Erkenntnisse, kritische Punkte

Erkenntnisse

Da viele Menschen nicht zuhause sind oder das Gespräch verweigern ist es gut, viel Zeit und eine hohe Frustrationstoleranz mitzubringen. Es war hilfreich, die Befragungssituation vorher im Rollenspiel zu üben und einen Testlauf (16 Befragungen) durchzuführen, der Aufschluss über die Erhebungssituation, die Rolle der Befragenden, den Fragebogen und die Erreichbarkeit und Motivation der Befragten gab. Statt die Befragten zu Beginn zu fragen, ob sie einen Moment Zeit hätten, war es effektiver, direkt auf die Relevanz der Befragung hinzuweisen und zu erklären, dass die Ergebnisse in anonymisierter Form bei einem Nachbarschaftstreffen vorgestellt werden sollten. Bei Interesse der Befragten selbst aktiv zu werden, baten die Befragenden um Telefonnummer und Adresse, um erneut Kontakt aufnehmen zu können.
Positiv war der gezielte Mix aus Elementen des Community Organizing, den Erfahrungen der Mitarbeiter/innen aus der Stadtteilarbeit und denen der Student/innen aus einer qualitativen Forschung aus einem anderen Hamburger Stadtteil. Die Mehrsprachigkeit der Befrager/innen (u.a. Türkisch) war gewährleistet und es wurde durch deutsch- und türkischsprachige Info-Plakate und GWA-Programmhefte im gesamten Stadtteil schon vorab über die Befragungsaktion informiert.

Kritische Punkte

Die Ziele wurden zum Teil erreicht (Ziel 2, 3 und eingeschränkt auch 4); insgesamt war die Aktion unter Aktivierungsgesichtspunkten jedoch ein Misserfolg, aus dem viel für die Zukunft gelernt wurde.
Beim Auswertungstreffen drei Monate nach Abschluss der Befragung kamen inklusive 6-köpfigem GWA-Team nur 30 Interessierte. Überwiegend handelte es sich bei diesen um Expert/innen, die auch die anschließende Diskussion dominierten. Das Konsensthema des Abends war die notwendige Reduzierung von Hundehaufen auf Gehwegen und Spielplätzen. Die Selbstorganisation bestand in der Bitte an den bürgernahen Beamten der Polizei, ein entsprechendes Schreiben an Hundebesitzer/innen aufzusetzen. Die GWA machte das Layout und verbreitete, dass der Brief zur Abholung und Verteilung bereit liege; es kam jedoch niemand. Die Vorstellung, mit der Befragungsaktion eine neue Stadtteilgruppe zum Leben zu erwecken oder Impulse für ein Aktiv-werden der Nachbar/innen zu geben, erwies sich als falsch.
Es wäre notwendig gewesen, mehr Ressourcen in die Vorbereitung und Durchführung der Befragung und vor allem in die Arbeit nach der Befragung zu stecken und mehr Abstriche beim restlichen Programm der GWA St. Pauli-Süd zu machen. Die Prioritätensetzung und auch die (unterschiedlichen) Interessen und Ansprüche im Team hätten im Vorfeld besser geklärt werden müssen.
Es wäre notwendig gewesen, die am häufigsten genannten Probleme und die signalisierte Bereitschaft, etwas im Stadtteil zu tun, systematisch aufzugreifen. Die produktive Weiterarbeit mit den vorhandenen Ergebnissen fand nicht statt, weil sich zu wenige Gedanken darüber gemacht wurden, wie man den Beteiligungswillen vieler Menschen weiter befördern könnte und welche Ressourcen (z.B. im Personalbereich) gebraucht würden.
Die Ergebnisse der Befragung waren zum Teil sehr widersprüchlich; viele Menschen äußerten zwar einen Veränderungs- und Beteiligungswunsch, äußerten aber gleichzeitig, dass sie zum Mitmachen zu alt, zu krank oder zu pessimistisch seien, keine Zeit hätten oder lieber Sport machen würden. Hier hätte die GWA St. Pauli-Süd mehr Zeit einplanen müssen, um sich darüber Gedanken zu machen, was die Ergebnisse für ihre Aufgabenstellung als Professionelle bedeutete.
Letztendlich wäre es sinnvoller gewesen, sich bei der Zielsetzung auf ein oder zwei Aspekte zu beschränken. Die Auseinandersetzung mit den Resultaten der Befragung blieb bruchstückhaft und oberflächlich; auf eine aufwendige Vorbereitung folgte eine ungenügende Nachbereitung. Das lag zum Teil an einer hohen Arbeitsbelastung, die im Laufe des Projekts eher zu- als abnimmt. Dennoch kam die GWA zu dem Schluss, dass die entdeckten »Schätze – hier Kontakte, Einmischungsbreitschaft und Anregungen – nach dem Aufwand bei der Vorbereitung und Durchführung viel besser genutzt werden sollten.