Kampagnen und Petitionen

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Online-Kampagnen

Politische Kampagnen, in denen versucht wird, auf politische Entscheidungen oder öffentliche Meinungsbildung Einfluss zu nehmen, fanden früher vor allem auf der Straße oder in Printmedien statt. Das Internet hat hier neue, schnelle und preiswerte Möglichkeiten der Kampagnenarbeit eröffnet.

Online-Kampagnen sind Formen des politischen Protestes und dienen als Instrumente zur Verbreitung und Umsetzung politischer Forderungen. Die Kampagnenseiten im Internet bieten in der Regel Informationen zum Kampagnenthema, vertreiben Kampagnenmaterial (vom Flyer und Kampagnenlogo bis zum T-Shirt o.ä.) und bieten häufig Online-Unterschriftenlisten an. Online-Kampagnen funktionieren, wenn sie in eine angemessene Öffentlichkeitsstrategie – online und offline – eingebunden sind und zum richtigen Zeitpunkt gestartet werden.

Online-Kampagnen auf der Basis partizipativer Social-Web-Anwendungen sind auf die Bedürfnisse von Engagierten zugeschnitten, die keine feste Bindung an Organisationen suchen und sich auch nicht langfristig engagieren wollen. Dem Wunsch, sich temporär für spezifische Themen einzusetzen, entsprechen die auf einzelne Themen zugeschnittenen Online-Kampagnen. Neben die festen Mitglieder einer Organisation tritt eine neue Form von Unterstützern. Die Online-Aktivisten sind lediglich lose über die Online-Kampagnen mit einer Organisation verbunden.

Beispiel

Ein Beispiel für eine solche Kampagnenplattform im Netz ist Campact – Demokratie in Aktion. Dem in Deutschland aktiven Online-Netzwerk gehören inzwischen über 1 Mio. Mitglieder (Stand Anfang 2014) an. Um Mitglied von Campact zu werden, reicht es aus, den kostenlosen Campact-Newsletter zu abonnieren.

Beispiel

Die international tätige Bürgerbewegung Avaaz hat nach eigenen Angaben etwa 30 Mio. Mitglieder weltweit. Ein internationales Team betreut beispielsweise Kampagnen in den Handlungsfeldern Klimawandel, Menschenrechte oder Tierschutz.

Beispiel

Change.org ist eine weltweit agierende kostenlose Kampagnenplattform, die in elf Sprachen verfügbar ist, über 25 Mio. Mitglieder hat und nach eigenen Angaben in fast 200 Ländern der Welt aktiv ist. Ziel der gemeinützigen Organisation ist es, gesellschaftlichen Wandel anzustoßen.

Seite 2: E-Petitionen

E-Petitionen

Das Einreichen einer (elektronischen) Petition ist für alle Bürgerinnen und Bürger ein demokratisches Grundrecht. Petitionen richten sich in der Regel an die Petitionsausschüsse der Parlamente. Daneben gibt es die Möglichkeit, im Internet rechtlich unverbindliche Petitionen zu starten.

Seit 2008 können Bürgerinnen und Bürger online Petitionen an den zuständigen Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages einreichen. Damit hat sich der früher als »Kummerkasten der Nation« titulierte Ausschuss zu einem öffentlichen Forum gewandelt, indem sich die Vielfalt unterschiedlicher Sichtweisen, Bewertungen und Erfahrungen von und mit politischen Entscheidungen transparent widerspiegelt.

Der Petitionsausschuss hat im Rahmen der zahlreichen Bundestags-Ausschüsse eine Sonderstellung inne: er ist neben dem Europaausschuss ein sog. Querschnittsausschuss, d.h. die Mitglieder müssen sich – im Gegensatz zu den Fachausschüssen, die in der Regel einem Ministerium inhaltlich klar zugeordnet sind – mit allen Fragen befassen, die das Gremium erreichen.

Petitionen behandeln hauptsächlich individuelle Anliegen und Problemlagen. Gleichwohl gibt es daneben eine wachsende Zahl von sog. Massen- und Sammelpetitionen, die allgemeinpolitische Relevanz besitzen. Die kontinuierlich steigende Zahl der eingereichten Petitionen lässt sich vor diesem Hintergrund auch als Bedürfnis nach einem Mehr an politischer Beteiligung und Teilhabe lesen.

Im Jahr 2012 haben den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages nach eigenen Angaben 15.724 Eingaben erreicht. Mit mehr als 1,4 Mio. registrierten Nutzer/innen ist die Internetseite des Petitionsausschusses das mit Abstand erfolgreichste Internetangebot des Deutschen Bundestages. Zu den 526 im Internet veröffentlichten Petitionen im Jahr 2012 wurden über 500.000 elektronische Mitzeichnungen registriert. Nimmt man noch die Unterstützer/innen per Post und Fax hinzu, dann verdoppelt sich diese Zahl sogar.

Der Deutsche Bundestag unterscheidet zwischen Einzelpetitionen und Öffentlichen Petitionen. Öffentliche Petitionen können von den Bürger/innen einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen unter Verwendung eines hierfür vorgesehenen elektronischen Formulars an den Petitionsausschuss gesendet werden. Voraussetzung für eine öffentliche Petition ist, dass die Bitte oder Beschwerde inhaltlich ein Anliegen von allgemeinem Interesse zum Gegenstand hat und das Anliegen und dessen Darstellung für eine sachliche öffentliche Diskussion geeignet sind. Die Mitzeichnungsfrist, in der weitere Personen die öffentliche Petition mitzeichnen oder Diskussionsbeiträge abgeben können, beträgt sechs Wochen.

Auch die Landtage und Bürgerschaften der Bundesländer verfügen über Petitionsausschüsse. Mit Ausnahme von Hessen haben zudem alle Bundesländer den elektronischen Einreichungsweg für Petitionen eingeführt. Einige Bundesländer verfügen zusätzlich über einen parlamentarischen Bürgerbeauftragten.

Literaturtipp

Riehm, Ulrich et al: Elektronische Petitionssysteme – Analysen zur Modernisierung des parlamentarischen Petitionswesens in Deutschland und Europa. Studien des Büros für Technikfolgen-Abschätzung, Bd. 35, 2013, pdf.