Umsetzung
Teilnehmerauswahl und -ansprache
Weit verbreitet, aber wenig effektiv ist die öffentliche Einladung. Nur in wenigen Fällen schafft die Zufallszusammensetzung die notwendige Legitimation. Bei der Vorbereitung eines Runden Tisches sollte daher eine Analyse der für das jeweilige Thema relevanten Akteure am Anfang stehen. Neben der direkten Ansprache durch eine persönliche Einladung ist es bei einzelnen Akteursgruppen sinnvoll, vorbereitende Gespräche zu führen. So kann bereits im Vorfeld die Akzeptanz für den Prozess ermittelt werden. Auch lassen sich auf diesem Weg eventuelle Vorbehalte abbauen oder weitere wichtige Akteure ermitteln.
Wichtige Aspekte bei der Umsetzung
Es schadet einem Beteiligungsprozess sehr, wenn die Teilnehmenden das Gefühl haben, über den Austausch von Positionen nicht hinauszukommen. Zu den Erfolgsfaktoren von Beteiligungsprozessen allgemein gehört deshalb eine fachlich versierte und möglichst neutrale Begleitung. Dies gilt auch für den Runden Tisch.
Methodische Kompetenz bringt Ziel- und Ergebnisorientierung in den Prozess und hilft den Teilnehmenden, sich auf ihre Rolle als Expert/innen und damit auf die Inhalte zu konzentrieren. Nicht bewährt hat es sich, wenn einer der Prozessbeteiligten die Moderation übernimmt, da die Trennung zwischen eigener Position und neutraler Gestaltung des Prozesses meist nicht gelingt. In der Kommune vorhandene Kompetenzen lassen sich dabei aber durchaus nutzen, wenn die Personen über die notwendige Akzeptanz bei den Beteiligten verfügen, entsprechende Erfahrungen mit Dialogprozessen mitbringen und keine Eigeninteressen durchsetzen müssen.
Da der Runde Tisch sein Potenzial aus der Heterogenität der Teilnehmenden und der Unterschiedlichkeit ihrer Interessen zieht, sind Konflikte ganz natürlich und liefern vielfach die Energie für einen produktiven Prozess. Entscheidend dafür ist eine professionelle Bearbeitung, die von der fachlichen Begleitung ein entsprechendes Repertoire an Moderations-, aber auch Mediationstechniken und Prozesserfahrung verlangt.
Für den Prozess und seine Ergebnisse ist es wichtig, dass es gelingt, zumindest die wichtigsten Akteure im jeweiligen Themenfeld zu mobilisieren.
Fehlen beim Thema Kinderbetreuung Fachkräfte und Träger von Betreuungseinrichtungen oder bei der Erarbeitung eines Verkehrskonzeptes Automobilclubs und Verkehrsbetriebe, wird die Verbindlichkeit der Ergebnisse nicht sonderlich groß, die Frustration bei den Beteiligten aber umso höher sein.
Über welche Legitimation verfügt der Runde Tisch?
Was passiert mit seinen Ergebnissen?
Diese und ähnliche Fragen stellen sich viele der Beteiligten zu Recht. So mancher Runde Tisch hat zwar gut und produktiv gearbeitet, musste dann aber feststellen, dass die politischen Gremien zwischenzeitlich Fakten geschaffen haben, durch die die Ergebnisse Makulatur wurden. Oder die Ergebnisse wurden in Ausschüssen so lange diskutiert und so umfassend überarbeitet, dass am Ende nur wenig von den ursprünglichen Ideen übrig geblieben war.
Am Anfang eines Runden Tisches sollte daher ein klares Bekenntnis der Entscheidungsgremien zu dem Prozess stehen. Dabei ist zu empfehlen, nicht nur die Zustimmung einzuholen, sondern Erwartungen und Befürchtungen der Entscheidungsträger/innen aufzunehmen.
In vielen Beteiligungsprozessen kommt es durch ungeklärte oder falsche Erwartungen bei den Entscheidungsträger/innen aber auch bei den Teilnehmenden des Prozesses zu vermeidbaren Konflikten.
Schon in den ersten Sitzungen sollte geklärt werden, wie sich Zusammenarbeit und Informationsaustausch zwischen Rundem Tisch, Politik und Verwaltung gestaltet und welche Bindungswirkung die Ergebnisse haben sollen. Dies beugt Missverständnissen vor und steigert die Qualität des Gesamtergebnisses.
Organisatorischer Rahmen
Auf den ersten Blick paradox, aber in der Praxis bewährt: Der Runde Tisch kommt meist ganz ohne Tische aus.
Es sollten ansprechende und großzügige Räumlichkeiten gewählt werden, die einen Wechsel zwischen Plenum und Kleingruppenarbeit ohne störende Umbauten ermöglichen.
Um die Kreativität und das Potenzial der Teilnehmenden nutzen zu können, sollten Moderationsmaterialien (Moderationswände, -koffer, und -papier) zur Verfügung stehen.
Pausengetränke und ein kleiner Imbiss sind eine gern angenommene Geste, die die Teilnehmer/innen ebenso zu schätzen wissen wie eine klare inhaltliche und zeitliche Struktur für die erfahrungsgemäß drei- bis vierstündigen Treffen.
Einladungen und Dokumentationen sollten den Teilnehmenden zeitnah mit allen relevanten Informationen zur Verfügung stehen. Dies mögen Banalitäten sein angesichts der Gewichtigkeit der Inhalte. Doch sind es oftmals gerade solche Kleinigkeiten, die das Klima des Prozesses nachhaltig beeinflussen können.
Damit sind auch schon einige Kostenfaktoren benannt: Räumlichkeiten, Verpflegung, Arbeitsmaterialien, Erstellung und Versand von Einladungen und Protokollen.
Soll der Prozess von professionellen Moderatoren begleitet werden, sollten dafür frühzeitig die Kosten ermittelt werden. Sind Moderatoren vorhanden, kann der Einbezug externer Fachleute zur Begleitung und Weiterqualifizierung der Moderatoren sinnvoll sein.
Runde Tische als Lernorte der Wissensgesellschaft
Die Anzahl Runder Tische ist nicht zwangsweise ein Gradmesser für mehr Demokratie. Im Gegenteil kann das Gefühl der Ohnmacht in Beteiligungsprozessen zukünftige Beteiligung schwächen und dem Vertrauen in die politischen Institutionen schaden. Daher sollte auch der Runde Tisch auf das Fundament einer soliden Vorbereitung gestellt werden.
Er ist weder ein Allheilmittel noch ist die Organisationsform selbst ein Garant für einen Erfolg. Bewusst eingesetzt und im Sinn der beschriebenen Anforderungen gestaltet, bietet er die Chance, die Qualität von Entscheidungen zu steigern sowie soziales Kapital aufzubauen und zu nutzen. Konflikte können durch die Stärkung einer Kultur des Dialogs besser reguliert und in manchen Fällen auch vermieden werden.
Der Erfolg dieser Beteiligungsform darf daher nicht nur an den erreichten Ergebnissen hinsichtlich des gestellten Themas gemessen werden, vielmehr müssen Beteiligungsprozesse auch als neue Lernorte verstanden werden (Gohl/Wüst 2008). Gerade im kommunalen Kontext ist es bei der Gestaltung der Familien- und Bildungspolitik unerlässlich, dass Betroffene zu Beteiligten werden (Seehausen/Wüst 2012).
Der Runde Tisch ist damit, ganz im Sinn des eingangs erläuterten Bildes, ein Ort der Begegnung, der direkten Kommunikation und des Lernens. Auf dem Weg in die Bürgergesellschaft ist er damit ein Möbelstück mit Zukunft.