Lampenfieber

Seite 1: Wovor fürchten Sie sich?

Wovor fürchten Sie sich eigentlich?

Sehen Sie sich zitternd mit schweißnassen Händen, das Herz klopft bis zum Hals vor Aufregung, Ihr Teint spielt ins Grüne, der Mund staubtrocken, die Atmung flach und hechelnd, in Ihnen die Sorge, nicht mehr zu wissen, was Sie sagen sollen, zu früh fertig zu werden? Sorgen Sie sich, den eigenen Erwartungen nicht genügen zu können? Sich lächerlich gemacht zu haben, sich zu blamieren?

Dann sollten Sie sich nun einmal an Ihre erste große Liebe erinnern.

Erinnern Sie sich an den glücklichen Zustand, auf dem Schulhof oder in der Freizeit ein wundervolles Wesen tagelang aus der Ferne des Schulhofes beäugt zu haben? Wie Sie Ihren geheimen Phantasien in zitternd-aufregender Vorstellung freien Lauf gelassen haben? Und nun geschah das unfassliche, und dieser bezaubernd schöne Mensch bemerkt Sie ebenfalls zum allerersten Mal, und kommt nun langsam, lächelnd auf Sie zu. ... Erinnern Sie sich?? Sehen Sie es vor sich??

Und nun achten Sie bitte auf Ihre Körperreaktionen in dieser Situation.

Was bemerken Sie? Schweißausbrüche, Herzklopfen, flache Hechelatmung, glasiger Blick, grünlicher Teint, staubtrockener Mund, gestörtes Sprachzentrum ... Dies sind die gleichen Körperreaktionen wie beim Lampenfieber, obwohl die ganze Situation von Ihnen im Rückblick doch als sehr angenehm bewertet wird.

 

Merken Sie sich: Der negative Anteil des Lampenfiebers –  die Angst – existiert nur in unserer Vorstellungskraft.

Lampenfieber ist negative Erwartungshaltung.

Wenn wir lernen, unsere Vorstellungskraft positiv einzusetzen, können wir das Lampenfieber nicht nur besiegen, sondern – weitaus wirkungsvoller – zu unserem Freund machen.

Tipp

Akzeptieren Sie Ihr Lampenfieber als eine grundnatürliche Körperreaktion.

»Tue, was Du fürchtest und die Furcht stirbt einen sicheren Tod.«
Norman Vincent Peale

Seite 2: Wirkspirale vs. Würgspirale

Wirkspirale oder Würgspirale – es ist Ihre Wahl

»Es ist natürlich und sinnvoll, dass wir in Situationen, die wichtig und neu für uns sind, in Anspannung geraten. Unser Körper schaltet auf Hochleistung und schüttet Stresshormone aus. Anspannung, Adrenalinausschüttung, Lampenfieber sind für unseren Vortrag gut, denn eine Rede ohne Lampenfieber ist »wie gemaltes Feuer«.«
Marcus Tullius Cicero

Dafür, dass diese Anspannung nicht übermächtig wird, haben Sie schon vorweg eine Menge getan: Sie haben ein Anliegen, das stärker ist als Ihre Angst. Sie haben alles gut vorbereitet und haben vor­versprachlicht. Sie haben Ihre Vorstellungskraft mit positiven Bildern gefüttert.

Wenn Sie nun vor Ort in Anspannung geraten, nutzen Sie Ihre Möglichkeiten hin zur:

Tipp

Wirkspirale

Spannung baut sich ab durch Bewegung. Sie senken Ihre Anspannung dadurch, dass Sie darauf achten, dass Ihre Hände frei für Gestik sind, durch Betonung (= Krafteinsatz mit der Stimme) und ggf. dadurch, dass Sie während der Präsentation ein paar Schritte laufen.

Wenn Sie gestikulieren mit Ausdruck, betonen mit Nachdruck, entweicht Ihr Überdruck und beim Publikum entsteht Eindruck, also Wirkung. Wenn Sie merken, dass die erwünschte Wirkung beim Publikum ankommt, wächst Ihre Sicherheit.

Achten Sie auf Sprechpausen (»Wirkpausen«) und nutzen Sie diese zum Luftholen, zum gleichmäßigen Atmen, zum »Wegatmen der Anspannung«.

Auch das freie Reden geht besser, wenn Sie sich etwas Zeit für Redepausen lassen.

Der schlechtere Weg ist die »Würgspirale«: Aus der Anspannung wird Verspannung, und der Redner blockiert seine Gestik. Er merkt, dass er kaum Wirkung aufs Publikum hat und versucht, schneller zumEndezukommen, sprichtnunimmerschneller,wird atemlosundfastpausenlos.

Das hat zwei Nachteile: Zum einen bleibt ihm buchstäblich »die Luft weg«, zum anderen redet er nun schneller, als die Zuhörer denken können, denn diese brauchen ja Redepausen zum Verarbeiten des Gesagten.

Negativfolgen: Die Zuhörer schalten nun ganz ab, der Redner merkt, dass er nicht mehr ankommt, bekommt zusätzlichen Stress und als Folge einen Blackout.

»Das Lampenfieber – richtig eingesetzt – nützt Ihnen! Es gibt Ihnen Energie, die Ihre Ausstrahlung stärkt. Der Profi braucht es, nur der Amateur fürchtet es.«
Gudrun Fey

Seite 3: Hilfen bei Blackouts

Hilfen bei Blackouts

Wenn Ihnen ein Wort fehlt:
Sie unterbrechen sich und sagen: »Mit anderen Worten gesagt,...« oder: >»Einfacher ausgedrückt,...«

Wenn Ihnen die Überleitung fehlt:
Letzten Gedanken noch einmal wiederholen und dann abschließen mit:
»Soweit zu diesem Punkt. Ich komme jetzt zu...«

Wenn Sie einen totalen Blackout haben:

  • Zusammenfassung/Wiederholung/Nachtrag
    »Zurück in die Küche«, d.h. die zuletzt gesagten Gedanken wiederholen und so einen neuen Anlauf nehmen: »Ich fasse zusammen« oder »Ergänzend zum vorherigen Punkt erlauben mir...«
  • Zugeben, aber nicht entschuldigen
  • Sie erklären, was los ist, ohne sich zu entschuldigen. »Meine Damen und Herren, mir ist gerade der Faden gerissen, ich schau mal in meinen Unterlagen nach...«
  • Um Mithilfe bitten
    Sie bitten die Hörer, Ihnen zu sagen, welchen Punkt Sie als letzten vor dem Blackout behandelt haben. Das ist, wenn Sie dabei selbstbewusst wirken, kein Zeichen von Schwäche, sondern von Souveränität!
  • Humor ist, wenn man trotzdem lacht
    Humorvoll reagieren, denn Lachen entspannt und entkrampft die Situation: »Na ja, heute ist offensichtlich nicht mein Tag... «oder: »Das passiert offensichtlich nicht nur dem Bundeskanzler« (Vorsicht, klingt u.U. überheblich!)
  • Ablenkungsmanöver
    »Haben Sie Fragen zu dem bisher Gesagten?«,
    »Was geht Ihnen zu dem bisher Gesagten gerade durch den Kopf?«
    (Hier bekommen Sie mit Sicherheit Wortmeldungen!),
    Zwischenthema, das nur entfernt mit dem Vortrag zusammenhängt, Einen Schluck Wasser trinken,
    Darum bitten, das Fenster zu öffnen/zu schließen, Licht an, Licht aus, usw.,
    Falls es zeitlich passt: Kurze Lüftungs-/Zigarettenpause machen.
  • »Notausstieg«
    Sie beenden Ihre Rede vorzeitig mit Ihrem vorbereiteten Schlusssatz.
    Niemand außer Ihnen weiß, was Sie weggelassen haben!


»Sie überzeugen mit Glaubwürdigkeit und nicht mit Perfektion!«
Gudrun Fey