Für die Erstkontaktaufnahme wurde in den meisten Projekten ein aufsuchender Ansatz praktiziert. Zugehen wird also zunächst einmal wörtlich, d.h. räumlich verstanden. Zielgruppenakquise funktioniert nach Ansicht der Befragten dann am besten, wenn die Praktiker/innen dort hingehen, wo die Familien sind, und sie direkt und persönlich ansprechen. Solche Orte können Spielplätze, Schulen und Kindertagesstätten, Kinder- und Frauenärzte, der Laden um die Ecke, der Wochenmarkt, ein Stadtteilfest et cetera sein.
Für einen solchen unmittelbaren und direkten Zugang bedarf es nach Ansicht einer erfahrenen Kollegin kommunikativer Fertigkeiten. »Man muss in erster Linie sehr offen mit Menschen umgehen können, also nicht warten, bis einen jemand anspricht, sondern man muss auf Leute zugehen können. Und auch ein bisschen Small Talk beherrschen. Offen und freundlich sein. Also nicht nur hingehen und mit den Kindern spielen, sondern immer auch in alle Richtungen grüßen, lächeln, zunicken… Das sind eben Soft Skills, über die man die Leute kriegen kann. Das ist ganz, ganz wichtig.«
Voraussetzung ist außerdem, dass man weiß, wo sich Migrantenfamilien aufhalten. Diese Kenntnis kann, sofern sie nicht aufgrund der bisherigen Arbeit ohnehin schon vorhanden ist, durch aufmerksame Stadtteilbegehungen erworben werden, bei denen man gezielt nach solchen Orten sucht.
Orte der direkten Ansprache: Spielplatz, Wochenmarkt, Stadtteilsupermarkt, Kinderarzt, Straßenfest, Trödelmarkt, Sprachkurs, Grundschule, Kita, eigene Ideen: ...
Auch die direkte Nachfrage bei Menschen, die sich im Kiez und in den Migrantencommunities auskennen, kann hierbei hilfreich sein. Solche kiezkundigen Menschen können aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen kommen. Lassen Sie sich bei der Suche nach Kiez-Experten durch folgende Übersicht anregen, die ursprünglich als unterstützendes Instrument für die fallunspezifische Arbeit entwickelt wurde:
Sozialarbeiterisch-tätige Profis aus verschiedenen Handlungsfeldern wie zum Beispiel
- Schulen und Kindergärten
- Migrationsfachdienste
- Gesundheitsdienste
- ASD
- örtliche Sozialämter
- Migrationsbeauftragte
- Bildungsträger
- Nachbarschaftszentren und Stadtteilbüros
- Jugendverbände und Jugendzentren
- Krisendienste
Nicht sozialarbeiterisch-tätige Profis aus anderen Handlungsfeldern wie zum Beispiel
- Wohnungsbaugesellschaften
- Pfarr- und Moscheegemeinden
- Sprachkursanbieter
- Lehrer
- Quartiersmanager
- Bezirksverordnete
- Sozialausschuss-Vorsitzende
- Haus-/ Kinder-/ Frauenärzte (u.a. mit Migrationshintergrund)
- Hebammen
- ortsansässige Therapeuten
- Stadtteilbibliothek
- Richter/Anwälte
- Polizei
- Arbeitsamt
- Gewerbeverbände, Handelskammer et cetera
- Freiwilligenagenturen
- Regionale Agenda-21-Gruppen
Ehrenamtlich tätige Menschen in Organisationen wie zum Beispiel
- Elternvertretungen
- Interkulturell ausgerichtete Initiativen
- Sportvereine
- Ethnische Kulturvereine (z. B. auch solche, die sogenannte Männercafés betreiben)
- Religionsgemeinschaften / Gemeinden
- Nachbarschaftsinitiativen
Weitere Menschen aus der Lebenswelt von Familien wie zum Beispiel
- Bäcker und Gemüseladen
- Kioskbetreiber und Kneipenbesitzer
- Internetcafés
- Betreiber von Läden, die mit ihrem Angebot spezifische ethnische Bedürfnisse befriedigen z. B. Call-by-Call-Läden
- Friseur
- …
Die Zusammenstellung hat anregenden Charakter und kann selbstverständlich je nach regionalen Gegebenheiten ergänzt und verändert werden.