wie vor sind. Sie zeigen beispielhaft die Potenziale und Grenzen von transformativen Forschungsvorhaben in einer Region auf, die sich im Strukturwandel befindet. Dabei zeichnet sich der transformative Forschungsansatz dadurch aus, dass unterschiedliche Forschungs- und Beteiligungsmethoden erprobt und lokale Akteure sowie die Bewohnerschaft am Forschungsprozess beteiligt werden.
Beteiligung in Schule und Kindergarten
Die demokratische Beteiligung von Eltern und Kindern gehört in Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten oder anderen pädagogischen Einrichtungen zum Alltag. Alle genannten Institutionen sind deshalb für Kinder, Eltern und Lehrer/innen immer auch ein Lern- und Praxisfeld für Demokratie und demokratisches Handeln.
Die sog. Elternvertretungen in Grundschulen und weiterführenden Schulen werden je nach Bundesland auch Elternbeirat, Elternrat, Elternausschuss, Elternkuratorium oder Elternpflegschaft genannt. Der Bundeselternrat ist die Arbeitsgemeinschaft der Landeselternvertretungen in Deutschland. Die Einrichtung von Elternvertretungen ist in den Schulgesetzen aller Bundesländer vorgeschrieben. Aufgrund der Bildungshoheit der Bundesländer sind neben den Gremienbezeichnungen auch die Aufgaben und genauen Mitwirkungsrechte zwischen den einzelnen Bundesländern uneinheitlich geregelt. Jedoch gibt es bundesweit ähnliche Strukturen und Ziele. Grundsätzlich gilt: Elternvertretungen sollen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Schule und Elternhäusern ermöglichen und Eltern an allen wesentlichen, die Schule betreffenden Entscheidungen beteiligen.
Partizipation ist auch das Wesen der Schülervertretung, die mit verschiedenen Beteiligungsrechten im Schulrecht verankert ist. Schülerinnen und Schüler arbeiten nicht nur in den Mitwirkungsmöglichkeiten der jeweiligen Schule, sondern sind auch in Landesvertretungen organisiert. Die Bundesschülervertretung ist mittlerweile in die Bundesschülerkonferenz, die wiederum aktuell grundlegend umstrukturiert wird.
Neben der gesetzlich vorgeschrieben Elternbeteiligung binden manche Schulen, zum Teil in Kooperation mit den Kommunen, Schülerinnen und Schüler auch über sog. Kinder-, Jugend- oder Schulparlamente in demokratische Prozesse in Schule und Gemeinwesen ein.
Auch in Kindergärten und Kindertagesstätten ist die Elternvertretung gesetzlich vorgeschrieben. Die Wahlen zum Elternbeirat der Kindertagesstätten werden in den Landesausführungsgesetzen der Bundesländer zum Kinder- und Jugendhilfegesetz gesetzlich geregelt.
- Koop, Alexander: Der Schülerhaushalt – Ein Modell der Kinder- und Jugendbeteiligung in Schulen und Kommunen (5/2014), pdf
- Tramm, Jürgen: Die Modellschulen für Partizipation und Demokratie in Rheinland-Pfalz (5/2014), pdf
- Abendschön, Simone: Kinder und Politik? Ergebnisse einer Studie zum Demokratielernen (8/2012), pdf
- Regner, Michael / Schubert-Suffrian, Franziska: Partizipation und Demokratie in Kindertagesstätten (8/2012), pdf
- Zwiener, Susanne: Kinder mischen mit – Das Kinderparlament in Hilden (4/2011), pdf
- Hansen, Rüdiger / Knauer, Raingard: Was Kitas brauchen, um Kinderstuben der Demokratie zu werden (21/2008), pdf