Der Motivationsstern

Eine häufig gestellte Frage von Manager/innen ist, wie sie ihre Mitarbeiter/innen motivieren können. Eine der ersten Unterscheidungen, die in den psychologischen Motivationstheorien getroffen wurde, ist die zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation. Extrinsische Motivation bedeutet, dass man etwas tut, weil es einen äußeren Anreiz dafür gibt: Ich mag zwar meine Arbeit nicht, gehe aber trotzdem hin, weil mein Arbeitgeber mir viel Geld zahlt und ich einen großen Dienstwagen zur Verfügung gestellt bekomme. Intrinsische Motivation bedeutet, dass man etwas tut, weil man es gerne tut.

Im gemeinnützigen Bereich existiert häufig nur ein geringer Spielraum für äußere Anreize. Welche Organisation kann es sich schon leisten, ihren Mitarbeiter/innen hohe Gehälter zu zahlen und einen Dienstwagen zur Verfügung zu stellen? Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass viele Menschen, die im gemeinnützigen Bereich arbeiten, intrinsisch motiviert sind – ansonsten würden sie nicht in diesem Bereich arbeiten. Dies trifft in besonders hohem Maße auf Organisationen zu, die mit Ehrenamtlichen oder Freiwilligen arbeiten. Die gute Nachricht für Projektmanager/innen im gemeinnützigen Bereich ist, dass Ihre Mitarbeiter/innen mit hoher Wahrscheinlichkeit grundsätzlich motiviert sind. Die Frage ist vielleicht eher, was Menschen demotiviert.

Schauen wir uns doch einmal an, welche äußeren Faktoren von Bedeutung sind, wenn eine Person langfristig im gemeinnützigen Bereich arbeiten will.

Soziales Engagement

Viele Menschen, die im gemeinnützigen Bereich tätig sind, möchten ihren Beitrag für eine bessere Welt leisten. Sie möchten anderen Menschen helfen, die Umwelt schützen oder die Welt auf andere Art und Weise zu einem besseren Ort machen. Manche tun dies, indem sie sich ehrenamtlich engagieren. Andere möchten dies langfristig in ihrem Berufsleben tun. Das Gefühl, anderen helfen zu wollen, kann aus Neigung und Interesse entstehen, aber auch aus einer persönlichen Betroffenheit.

Soziale Beziehungen

Die Arbeit in einem Team oder in einer Gruppe befriedigt soziale und kommunikative Bedürfnisse. Dazu zählt auch das Bedürfnis nach Anerkennung durch Mitmenschen, nach der Zugehörigkeit zu einer Gruppe von Gleichgesinnten, nach Freundschaften. Für viele junge Menschen, die nach einer Möglichkeit suchen, sich zu engagieren, ist der erste Besuch bei einer Gruppe von Gleichgesinnten ein einschneidendes Lebensereignis. Ob eine solche Person länger bleibt, hängt davon ab, ob ihr die Möglichkeit gegeben wird, soziale Bedürfnisse zu befriedigen. Eine gut funktionierende gemeinnützige Organisation vermittelt ihren Mitgliedern das Gefühl: Wir sind ein Team, und wir haben eine Mission. Du bist eine/r von uns! Wir brauchen Dich! Vorteilhaft ist, dass Tätigkeiten im gemeinnützigen Bereich in hohem Maße identitätsstiftend sind.

Persönliche Entfaltungsmöglichkeiten

Viele Menschen streben danach, ihre Persönlichkeit zu entfalten, Dinge zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. Heutzutage spielt dieses Motiv besonders bei vielen jungen Menschen (Angehörigen der Generation »Y«) eine große Rolle, wenn sie Ihre Karriere und ihr Leben planen. Aus diesem Grund erfreuen sich beispielsweise Freiwilligendienste in fernen Ländern steigender Beliebtheit.

Infrastruktur

Damit eine Person einer Tätigkeit nachgehen kann, benötigt sie Ressourcen. Dazu gehören z. B. Räumlichkeiten, ein Arbeitsplatz und Arbeitsgeräte. Engagierte Menschen sind es in der Regel gewohnt, auch unter schwierigen Bedingungen zu arbeiten und auf Komfort zu verzichten. Ein Mindestmaß an Infrastruktur ist jedoch erforderlich, damit die Arbeit Spaß macht.

Vereinbarkeit

Dies bezieht sich auf die Frage, inwieweit eine Tätigkeit im gemeinnützigen Bereich mit anderen Lebensbereichen vereinbar ist. Betrachten wir eine junge Person, die sich freiwillig engagiert oder bei einer sozia­len Einrichtung ein Praktikum macht. Diese Person wird keinen oder nur einen geringen Lohn erhalten. Sie kann davon nicht ihre Miete bezahlen (ganz zu schweigen von Kleidung, Nahrung oder Hobbys). Das gleiche gilt für Sozialunternehmer/innen, die in der frühen Gründungsphase kein Geld verdienen. Vorübergehende Phasen der Selbstausbeutung sind im gemeinnützigen Bereich an der Tagesordnung. Langfristig funktioniert dieses Prinzip natürlich nicht. Dies gilt übrigens nicht nur für Praktikant/innen oder Gründer/innen. Auch viele angestellte Mitarbeiter/innen von gemeinnützigen Organisationen befinden sich in prekären Arbeitsverhältnissen. Sie arbeiten gegen einen geringen Lohn, müssen viele Überstunden machen und erhalten einen befristeten Projektvertrag nach dem anderen. Eine gute Organisation bietet ihren Mitarbeiter/innen langfristig die Möglichkeit, unter Wahrung eines gewissen Lebensstandards für sie zu arbeiten. Auch ehrenamtliches oder freiwilliges Engagement muss so gestaltet sein, dass es mit Studium, Beruf oder Familie zeitlich zu vereinbaren ist.

Zusammengenommen ergeben diese fünf Faktoren einen hübschen Stern.

Dieser Motivationsstern kann benutzt werden, um zu überprüfen, ob eine Organisation gute Voraussetzungen für motivierte ­Mitarbeiter/­innen schafft. Das Gleiche gilt für Projektteams, Sozialunternehmen oder informelle Initiativen. Wird ein Bereich vernachlässigt, besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter/innen unzufrieden werden. Dabei müssen Mitarbeiter/innen selbst entscheiden, wie sie den entsprechenden Bereich wahrnehmen und wie zufrieden sie mit ihm sind. Projektleiter/innen oder Geschäftsführer/innen bietet der Stern wertvolle Anregungen. Wenn Sie zu dieser Gruppe gehören, dann können Sie ihn wie eine Checkliste benutzen.