Charakteristika

Kurzcharakteristik

Die Szenariotechnik ist eine Methode, mit deren Hilfe alternative Vorstellungen über positive und negative Entwicklungen in der Zukunft zu umfassenden Bildern und Modellen zusammengefasst werden. Dabei werden quantitative Daten und Informationen mit qualitativen Einschätzungen und Wertvorstellungen verknüpft, so dass als Ergebnis detaillierte Beschreibungen mehrerer möglicher Zukunftssituationen entstehen.

Szenarien verknüpfen zudem empirisch-analytische mit kreativ-intuitiven Elementen und sind ein Denk- und Kommunikationsmodell für Wissenschaft, Politik, Unternehmen und gesellschaftliche Gruppen, um unsere komplizierte Welt begreifen zu können und entscheidungsfähig zu bleiben. Dabei sind Szenarien aber weder Prognosen, bei denen Extrapolationen gegenwärtiger Trends in die Zukunft erfolgen, noch realitätsferne Utopien und Phantasien, wie sie beispielsweise im Rahmen von Zukunftswerkstätten entwickelt werden.

Was ist Szenariotechnik?

Szenariotechnik ist eine alltägliche Denkweise. Ihre sprachliche Signatur ist die Frage: »Was wäre, wenn?« Es wird aus einem sozialen Kontext eine wichtige Bestimmungsgröße in die Zukunft projiziert, so dass sich alle anderen Faktoren und Situationen entsprechend dazu in Beziehung setzen müssen. Zum Beispiel:

  • Was wäre, wenn wir am Sonntag eine Million Euro im Lotto gewinnen?
  • Was wäre, wenn in unserer Stadt morgen die Trinkwasserversorgung zusammenbricht?
  • Was wäre, wenn die EU in 10 Jahren auseinanderbricht?

Diese Ad-hoc-Szenarien zeigen, dass wir gedanklich durchaus in der Lage sind, auch extreme und komplexe Situationen weit in die Zukunft zu projizieren und anhand solcher Modelle mögliche Entscheidungssituationen zu antizipieren.

Der Modellcharakter der Szenariotechnik kann am besten mit Hilfe des sogenannten »Szenario-Trichters« verdeutlicht werden (vgl. Abb. 1). Der Trichter symbolisiert Komplexität und Unsicherheit, bezogen auf die Zukunft: Je weiter man von der heutigen Situation in die Zukunft geht, desto größer wird die Unsicherheit und desto umfassender und vielfältiger wird die Komplexität (vgl. REIBNITZ 1991, S. 26). Die Trichterszenarien werden eingeteilt in:

•    Positives Extremszenario: bezeichnet die günstigste mögliche Zukunftsentwicklung (Best Case-scenario).
•    Negatives Extremszenario: bezeichnet den schlechtesten möglichen Entwicklungsverlauf (Worst Case-scenario).
•    Trend-Szenario: beinhaltet die Fortschreibung der heutigen Situation in die Zukunft (Trend-Extrapolation).

Die Szenarien operieren in der Regel mit drei Planungshorizonten: kurzfristig (ca. 5–10 Jahre), mittelfristig (ca. 11–20 Jahre) und langfristig (über 20 Jahre).

Merkmale der Szenariotechnik

Zusammengefasst können die Merkmale der Szenario-Technik wie nachfolgend beschrieben werden. Szenarien sind:

  • ganzheitlich, d. h. alle relevanten Bestimmungsfaktoren eines Problembereichs werden erfasst.
  • kreativ-intuitiv, d. h. Daten und Bestimmungsfaktoren müssen zu anschaulichen »Zukunftsbildern« verdichtet und ausgestaltet werden.
  • partizipativ und kommunikativ, d. h. sie werden nur in einem offenen, rationalen Diskurs entwickelt. Dadurch erhalten sie ein hohes Maß an Plausibilität und Nachvollziehbarkeit
  • transparent, d. h. es werden alle Methodenschritte, Hypothesen, Informationen werden offengelegt und begründet
  • kritisch, d. h. sie bieten zahlreiche Anlässe zur Selbstreflexion und öffentlicher Kritik
  • politisch, d. h. sie modellieren gesellschaftliche Entwicklungen und haben somit die Funktion eines »Frühwarnsystems«, das Eingreifen und Umsteuern ermöglicht.
  • multidimensional und interdisziplinär, d. h. sie ermöglichen vernetztes, systemisches und interdisziplinäres Denken anstatt nur Ursache-Wirkungs-Beziehungen
  • praktisch, d. h. sie fordern zu aktivem Mitwirken und Gestalten zukünftiger Entwicklungen auf
  • normativ, d. h. in die Modellierung von Szenarien fließen gesellschaftliche Wert- und Zukunftsvorstellungen ein.