Politische Rechte: Wahlrecht, Beiräte

Politische Rechte von Zugewanderten

Die Gemeindeordnungen der Bundesländer unterscheiden zwischen Einwohner/innen und Bürger/innen. Zahlreiche Beteiligungsangebote – von den Wahlen bis zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden – sind auf diese Weise an die (deutsche) Staatsangehörigkeit gebunden und variieren zudem je nach Rechtsstatus der Zuwanderungsgruppe.

Drei  von  fünf  Ausländer/innen  in  Deutschland  stammen  aus  Nicht-EU-Staaten.  Anders  als  EU-Bürger/innen,  die  bei  Kommunal-  und  Europawahlen  mitbestimmen  dürfen,  sind  diese  Drittstaatsangehörigen  von  politischen  Willensbildungsprozessen  in  Form  allgemeiner  Wahlen  ausgeschlossen.

Menschen ohne deutschen Pass können sich beispielsweise nicht auf die klassischen politischen Bürgerrechte (Versammlungs-, Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit) berufen, weil sie nur für deutsche Staatsangehörige gelten. Allerdings bieten Einzelgesetze (z.B. Vereins- und Versammlungsgesetze) entsprechende Betätigungsmöglichkeiten. In Deutschland gibt es zudem keine Tradition, über Minderheitenrechte politische Teilhabe zu gewährleisten, etwa durch die Reservierung von Sitzen in Regierungen, Verwaltungen und Gerichten für Menschen mit Migrationshintergrund.

Hierzulande konzentrieren sich die Partizipations- und Engagementangebote für Zugewanderte auf der lokalen Ebene. Trotz vieler Experimente und Ansätze zeichnen sich diese Angebote vielfach durch geringe Wirkungsmöglichkeiten und fehlende Verbindlichkeit aus. Das trägt dazu bei, dass Menschen mit Migrationshintergrund solche Einladungen zur Partizipation häufig ausschlagen.

Achtung

Wahlrecht

Eine entscheidende Einschränkung der Partizipationsrechte und der politischen Integration von Migrant/innen stellt im politischen Bereich das fehlende Wahlrecht dar. Zwar gesteht der Maastricht-Vertrag von 1992 allen EU-Bürger/innen das kommunale Wahlrecht zu; da aber drei von fünf Ausländer/innen in Deutschland aus Nicht-EU-Staaten stammen, sind diese Drittstaatsangehörigen von politischen Willensbildungsprozessen in Form allgemeiner Wahlen ausgeschlossen. Am Beispiel der größten Zuwanderungsgruppe aus Drittstaaten, den Einwohner/innen mit türkischem Pass, offenbart sich das Dilemma dieser Regelung.

Literaturtipp

Das Wahlrecht ist in einer repräsentativen Demokratie ein »zentraler Modus politischer Inklusion« (Roland Roth), der Ressourcen zur politischen Selbstorganisation bietet und die gesellschaftliche Anerkennung stärkt: »Das Wahlrecht kann erheblich zur Herausbildung einer kontinuierlichen Interessenvertretung (Parteien, Wahlvereine, Verbände etc.) beitragen. Dies gilt gerade für Deutschland mit seinen starken korporatistischen Traditionen, einer umfänglichen staatlichen Parteienfinanzierung und vielfältigen Privilegien für anerkannte Vereinigungen (z.B. Gemeinnützigkeitsrecht). Damit eng verbunden begünstigt das Wahlrecht durch die Parteienkonkurrenz die Entfaltung einer entsprechenden politischen Agenda.«

Roland Roth: Handlungsoptionen zur Vitalisierung der Demokratie, Gütersloh 2009, S. 21 f. (pdf)

Ausländerbeiräte (Beiräte für Migration und Integration)

Wahlen sind ein wichtiger Ausdruck politischer Teilhabe, aber bei Weitem nicht der einzige. In den meisten Bundesländern wurden Ausländerbeiräte eingerichtet. Der §§ 56 der Gemeindeordnung von Rheinland-Pfalz sieht etwa vor: »In Gemeinden, in denen mehr als 1.000 ausländische Einwohner ihre Hauptwohnung haben, ist ein Beirat für Migration und Integration einzurichten; zu den ausländischen Einwohnern zählen auch Staatenlose. Wahlberechtigt sind alle ausländischen Einwohner und alle Einwohner, die als Spätaussiedler (…) oder durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben.«

Ausländerbeirate haben die längste Tradition in der jüngeren Geschichte kommunaler Beteiligungsangebote für Zugewanderte. Heute stellen Ausländerbeiräte, Migrations- und Integrationsräte eine meist freiwillige Möglichkeit dar, Einwohner/innen ohne Wahlrecht an der kommunalen Selbstverwaltung zu beteiligen. Ausländerbeiräte sind reine Konsultationsgremien.

Beispiel

Der Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat ist der Zusammenschluss der Landesarbeitsgemeinschaften der kommunalen Ausländerbeiräte und Ausländervertretungen. Über ihn werden nach eigenen Angaben über 400 demokratisch gewählte Ausländerbeiräte in 13 Bundesländern repräsentiert. Als politische Interessenvertretung der ausländischen Bevölkerung in Deutschland versteht er sich als Ansprechpartner für Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft. Er hat das Ziel, die politische, rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung von deutschen Staatsangehörigen und Ausländern herzustellen.