Brainstorming

Seite 1: Arbeitsschritte

Das Brainstorming (»Gehirnsturm«) ist die bekannteste in Gruppen eingesetzte Kreativitätsmethode, die bei nicht allzu komplexen Problemen schnell und leicht anzuwenden ist. Dabei sind folgende Arbeitsschritte zu durchlaufen:

Vorbereitung:

  • Material bereitstellen: große Papierflächen (Makulaturrollen der örtlichen Tageszeitung, Pinwand oder Flipchartbögen), Stellwände zum Aufhängen (notfalls auf dem Fußboden schreiben), Stifte in mindestens zwei Farben.
  • Klausur-Situation schaffen, d.h. kein Telefon, keine Besucher oder sonstige Unterbrechungen, kein Lärm, angenehme Atmosphäre;
  • Die ideale Gruppengröße sind 5-8 Teilnehmer, große Gruppen sollten in mehrere Kleingruppen (auch zum gleichen Thema) geteilt werden.
  • Erinnerung an die 4 Brainstorming-Regeln (n. Alex Osborn), die in den fünf allgemeinen Spielregeln für die Fantasiephase enthalten sind
    1. Keine Kritik
    2. Quantität vor Qualität der Ideen
    3. Den Ideen freien Lauf lassen
    4. Offenheit gegenüber den Ideen der anderen TN
  • Moderatoren /Helfer finden, die auf die Anwendung der Regeln achten, die Teilnehmer aktivieren und motivieren, bei Nachlassen des Ideenflusses Impulse geben und auf den Zeitrahmen (20 - 30 Min.) achten.

Durchführung:

  • Die TN äußern sich mündlich frei und spontan zum vereinbarten Thema/Problem, ohne Reihenfolge, aber auch ohne große Diskussion oder Debatte;
  • Der vorher bestimmte Protokollführer hält die zugerufenen Ideen und Beiträge stichwortartig auf den großen Papierbögen fest. Gibt es keinen Protokollführer, schreibt im Wechsel immer ein Teilnehmer die Zurufe mit.

Nachher:

  • Verabschiedung der TN, ggf. mit der Aufforderung zum Nachreichen von Ideen;
  • Zeitnahe Protokollanfertigung und Versand an Teilnehmer
  • Nachbereitungssitzung der Brainstorming-Gruppe mit folgenden Arbeitsschritten (methodische Vorschläge zur Sortierung, Grobauswahl, Verfeinerung, Bewertung und Auswahl von Ideen (siehe auch  »Wie könnte es denn gehen«):
    • Durchsicht des Protokolls und ggf. nachgereichter Ideen; Klärung evtl. nur vage formulierter Ideen
    • Grobauswahl – Aussortieren der Ideen, die an der Themenstellung vorbeigehen oder eindeutig unrealistisch sind
    • Ausbau der verbliebenen Ideen, Ableitung von Alternativen
    • Sortieren und Gliedern der Vorschläge nach geeigneten Kriterien (z.B. Maßnahmen-Richtungen, Fristigkeit, Kosten, Grundsatz- und Ergänzungsmaßnahmen usw.)
    • Beurteilung / Bewertung der Vorschläge
    • Entscheidung /Auswahl (mit Bekanntgabe des Ergebnisses an die Brainstorming-Gruppe)
Seite 2: Varianten I

Mit Einschränkungen

Manchmal ist ein Problem durch eine besondere Einschränkung (Fehlendes Geld, Personal, Zuständigkeit, Macht usw.) entscheidend bestimmt und stark belastet. Hier kann es hilfreich sein, genau diesen Engpass radikal zu verändern und ins Gegenteil zu verkehren und mit dieser Vorgabe das Brainstorming ablaufen zu lassen.

Mit Ersatzthema

Nur der Moderator hat Kenntnis von dem eigentlichen Problem. Er wählt ein Ersatzthema aus, das dem Problem ähnlich oder verwandt ist (Struktur, Randbedingungen, Engpässe) und lässt darüber nachdenken. Der Ideenfluss ist breiter und durch das wirkliche Problem nicht eingeengt. Später wird gemeinsam die Übertragbarkeit der Ergebnisse geprüft.

Zweistufig

Ist der Teilnehmerkreis groß genug, um 2-3 Kleingruppen zu bilden, so können diese parallel arbeiten und sich danach ihre Arbeitsergebnisse in einem Plenum gegenseitig vorstellen. Nach jeder Vorstellung werden von den anderen Teilnehmern Anregungen und Anreicherungen mit auf den Weg gegeben, die in einer 2.Brainstorming-Runde Grundlage für ergänzende Ideen, Vertiefungen, Ausschmückungen usw. sind.

Mit Rotation

Ist der Teilnehmerkreis groß genug, so können 2-3 Kleingruppen auch parallel an verschiedenen Themen arbeiten. Die Ergebnisse werden nun aber nicht im Plenum vorgestellt, sondern nach dem Rotationsprinzip wandern die Kleingruppen vor die Stellwände der jeweils nächsten Kleingruppe, studieren deren Brainstormingergebnisse und ergänzen diese mit weiteren Ideen (in einer anderen Farbe geschrieben). Diese Runde kann kürzer sein als die Erste (z.B. 10-15 Min). Bei drei Gruppen wird ein weiteres Mal rotiert, sodass jeder alle Themen einmal bearbeitet hat.

Mit »Wie«-Phase

Häufig sind die Ideen, Wünsche und Träume einer ersten Brainstormingrunde noch sehr allgemein (z.B. mehr Naturschutz) oder auch negativ formuliert (z.B. weniger Verkehr). Hier ist ein weiterer Arbeitsschritt nötig, der die Fantasie auf eine positive, konstruktive und präzisere Ausgestaltung der Ideen lenkt. Damit ist nicht eine Konkretisierung im Sinne von realistisch und machbar gemeint, sondern eine größere Anschaulichkeit durch Beschreibung von Details. In einer zweiten Brainstormingrunde kann der Moderator durch gezielte Fragen nach dem »Wie« von vagen Ideen diese Präzisierung »herauskitzeln« (»Wer soll das mit wem auf welche Weise wo machen?«, »Wie muss man sich das plastisch vorstellen?«). Es sollte den zunächst noch allgemein geäußerten Wünschen eine konkrete Form, ein Gesicht gegeben werden. Ein »sich von einem Ort zum anderen in Lichtgeschwindigkeit beamen können« ist anschaulicher als: »Man sollte weniger Verkehr verursachen«.

Mit »Übersetzung«

Spontane Ideen und Vorschläge, die im ersten »Gehirnsturm« in ganz anderen Welten und Zeiten angesiedelt sind, sollten in einer 2.Runde für die Weiterarbeit noch »übersetzt« werden in Ideen, die Anknüpfungspunkte für diese Welt ergeben.

Frage:»In welchem Lebensbereich, Land, Stadt etc. gibt oder gab es bereits etwas ähnliches?«,  »Wo nutzt man bereits eine derartige Fähigkeit, Konstruktion, Funktionsweise usw?«

Nach Prinzipien

Hier beginnen die Teilnehmer am Brainstorming zunächst ganz normal mit Ihren Ideen und Assoziationen. Erkennt der Moderator unter den Beiträgen ein bestimmtes übergeordnetes Prinzip, so unterbricht er den Prozess, macht auf dieses Prinzip aufmerksam und bittet die Teilnehmer weiterhin nur unter diesem speziellen Blickwinkel nach weiteren Ideen zu suchen. Versiegt dieser gelenkte Ideenfluss, fragt der Moderator die Gruppe nach weiteren Prinzipien. Wiederum sucht die Gruppe dann nach Lösungen nur unter diesem speziellen Blickwinkel. Prinzipien können beispielsweise sein:

  • bauliche Lösungen
  • technische Lösungen
  • finanzielle Lösungen
  • organisatorische Lösungen
  • soziale Lösungen
  • wirtschaftliche Lösungen
  • politische Lösungen
  • ökologische Lösungen
  • ästhetische Lösungen
  • staatliche Lösungen
  • Gruppenlösungen
  • individuelle Lösungen
  • eigene Lösungen
  • Lösungen, die andere durchführen müssen
  • kurzfristige, langfristige Lösungen
  • ...usw.

Auf diese Weise können z.B. die vier bis fünf interessantesten und wichtigsten Prinzipien in Hinblick auf das Problem zur speziellen Ideensuche aufgerufen werden. Die Ideenausbeute ist dadurch größer und strukturierter.

Seite 3: Varianten II

Mit Vernetzung

Wenn die Problemdefinition und -abgrenzung mit den vorgeschlagenen Arbeitsschritten erfolgte, ist als »Abfallprodukt« dieser Vorgehensweise auch bekannt, welche benachbarten Themenfelder das Problem hat, in welchen Gesamtzusammenhang es eingebettet ist und vielleicht sogar, welche Abhängigkeiten und Wechselwirkungen bestehen.

Dies gibt dem Moderator die Möglichkeit, gegen Ende eines Brainstormings diese Vernetzungen anzusprechen und um integrierte Lösungsvorschläge zu bitten, die diesen Abhängigkeiten Rechnung tragen. Damit werden bereits angedachte Lösungen noch präziser ausgearbeitet und in den vernetzten Zusammenhang der Wirklichkeit gestellt.

Mit Rollentausch

Wenn zur Problemdefinition der Arbeitschritt »Problembeschreibung aus verschiedenen Blickwinkeln« gewählt wurde, so liegen bereits Erkenntnisse vor, wie das Problem von anderen Beteiligten gesehen wird (vgl. "Problembeschreibung aus verschiedenen Blickwinkeln").

Beim Brainstorming geht eine Gruppe automatisch von ihrer eigenen Interessenlage aus und übersieht leicht, dass sie bei der Durchsetzung ihrer Lösungen später wieder auf die Interessenlagen der anderen an dem Problem Beteiligten stößt.

Hier kann der Moderator bereits bei der Ideensuche helfend eingreifen, indem er gegen Ende des Brainstormings in einer zweiten Runde die Gruppe zu Rollenwechseln einlädt. Er fragt, wie denn das Problem aus der Sicht von X, Y und Z (z.B. Stadtrat, Verwaltung, Wirtschaft, Bürgerinitiative, Presse) gelöst werden müsse und worauf die wohl Wert legen würden.

Es können auch Rollen von nicht unmittelbar Betroffenen verteilt werden, um die Bandbreite der Ideen zu erhöhen. Der Moderator würde z. B. fragen:

  • Welche Ideen hätte ein kleines Kind zu diesem Problem?
  • Welche Hoffnungen würden Verliebte damit verknüpfen?
  • Wie hätten die Indianer das Problem gelöst?

Alternativ wird nicht die ganze Gruppe gebeten, nacheinander verschiedene Rollen zu spielen, sondern einzelnen Gruppenmitgliedern wird jeweils eine Fremdrolle zugewiesen, und die Gruppe macht mit dieser Verteilung ein zweites, ergänzendes Brainstorming.

Mit Reizworten

Als Einzelmethode - aber auch als Impuls innerhalb eines Brainstormings - können Reizworte als »Sprungbretter« eingesetzt werden. Hier werden zufällig gefundene Begriffe aus anderen Lebenswelten mit dem Thema Problem verknüpft.

Als »Zufallsgenerator« dienen bei dieser Übung ein (Wörter-) Buch, eine Tageszeitung oder andere Drucksachen. Der Moderator stellt den Seitenumfang des Werkes fest (z.B. 300 S.) und bittet nun die TN um den Zuruf einer Zahl zwischen 1 und 300. Er wird nun z.B. das auf der jeweiligen Seite links oben gefundene erste Haupt- oder Tätigkeitswort bekannt geben. Sind auf diese Weise fünf Begriffe ermittelt, so versucht die Gruppe herauszufinden, ob diese Zufallswörter ein »Sprungbrett« sein können für Ideen zur bearbeiteten Problemlage.

Ähnlich wie das Zufallswort funktioniert das »Katalog-Spiel«. Hier wird ein Versandhauskatalog benutzt. Nach dem Zufallsprinzip werden Produkte ermittelt, den Teilnehmern gezeigt und - wie oben - direkt als Gegenstand oder indirekt über Eigenschaften dieser Gegenstände mit dem Problem in Zusammenhang gebracht.

Wichtig: Die Nutzung zur Problemlösung sollte in beiden Fällen sehr großzügig, ungezwungen und spielerisch erfolgen, da man ja nur »Sprungbretter« für neue Ideen sucht. Wenn statt des zufällig gefundenen Hauptwortes ein davon abgeleitetes Tätigkeitswort oder Eigenschaftswort leichter hilft, dann sollte man dieses nehmen. Wenn einem also zu »Konfekt« oder »Auto« gar nichts einfällt, dann vielleicht zu den nahehegenden und damit verbundenen Begriffen »Schokolade« oder »süß« und »Stau« oder »schnell«.