Methode
Die Charrette ist ein öffentlicher Planungsworkshop. In mehreren Schritten diskutieren und arbeiten Bürger/innen, Verwaltungsmitarbeiter/innen und Expert/innen im Planungsgebiet vor Ort gemeinsam an guten Lösungen für die anstehenden Planungsaufgaben. Am Schluss steht ein öffentliches Forum, in dem die Ergebnisse vorgestellt und in die politische Entscheidungsfindung eingebracht werden.
Charrette, franz. Karren, steht als Synonym für eine Methode des gemeinsamen, offenen und öffentlichen Planens, also eines gemeinsamen Ziehens des symbolischen Karrens. Charrette steht für eine intensive, zeitlich abgegrenzte und in klare Phasen strukturierte Vorgehensweise zur Findung eines konsensualen Entwicklungsplanes auf regionaler, gesamtstädtischer oder Quartiersebene. Das Verfahren folgt inzwischen standardisierten Prinzipien, die eine große Erfolgsgarantie sichern. Dennoch sind die Variationsbreite, die Einsatzgebiete und die Kombinationsmöglichkeiten weit gefächert.
Allen Variationen gemeinsam sind jedoch die Offenheit und die Öffentlichkeit sowie ein konkretes, breit akzeptiertes Ergebnis.
Eine Charrette folgt im Grundsatz einem 3- oder 5-stufigen Vorgehen mit Vorbereitungs-, Haupt- und Umsetzungsphase. Diese Phasen können noch weiter untergliedert werden. Die dreistufige Struktur hat Ähnlichkeiten mit der klassischen Zukunftswerkstatt von Robert Jungk.
Die Charrette-Methode ist als Verfahren in den letzten 20 Jahren in Frankreich, vor allem aber in Großbritannien, Kanada und den USA entstanden und längst nicht mehr nur auf das Gebiet der Stadtplanung begrenzt. Sie verknüpft verschiedene Formen der Beteiligungsverfahren, die seit etwa 1970 in Westeuropa entstanden sind.
So sind neben der Zukunftswerkstatt auch Elemente des Open Space mit seiner radikalen Öffentlichkeit, des Strategic Choice Approach mit der systematischen Strategiebildung oder des Appreciative Inquiry mit der Motivation zu einer positiven Lösungssuche, aber auch basisdemokratische Formen von Runden Tischen oder Bürgerforen in die Charrette integriert.
Ein wichtiger Vorzug der Charrette ist die Verknüpfung von informellen und förmlichen Verfahren bei der städtebaulichen Planung unter Berücksichtigung der jeweiligen Länderspezifik.
In Deutschland bezieht sich dies vor allem auf die frühzeitige Beteiligung der Bürger und Behörden (§§ 3 und 4 BauGB) oder die systematische und öffentliche Vorbereitung von Wettbewerben zu Teilbereichen, die sich aus dem Charrette-Ergebnis ableiten. Nicht nur, dass Bürger/innen, Expert/innen für Raumgestaltung (Stadtplaner/innen und Architekt/innen) sowie Verwaltungsmitarbeiter/innen gemeinsam am Plan wirken, es findet auch eine interdisziplinäre Kooperation der Fachleute statt. Neben den Raumexpert/innen werden Verkehrsplaner/innen, Demograf/innen, Umweltexpert/innen oder Ökonom/innen direkt oder konsultativ einbezogen. Alle treffen sich am Plan. Hier wird mit dem Stift in der Hand argumentiert, inspiriert und optimiert.
Die Raumexpert/innen spielen dabei eine Schlüsselrolle: Sie sind nicht »Protokollanten des Bürgerwillens«, sondern »kreative Anreger«, »fachliche Korrekteure«, aber auch »geduldige Disputanten« und unparteiliche Zuhörer. Wenn die Bürger/innen und Verwaltungsmitarbeiter/innen ernst genommen werden, nehmen sie auch die Raumexpert/innen ernst. Es findet so etwas wie ein schrittweises Annähern, wechselseitiges Lernen und gemeinsames Erkunden von »Neuland« statt. Dabei werden sowohl die räumlichen Ebenen Region, Gesamtstadt und Quartier – mit jeweils unterschiedlichen Gewichtungen – zusammengedacht als auch die Ressortorientierung von Verwaltungshandeln in der Arbeit am Plan und in aller Öffentlichkeit »aufgelöst«. Die konzentrierte und intensive, dabei zugleich offene und nicht von einer »Gefällepädagogik« – der Wissende sagt dem vermeintlich Unwissenden, was schön und richtig ist – geprägten Atmosphäre, trägt wesentlich dazu bei, diese Planungsfreude zu erlangen.