Suchen, was noch brach liegt

Seite 1: Fragen nach Ressourcen und Lösungen

Diese Beispiele erfolgreicher Ressourcenarbeit mit Migrantenfamilien sind nicht unbedingt spektakulär. Meist sind es eher Kleinigkeiten, die von Praktiker(inne)n genutzt werden. Doch wie Steve de Shazer formuliert, Ressourcenarbeit ist »simple, but not easy.« Es braucht den passenden Ressourcenblick und das richtige methodische Instrumentarium. Wir haben Ihnen hier einige Hinweise zusammengestellt, wie sich ein ressourcenorientierter Arbeitsansatz leichter verwirklichen lässt.

Was kann hilfreich sein für eine ressourcenorientierte Kooperation?

  • Wertschätzung der Anwesenheit
  • Fragende Neugier
  • Blickkontakt
  • Anerkennendes Verständnis
  • Wertschätzen, was da ist, und nicht suchen, was fehlt
  • Betonen, dass die Person schon eine Menge geleistet hat
  • Aufmerksam sein – Kleinigkeiten wahrnehmen und kleinen Hinweisen folgen
  • Positives stärken – Negatives reduzieren
  • Positive Eigenschaften ansprechen (Verlässlichkeit, Vertrauen…)
  • Negative Äußerungen ins Positive wandeln
  • Positive Umdeutungen als negativ benannter Konstrukte
  • Die Familie ernst nehmen, d.h. nicht drängen und auch respektieren, wenn etwas nicht gesagt wird.

 

Fragen nach Ressourcen und Lösungen

Oft muss das erwähnte »Hervorquellen« der Ressourcen durch ein kommunikatives »Bohren« unterstützt werden. Fragen sind dabei die Spitze des sozialarbeiterischen Bohrers. Gut geeignet sind Fragen nach den Interessen und Bedürfnissen einer Person oder danach, worauf sie besonders stolz ist und was in ihrem Leben gut funktioniert. Außerdem lohnt es immer, danach zu fragen, wie es einer Person gelingt, mit dem, was sie als problematisch formuliert, umzugehen. Hier finden Sie einige möglicherweise hilfreiche Formulierungen:

Welche Fragen können die Formulierung eigener  Ressourcen und Lösungen unterstützen?

  • Was machen Sie alles?
  • Was macht Ihnen Spaß – beispielsweise mit Ihrem Kind?
  • Was mögen Sie gerne?
  • Was erträumen Sie sich?
  • Was interessiert Sie?
  • Was machen Sie in der freien Zeit?
  • Was haben Sie früher gerne gemacht – beispielsweise Hobbys?
  • Welche Menschen mögen Sie gerne?
  • Was würde Person XY sagen, dass Sie gut können?
  • Was würde Person XY über Sie sagen, was Sie an Ihnen schätzt?
  • Was gefällt Ihnen am Anderen – beispielsweise an Ihrem Kind?
  • Woran würden Sie merken, dass es ihm gut geht?
  • Was haben Sie bisher dafür getan?
  • Wann hat das schon mal geklappt? Was haben Sie da getan?
  • Was genau klappt gut?
  • Was daran klappt gut? Wo funktioniert das gut?

 

Seite 2: Schatzkarten, Bewältigungsfragen

Schatzkarten der Sozialarbeit

Ressourcensuche ist eine Schatzsuche. Vieles ist verborgen oder in Vergessenheit geraten, weil es lange brachlag. Um diese Schätze zu heben, kann es hilfreich sein, Instrumente einzusetzen, wie beispielsweise eine Ressourcen-Karte. Sie kann insbesondere bei längeren Beratungsprozessen hilfreich sein. Wichtig hierbei ist, dass das Erheben der Ressourcen stets gemeinsam im Dialog mit der betroffenen Person stattfindet. Denn wie bereits erwähnt: Es ist alles eine Frage der Betrachtung. Wir können als professionell Tätige vieles als Ressource benennen, für die betroffene Person muss es deshalb noch lange keine sein. Und natürlich andersherum genauso!

Bewältigungsfragen

In sehr intensiven Beratungsprozessen gibt es manchmal Situationen, bei denen es aufgrund der aktuellen Krisenlage einer Familie auf den ersten Blick nicht so aussieht, als ließe sich eine Menge von Ressourcen finden. Hier stehen Sozialarbeiter/innen oft vor einer großen Herausforderung, diesen Blick dennoch nicht zu verlieren. Man halte sich vor Augen: Gold wird bekanntlich aus Flussschlamm gewaschen.

Ein Ansatzpunkt in einer zunächst scheinbar aussichtslosen Situation kann die Frage danach sein, wie es der Person gelingt, diese Situation tagtäglich zu bewältigen. Hier einige Beispiele für sogenannte Bewältigungsfragen, die aus einem Arbeitsbuch für US-amerikanische Kinderschutzfälle stammen (BERG/ KELLY 2001: 143 ff):

  • »Ich kann mir vorstellen, mit diesen Kindern hat man wirklich einiges zu tun. Ich bin mir sicher, Sie müssen den ganzen Tag auf alles gefasst sein. Wie schaffen Sie das Tag für Tag? Was scheint Ihnen dabei zu helfen?«
  • »Ich bin mir sicher, es gibt immer Tage, an denen Sie vor allem davonlaufen möchten. Was hindert Sie daran?«
  • »Wie sind Sie zu dem Entschluss gekommen, dass Sie eine gute Mutter/ein guter Vater sein möchten? Wo haben Sie gelernt, solch eine gute Mutter/ ein guter Vater zu sein?« (Wenn der Betroffene die Vorstellung von sich hat, eine gute Mutter/ ein guter Vater zu sein trotz diesbezüglich anderer Fremdwahrnehmungen).
  • »Wie schaffen Sie es, alles so gut zu machen, wenn all diese Dinge in Ihrem Leben passieren? Die meisten Menschen hätten schon längst aufgegeben, aber Sie machen immer weiter.«

Diese Art von Fragen bedarf selbstverständlich eines passenden und verantwortungsvollen Kontextes. Ganz zentral ist dabei eine ehrliche und authentische Haltung der fragenden Person. Auch hier zählt: Die Technik des Fragens wird erst wirksam durch die stimmige Haltung des Fragenden.