Das Konzept der sog. »Bürgerkommune« ist nicht neu. Bürgerkommunen wollen durch eine Erweiterung der Bürgerbeteiligung und des bürgerschaftlichen Engagements das Zusammenspiel zwischen Bürger/innen, kommunaler Politik und Verwaltung neu gestalten. Auf die Frage, wie die Rolle der gewählten politischen Gremien in der Bürgerkommune theoretisch zu denken und praktisch zu gestalten sei, sind die Antworten jedoch bis auf wenige Ausnahmen eher vage geblieben. Filderstadt, eine Mittelstadt in der Region Stuttgart, hat sich vor fünf Jahren systematisch auf den Weg gemacht, unter dem Leitbild der Bürgerkommune das Kräftedreieck Bürger, Politik und Verwaltung neu aus zu tarieren. Prof. Dr. Paul-Stefan Ross, Studiengangsleiter Soziale Dienste in der Jugend-, Familien- und Sozialhilfe an der Berufsakademie Stuttgart, und Thomas Haigis, Referatsleiter Bürgerbeteiligung und Stadtentwicklung in Filderstadt, beschreiben zusammen mit Dr. Christine Grüger, Raumplanerin und Fachberaterin für Dialogprozesse und Bürgerschaftliches Engagement im Zentrum für Zivilgesellschaftliche Entwicklung an der Ev. Fachhochschule Freiburg, in ihrem Gastbeitrag, wie das Regieren in der Bürgerkommune im Sinne konkreter Strukturelemente und Verfahrensweisen gedacht und umgesetzt werden kann. Ihr Fazit: In einem transparenten und fairen Zusammenspiel von Bürgerschaft, öffentlicher Verwaltung und Gemeinderat entsteht eine erhöhte Problemlösekapazität, die keiner der Beteiligten für sich allein hätte zu Stande bringen können.
Beteiligung in Schule und Kindergarten
Die demokratische Beteiligung von Eltern und Kindern gehört in Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten oder anderen pädagogischen Einrichtungen zum Alltag. Alle genannten Institutionen sind deshalb für Kinder, Eltern und Lehrer/innen immer auch ein Lern- und Praxisfeld für Demokratie und demokratisches Handeln.
Die sog. Elternvertretungen in Grundschulen und weiterführenden Schulen werden je nach Bundesland auch Elternbeirat, Elternrat, Elternausschuss, Elternkuratorium oder Elternpflegschaft genannt. Der Bundeselternrat ist die Arbeitsgemeinschaft der Landeselternvertretungen in Deutschland. Die Einrichtung von Elternvertretungen ist in den Schulgesetzen aller Bundesländer vorgeschrieben. Aufgrund der Bildungshoheit der Bundesländer sind neben den Gremienbezeichnungen auch die Aufgaben und genauen Mitwirkungsrechte zwischen den einzelnen Bundesländern uneinheitlich geregelt. Jedoch gibt es bundesweit ähnliche Strukturen und Ziele. Grundsätzlich gilt: Elternvertretungen sollen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Schule und Elternhäusern ermöglichen und Eltern an allen wesentlichen, die Schule betreffenden Entscheidungen beteiligen.
Partizipation ist auch das Wesen der Schülervertretung, die mit verschiedenen Beteiligungsrechten im Schulrecht verankert ist. Schülerinnen und Schüler arbeiten nicht nur in den Mitwirkungsmöglichkeiten der jeweiligen Schule, sondern sind auch in Landesvertretungen organisiert. Die Bundesschülervertretung ist mittlerweile in die Bundesschülerkonferenz, die wiederum aktuell grundlegend umstrukturiert wird.
Neben der gesetzlich vorgeschrieben Elternbeteiligung binden manche Schulen, zum Teil in Kooperation mit den Kommunen, Schülerinnen und Schüler auch über sog. Kinder-, Jugend- oder Schulparlamente in demokratische Prozesse in Schule und Gemeinwesen ein.
Auch in Kindergärten und Kindertagesstätten ist die Elternvertretung gesetzlich vorgeschrieben. Die Wahlen zum Elternbeirat der Kindertagesstätten werden in den Landesausführungsgesetzen der Bundesländer zum Kinder- und Jugendhilfegesetz gesetzlich geregelt.
- Koop, Alexander: Der Schülerhaushalt – Ein Modell der Kinder- und Jugendbeteiligung in Schulen und Kommunen (5/2014), pdf
- Tramm, Jürgen: Die Modellschulen für Partizipation und Demokratie in Rheinland-Pfalz (5/2014), pdf
- Abendschön, Simone: Kinder und Politik? Ergebnisse einer Studie zum Demokratielernen (8/2012), pdf
- Regner, Michael / Schubert-Suffrian, Franziska: Partizipation und Demokratie in Kindertagesstätten (8/2012), pdf
- Zwiener, Susanne: Kinder mischen mit – Das Kinderparlament in Hilden (4/2011), pdf
- Hansen, Rüdiger / Knauer, Raingard: Was Kitas brauchen, um Kinderstuben der Demokratie zu werden (21/2008), pdf