Struktur & Prozess

Dieser Aspekt betrifft alle formellen und informellen Beziehungs- sowie die Aufbau- und Ablaufmuster der Initiative.

Jede Gruppe, und sei sie auch noch so jung, hat bereits eine gewisse innere Struktur, eine Oberflächen- und eine Tiefenstruktur. Die Oberflächenstruktur gibt Auskunft über die formalen Regeln und Rollendefinitionen der Mitglieder, die Tiefenstruktur beschreibt die eher latenten (verdeckten) Beziehungen zwischen den Mitwirkenden. Wer ist sich ähnlich auf Grund welcher Kriterien (Alter, Geschlecht, Interessen, Lebensweise, sozialer Status etc.)? Wer ist wem eher nahe, eher fern, sympathisch oder unsympathisch? Und wie offen können solche Fragen diskutiert werden, ohne dass sich damit der Zweck des Projekts vom Aktionsbündnis zur Selbsterfahrungsgruppe wandelt?

Je besser es gelingt, Diskrepanzen zwischen Oberflächen- und Tiefenstruktur zu vermeiden, desto leistungsfähiger ist eine Gruppe im Sinne der vereinbarten Zielsetzung. Leider behindern sich Gruppen mitunter selbst, indem sie offen oder verdeckt eine Normierung, Gleichartigkeit ihrer Mitglieder anstreben, anstatt Unterschiedlichkeit als Chance zu begreifen. Darf ich in der Gruppe »so sein, wie ich bin«? Darf ich laut aussprechen, was ich denke, traue ich mich, meine Zweifel und Vorbehalte offen auszusprechen?

Wenn nicht, dann hat die Gruppenkultur ein Maß an Zensur hervorgebracht, das die optimale Nutzung der Ressourcen der Einzelnen beeinträchtigt. Es ist deshalb wichtig, sich von Zeit zu Zeit über die Zufriedenheit mit Blick auf Klima und Zielorientierung auszutauschen, Störungen ausfindig zu machen und sich um deren Beseitigung zu bemühen. Die Fragen, die der Aspekt Struktur & Prozess in jeder Phase des Organisierens aufwirft, dienen letzlich dazu, die Gruppe das für sie ausbalancierte Maß an Stabilität auf der einen, Wandlungsfähigkeit auf der anderen Seite finden zu lassen. Denn ein Zusammenhang, dessen Strukturen verknöchert sind, kann nicht auf sich wandelnde Umwelten reagieren, und andersherum löscht ein Mangel an beständigen Strukturmerkmalen die Gruppenidentität – für die Mitglieder wie für die Öffentlichkeit.