Erfolgsgeschichten aus der Praxis

Das Brennglas ist ein passendes Symbol, um eine Kampagne im Unterschied zu einer Mischung nicht zielgerichteter Aktionen zu beschreiben: Es kostet Kraft und Grips, politische Energie so zu bündeln, dass sie »zündet«. Aber es gibt zahlreiche Beispiele, die zeigen, was Kampagnen erreichen können.

Beeindruckende Erfolge – Drei Beispiele

Eine Kampagne, die historisch hohe gesellschaftliche Wellen geschlagen hat, war der sog. Busstreik von Montgomery. In den 1950er Jahren provozierte Rosa Parks, eine Aktivistin gegen die seinerzeit herrschende Rassentrennung in den USA, mit einer Regelverletzung eine massive Reaktion und setzte den Startpunkt für weitgehende Veränderungen: Am 1. Dezember 1955 weigerte sich die junge schwarze Frau, in einem Bus ihren Sitzplatz einem weißen US-Bürger freizumachen. Sie wurde verhaftet und für ihr Verhalten angeklagt. Ihre Aktion war zwar die einer Einzelperson, nichtsdestotrotz erfuhr sie viel Zuspruch und Unterstützung. Zahlreiche Unterstützer/innen machten den Skandal landesweit bekannt und starteten in der Folge den Busstreik von Montgomery. An dessen Ende wurde die rassistische Regel abgeschafft, nach der nur Weiße einen Anspruch auf einen Sitzplatz in Bussen haben durften. Der Busstreik von Montgomery avancierte so zu einem Wendepunkt in der amerikanischen Geschichte und der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung.  

In Deutschland ist eine der bekanntesten politischen Kampagnen der jüngeren Zeit die Greenpeace-Kampagne gegen die Versenkung der Ölbohrplattform BrentSpar in der Nordsee. Im Mai 1995 besetzten Aktivist/innen die Plattform des mulinationalen Unternehmens Shell, eine spektakuläre Räumung auf hoher See brachte Bilder des Konfliktes bundesweit in die Wohnzimmer und löste eine Welle der Empörung aus. Greenpeace organisierte über Wochen Protestaktionen an Tankstellen und gab eine Umfrage in Auftrag, die zeigte, dass 85 Prozent der Menschen in Deutschland Shell boykottieren wollten. Shell reagierte schließlich mit einer berühmt gewordenen, ganzseitigen Anzeige, die in mehreren großen Tageszeitungen erschien (»Wir haben verstanden«) und sagte zu, die Plattform an Land zu verschrotten, statt sie im Meer zu versenken. In der Folge der Kampagne kam es zu einem internationalen Verbot, mit dem seitdem die Versenkung alter Ölbohrplattformen ausgeschlossen ist. 

Weniger dramatisch, aber beeindruckend erfolgreich verlief eine Kampagne der Umweltorganisation urgewald, die sich bis heute kritisch mit zweifelhaften Finanzierungsmodellen und den (umwelt-)zerstörerischen Folgen von großen Infrastrukturprojekten befasst. Anlass des seinerzeitigen Protests war die bekannt gewordene Absicht, im bulgarischen Béléne ein Atomkraftwerk mitten in einem Erdbebengebiet zu bauen. In einer ersten Kampagnenphase setzte sie 2006 deutsche Banken unter Druck, von denen bekannt war, dass sie einen Einstieg in die Finanzierung planten. Protestaktionen vor zahlreichen Filialen von Deutscher Bank und Hypovereinsbank führten zum Rückzug der Geldhäuser von diesen Plänen. Fortan traf man die Aktivist/innen auch bei den Aktionärstreffen der Energiekonzerne RWE und EON, die ebenfalls mit einer Beteiligung am Kraftwerk liebäugelten.

Nur wenige Wochen dauerte eine Kampagne von Aktiven des globalisierungskritischen Netzwerks Attac: die aufgebrachte Belegschaft des Ökotextilunternehmen Hess Natur hatte sie im Herbst 2011 darüber informiert, dass ihr Unternehmen möglicherweise an einen großen und umstrittenen Private-Equity-Fonds verkauft werden sollte. Dieser Fonds hatte bereits viele Millionen Dollar mit Rüstungsgeschäften im Golfkrieg verdient. Beschäftigte, Kundinnen und Kunden sowie Globalisierungskritiker*innen taten sich zusammen und informierten über die Hintergründe des Investors und des geplanten Verkaufs. Über mehrere Konsument*innen-Netzwerke im Internet sammelte die Kampagne in kurzer Zeit über 10.000 Boykott-Androhungen: die Menschen erklärten, im Fall der wahrscheinlichen Übernahme keine Ökotextilien des Unternehmens mehr zu kaufen. Der Fonds zog sich zurück, die Beschäftigten gründeten eine Genossenschaft, um das Haus selbst zu übernehmen.

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