Globalisierung und Europäisierung machen auch vor dem deutschen Vereinsrecht nicht Halt. Mit dem wachsenden Zuzug von Menschen aus anderen Ländern und Kulturen in die Bundesrepublik Deutschland – dauerhaft oder auf Zeit – oder aber im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Aktivitäten von Bürgerinnen und Bürgern und Verbänden stellt sich häufig die Frage nach dem vereinsrechtlichen Status für Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft: Dürfen ausländische Bürgerinnen und Bürger einem Verein beitreten, einen Verein gründen und in einem Verein führende Funktionen auf Vorstandsebene übernehmen?
Vereinsrechtlich sind ausländische Bürgerinnen und Bürger deutschen Staatsangehörigen nahezu gleichgestellt.
Die völlige Gleichstellung gilt für Bürgerinnen und Bürger aus EU-Mitgliedstaaten. Sie können sich uneingeschränkt auf allen Ebenen deutscher Vereine engagieren und zwar ohne weitere Einschränkungen. Sie benötigen noch nicht einmal einen Wohnsitz auf deutschem Gebiet, weder als Mitglieder, noch als Gründer noch als Vorstand eines Vereins nach deutschem Recht.
Für Nicht-EU-Bürger/innen existieren noch gewisse Einschränkungen: Als Mitglieder und auch Gründer müssen sie über eine gültige Aufenthaltserlaubnis (auch befristet) bzw. uneingeschränkte Einreisemöglichkeiten verfügen, jedoch nicht unbedingt über einen Wohnsitz in Deutschland.
Für Vorstandstätigkeiten ausländischer Bürger/innen aus Ländern außerhalb der EU galt bis zur Jahrtausendwende regelmäßig die Verpflichtung zu einem Wohnsitz in Deutschland (wegen der vereins-, haftungs- und steuerrechtlichen Belangbarkeit). In jüngster Zeit mehren sich die Fälle, in denen auch diese Einschränkungen seitens der Gerichte fallen gelassen werden, allerdings ist eine klare einheitliche Regelung noch nicht erkennbar.
Die weit verbreitete Vermutung, dass Ausländer/innen keine gleichberechtigte Stellung im deutschen Vereinswesen haben können, erscheint bei einem ersten Blick in die Grundlagen des deutschen Vereinsrechts durchaus begründet. Denn das Grundgesetz bestimmt nach § 9 Absatz 1: »Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.«
Das Grundrecht der Vereinsfreiheit scheint hier also durchaus an die deutsche Staatsbürgerschaft gebunden zu sein. Im Zuge des Europäischen Integrationsprozesses wurde das Grundrecht aber auch Menschen anderer Nationalität zugesprochen, die sich mittel- bis langfristig mit entsprechender Aufenthaltsgenehmigung und festem Wohnsitz in Deutschland aufhielten. So lernten in den frühen 1960er Jahren vor allem viele Arbeitsmigranten (Gastarbeiter/innen) bei ihrem Aufenthalt im »Land der Vereine« die Vorzüge des deutschen Vereinswesens kennen und schätzen.
Die formale Zuerkennung der vereinsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten für Ausländer definierte aber zunächst in negativer, Vorbehalte schürender Abgrenzung das »Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz)« von 1966 (geändert 2002). Es schuf einen Sonderstatus für sog. Ausländervereine, d.h. für Vereine, deren Vorstände und Mitglieder überwiegend oder ausschließlich Ausländer sind. Dort wurde zum einen festgelegt, unter welchen Bedingungen solche Vereine verboten bzw. in ihrer Betätigung eingeschränkt werden können. Zum anderen wurden besondere Kontrollmöglichkeiten für die örtlichen Behörden (städtische Ausländerämter und Amtsgerichte) und ein Zentralregister für Ausländervereine beim Bundesverwaltungsamt geschaffen. Obwohl das Gesetz sich gegen bestimmte politisch oder rechtlich bedenkliche ausländische Einflüsse richtete, stellte es ungeachtet des jeweiligen Satzungszwecks im Grunde jeden Verein, der mehrheitlich von Ausländern getragen und/oder geführt wird, formal unter restriktive Sonderregelungen. Im Umkehrschluss schuf es aber auch erste Rechtssicherheit über die grundsätzlich gleichwertige Stellung von Ausländern mit Aufenthaltsberechtigung oder freiem Einreiserecht im deutschen Vereinswesen.