Der Antrag ist das Drehbuch

Die Organisation hat das Projekt, seine Ziele und die Projektaktivitäten in einem Antrag beschrieben. Dadurch hat sie viel Vorarbeit geleistet. Die Bewilligung der Förderung erfolgt auf der Grundlage des Projektantrags. Dieser Antrag beinhaltet in der Regel eine genaue Auflistung der Aktivitäten, eine Zeitplanung und einen Finanzplan.

Die fördernde Einrichtung erwartet, dass das Projekt so umgesetzt wird, wie es im Projektantrag beschrieben wurde. Für Projektmanager/innen hat es Vorteile, ein gefördertes Projekt auf der Basis eines Antrags umzusetzen – vor allem, wenn sie den Antrag selbst geschrieben haben –,  weil bereits ein Drehbuch für das Projekt existiert.

Überblick gewinnen – den Projektantrag aufmerksam lesen

Nehmen wir an, Sie haben den bewilligten Projektantrag nicht selbst geschrieben. Sie werden zur zuständigen Projektmanager/in ernannt. Es ist das erste Mal, dass Sie für ein Projekt zuständig sind. Sie sind ein wenig nervös. Was sollen Sie jetzt tun?

Lesen Sie den Projektantrag aufmerksam durch. Und zwar vollständig. Nehmen Sie sich Zeit dafür. Manche Anträge enthalten viel »Lyrik«. Damit sind Passagen gemeint, die die fördernde Einrichtung überzeugen sollen, dass das Thema des Antrags sehr wichtig ist und der Antrag unbedingt gefördert werden muss.

Konzentrieren Sie sich auf die konkreten Projektziele, -abläufe und Kennzahlen, die im Antrag beschrieben werden.

  • Markieren Sie die Aufgaben, die erledigt werden müssen, mit einem Textmarker.
  • Verschaffen Sie sich einen ersten Überblick über den Arbeitsaufwand.
  • Studieren Sie den Zeitplan des Projekts.
  • Markieren Sie kritische Punkte.

Selbst wenn Sie den Projektantrag selbst geschrieben haben, ist es empfehlenswert, ihn erneut zu lesen. Die meisten fördernden Einrichtungen benötigen eine gewisse Zeit dafür, einen Antrag zu bearbeiten und zu bewilligen. Daraus folgt, dass das Verfassen des Antrags meistens eine gewisse Zeit zurückliegt. Können Sie sich noch genau daran erinnern, was Sie vor einem Jahr geschrieben haben?

Projekte mit mehreren beteiligten Partnern

Wenn es sich um ein Projekt mit verschiedenen Projektpartnern handelt, dann stellen Sie fest, für welche der im Antrag beschriebenen Aktivitäten Ihre Organisation verantwortlich ist. Manchmal erfolgt eine solche Beschreibung in Anträgen in Form von Arbeitspaketen (»work packages«).

Eine Organisation kann

  • verantwortlich sein für die erfolgreiche Umsetzung des Pakets
  • innerhalb des Pakets bei spezifischen Aufgaben mitwirken
  • keine Rolle innerhalb des Pakets innehaben

Verschaffen Sie sich einen Überblick darüber, wo und wann voraussichtlich Arbeit anfällt. Koordiniert Ihre Organisation das gesamte Projekt, müssen Sie davon ausgehen, dass Sie bei allen Phasen des Projekts Arbeit haben werden.

Kritische Punkte identifizieren

Achten Sie besonders auf Punkte, die möglicherweise kritisch sein könnten. Können Sie den Zeitplan einhalten? Enthält der Finanzplan realistische Angaben über die zu erwartenden Kosten? Sie können davon ausgehen, dass Anträge von fördernden Einrichtungen geprüft worden sind. Das heißt aber nicht, dass tatsächlich jeder bewilligte Antrag schlüssig ist. Die zuständigen Personen bei den fördernden Einrichtungen sind auch nur Menschen. Vielleicht ist ihnen ein kritischer Punkt nicht aufgefallen, und dennoch haben sie das Projekt befürwortet.

Was könnten solche kritischen Punkte sein?

  • Eine schulische Projektwoche über den Nutzen der Kartoffel soll ausgerechnet in den Sommerferien stattfinden.
  • Die fördernde Einrichtung hat Ihnen die Hälfte des Projektbudgets gestrichen, es soll aber die gleiche Leistung erbracht werden.
  • Eines der Ziele des Projekts ist die Umsetzung einer deutschlandweiten Imagekampagne für Pflegeberufe. Der Autor des Antrags hat für die Entwicklung der Anzeigen Honorare in Höhe von 200 Euro für die Grafikdesigner/innen angesetzt.

Wenn Sie bei der Lektüre über einen solchen kritischen Punkte stolpern, dann sollten Sie zuerst eines machen: auf die Bremse treten und das Gespräch mit Ihren Vorgesetzten suchen. Und zwar bevor Sie damit beginnen, das Projekt umzusetzen.

Für viele kritische Punkte können Sie sicherlich eine Lösung finden. So wird kaum eine fördernde Einrichtung etwas dagegen haben, den Zeitraum einer Projektwoche um einen Monat zu verschieben. Fehlen Ihnen Finanzmittel? Vielleicht haben Sie eine gute Idee, wie Sie zusätzliche Mittel auftreiben können. Oder Sie können den Umfang der zu erbringenden Leistungen mit der fördernden Einrichtung neu verhandeln.

Sie haben einen schwerwiegenden kritischen Punkt entdeckt, und es fällt Ihnen keine Lösung dafür ein? – Dann können Sie in Erwägung ziehen, das Projekt abzubrechen und die Fördersumme zurückzuzahlen. Fördernde Einrichtungen mögen dies überhaupt nicht, da sie ihre Organisation ausgewählt haben. Sie erwarten, dass Sie das Projekt umsetzen. Ein Finanzmittelrückfluss stellt die Fördermittelgeber häufig vor administrative Probleme. Kurz: Sie riskieren, der Beziehung zu der fördernden Einrichtung zu schaden. Insofern sollten Sie bewilligte Projekte nur ablehnen, wenn es dafür berechtigte Gründe gibt. Auch für die eigene Organisation ist ein solcher Fall ärgerlich, da Mitarbeiter/innen Zeit investiert haben, um das Projekt zu beantragen.

Letztendlich ist ein Abbruch aber besser, als ein Projekt umzusetzen, das zum Scheitern verurteilt ist. Dies erwähne ich, weil manche Organisationen erst während des Projektverlaufs feststellen, dass das Projekt eine Belastung ist und die Organisation keinen Nutzen daraus ziehen kann.