Die vorstehenden Übungsaufgaben, die so oder in Varianten häufig in der Literatur aufgeführt werden, demonstrieren besonders eindringlich und plastisch das Vorhandensein und die Wirkungsweise von Denk-Mustern. Allerdings sind es eher künstliche und konstruierte Probleme, an denen man dann »scheitert«.
Bei dem entstehenden Frust könnte leicht die Tatsache übersehen werden, dass Denk-Muster ja nichts »Schlechtes«, sondern etwas absolut Notwendiges sind. Wir wären lebensunfähig, wenn wir jede Handlung des Tages bewusst durchdenken wollten. Eine Aufgabe unseres Verstandes ist es ja gerade, in neuen unbekannten Situationen die Elemente der Wahrnehmung zu neuen Mustern zusammenzusetzen, die sinnvolles Handeln ermöglichen. Bewährt sich dies nach einigen Malen, wird das Muster gespeichert und in dieser und ähnlichen Situationen immer wieder abgerufen, sodass nicht mehr neu nachgedacht werden muss.
Erinnern Sie sich noch an die Mühen der ersten Fahrstunden, als Sie über die Reihenfolge von Kuppeln und Schalten und Wahl der richtigen Gänge wirklich nachdenken mussten? Und heute geht es flott »automatisch« - bis Sie vielleicht zufällig einmal in einem Automatik-Auto sitzen und den ersten Gang einlegen wollen...
Also, nicht Denk-Muster anzuwenden ist »Pfui«, sondern das blinde Vertrauen darauf, dass einmal entwickelte Muster immer passen und sinnvoll sind. Hier gilt es, zu mehr Flexibilität zu kommen, zu einem Gespür für die »Angemessenheit« von Gewohnheiten und Routinehandeln.
Um dies zu trainieren, sind die aufgeführten Übungen aus dem Bereich der Denksportaufgaben nicht für jeden geeignet, sie kommen nicht aus dem »wirklichen Leben«.
Als kleine, einfache und schnelle Hilfsmittel zum täglichen, kontinuierlichen Training schlage ich Ihnen folgende Medien und Übungen vor (aufwändigere »Techniken« zum Denk-Muster-Wechseln finden Sie später im Kapitel zur Fantasiephase).
Humor
Ein ideales Medium zum Erkennen und Wechseln von Denk-Mustern ist der Humor, der gerade davon »lebt«. Doppeldeutigkeiten, Wortspiele, Wechsel der Perspektiven, Hintersinn - dies sind die Elexiere, aus denen Witze bestehen, Kabarett seinen Programm-Rohstoff schöpft, Zauberer für Überraschungen sorgen und Cartoonisten ein Thema »auf den Punkt« bringen (s. Beispiel links von Horst Haitzinger, Achtung, hier kommt ein Karton! Grafik S.21). Nutzen Sie dieses »Material« zur Schulung, indem Sie nach dem Lachen oder Schmunzeln noch einmal auf die Ursachen der Komik schauen, denn die liegen immer in einem Denk-Muster-Wechsel begründet.
Achtung Witz:
»Mein Arzt hat mir geraten, mit dem Fußballspielen aufzuhören.«
»Aus gesundheitlichen Gründen?«
»Nein, er hat mich zufällig spielen gesehen!«
Zeitung
Nehmen Sie die tägliche Zeitung und fügen Sie den vielleicht 20 Min. Lesezeit noch 5 Min. Übungszeit hinzu. Wählen Sie sich einen beliebigen Artikel und versuchen Sie, das oder die Grund-Denk-Muster der handelnden Personen oder Institutionen zu erkennen und zu formulieren. Achten Sie dabei auf enge oder weite Blickwinkel, auf Interessenlagen, auf persönliches oder Gemein-Wohl, auch auf die Sprache, Wortwahl und verbundene »schleichende« Bewertungen, die alle zu prägenden Denk-Mustern und -Schablonen führen.
So ist es fürs Denken z.B. nicht gleichgültig, ob ein Produkt »Insektenvernichtungsmittel« oder »Pflanzenschutzmittel« heißt, sich »Gift-« zum »Sondermüll« wandelt oder die Ingenieure der ICE-Neubaustrecken beim Auffüllen von Tälern und Abtragen von Bergen vom »Widerstandspotenzial der Landschaft« sprechen.
Haben Sie ein Denk-Muster entdeckt und in Worte gefasst, prüfen Sie, ob nicht noch ein zweites oder drittes drinsteckt. Versuchen Sie dann ein bis zwei Denk-Muster-Alternativen zu entwickeln (andere Blickwinkel einnehmen), die Ihnen zu dem Thema fehlen.