Ablauf
Ablauf
Die Bürgerkonferenz ist nicht zuletzt deswegen attraktiv, weil sie klar strukturiert und (auf den ersten Blick) relativ leicht durchzuführen ist. Im Kern geht es darum, ein informiertes Laienpanel in einer moderierten Gruppendiskussion über die Wünschbarkeit einer Technologie debattieren zu lassen, bis ein gemeinsamer Standpunkt in Form einer schriftlichen Stellungnahme der Öffentlichkeit kommuniziert werden kann.
In der Praxis macht sich ein Panel von zehn bis 20 Bürgerinnen und Bürgern während eines oder mehrerer Wochenenden mithilfe einschlägigen Informationsmaterials mit dem Thema vertraut. Im Anschluss erarbeitet die Bürgergruppe eigene Perspektiven und Fragen; diese werden im Rahmen einer öffentlichen Konferenz mit verschiedenen, von den Bürgern und Bürgerinnen ausgewählten Experten diskutiert. Nach einer Klausursitzung treten die Laien mit ihren Schlussfolgerungen an die Öffentlichkeit; die Veranstalter leiten im Rahmen einer Pressekonferenz ihre Stellungnahme an die Öffentlichkeit (Medien) und die zuständigen Politikerinnen und Politiker weiter (für detaillierten Zeitplan und Checkliste vgl. Steyaert et al., S. 72 ff.).
Wichtige Aspekte der Umsetzung
Es gibt einige Aspekte, die man bei der Durchführung einer BK unbedingt beachten sollte:
- Klare Zielvorstellung
Bei der Bürgerkonferenz handelt es sich um eine Form experimenteller Beteiligung, nicht um eine Form institutionalisierter Partizipation. Ziel und Funktion dieser Beteiligungsform sind nicht festgelegt und können sehr unterschiedlich sein. Sie müssen in jedem Einzelfall zu Beginn klar definiert und kommuniziert werden. - Kontroverses Thema
Nicht jedes Thema eignet sich für eine Bürgerkonferenz; die notwendige politische und mediale Resonanz ist nur in Bezug auf entscheidungsrelevante und politiknahe Themen zu erwarten. Deswegen gilt es, ein (zumindest potenziell) kontroverses Thema zu wählen. Echtes Sachinteresse auf Seiten der Beteiligten wie der Öffentlichkeit muss vorausgesetzt werden können. - Laienpanel
Die Zusammenstellung eines weltanschaulich diversen Laienpanels is t eine Kernaufgabe für die Projektleiter/innen. Das Laienpanel kann und muss nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung sein, sollte aber den real existierenden Wertepluralismus in der Gesellschaft so weit möglich abbilden und daher unterschiedliche Bildungs-, Berufs- und Altersgruppen repräsentieren sowie Geschlechterparität aufweisen. - Moderation
Die Moderation sollte zurückhaltend agieren und im Wesentlichen nur den Selbstorganisationsprozess der Bürger/innen unterstützen. Die Moderation sollte auf keinen Fall als »Realitätsprinzip« regieren, d.h. die Diskutanten zur Sachlichkeit mahnen, inhaltliche Priorisierungen vornehmen oder Positionen gewichten. - Kein Konsenszwang
Im Gegensatz zu den Anfangstagen der Methode sollte heute Konsens nicht automatisch Ziel einer Bürgerkonferenz sein, die Moderation daher die Artikulation von Widerspruch und Dissens innerhalb des Laienpanels unterstützen. Deswegen sollte sich die Moderation auch nicht als Konflikt-Mediation verstehen. - Ausgewogene Expertise
Die Auseinandersetzungen der Bürger/innen mit den Expertenmeinungen ist ein zentraler Teil der Bürgerkonferenz. Es gibt praktisch kein Thema, zu dem es nicht voneinander abweichende Expertenpositionen gibt. Daher sollten für alle Themenbereiche der Bürgerkonferenz konkurrierende Argumente und »Denkschulen« vertreten sein. - Offenlegen normativer Standpunkte
Die Panelmitglieder ebenso wie die Experten sollten frühzeitig ihre Wertstandpunkte offenlegen. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Teilnehmer/innen – in Orientierung an den wissenschaftlichen Expertinnen und Experten – oftmals einem Versachlichungszwang unterwerfen, der dazu führt, dass normative und daher kontroverse Aspekte nicht ausdiskutiert werden.