Bürgerschaftliches Engagement und Behinderung

Das bürgerschaftliche Engagement für ausgegrenzte, diskriminierte und behinderte Menschen gehört zum zivilgesellschaftlichen Alltag, ihr eigenes Engagement steht dagegen weniger im Fokus. Eine neue Publikation wirbt nun für den Abbau von strukturell oder materiell bedingten Engagementbarrieren. Ihr Fazit: Behinderte Menschen können Engagement aktiv mittragen.

Menschen mit Behinderung wurden bislang eher als Objekte des Engagements gesehen und nicht als eigenständige Gestalter/innen unserer Gesellschaft. Dies zu ändern war das Ziel des in Schleswig-Holstein ansässigen Pilotprojekts »mittenmang«. Der plattdeutsche Name des Vereins ist dabei Programm: Beeinträchtigte, behinderte und ausgegrenzte Menschen sollen mittenmang, also mittendrin in der Gesellschaft sein.

Grundlegend für diese Idee des bürgerschaftlichen Engagements ist die Vorstellung einer Bürgergesellschaft, in der es auf alle ankommt, gepaart mit einem Gerechtigkeitsempfinden, das nicht akzeptieren will, dass Menschen von der Gesellschaft ausgeschlossen und an den Rand gedrängt werden.

Im Jahr 2005 als Pilotvorhaben gestartet, avancierte der Verein in den Folgejahren zu einem bundesweiten Leuchtturmprojekt. Im Rahmen der Landesinitiative »alle inklusive« des Sozialministeriums in Schleswig-Holstein wurde mittenmang als Referenzprojekt für Inklusion ausgewählt. Mittenmang zeigt: Beeinträchtigte und behinderte Menschen wollen und können sich für andere und für das Gemeinwesen engagieren. Mittenmang gibt diesem Personenkreis als Brückenbauer aktive Starthilfe beim Sprung vom »bedürftigen Objekt« sozialer Hilfen zum freiwillig engagierten Subjekt.

Ein zentrales Ergebnis des Projekts ist, dass eine vermeintlich »engagementabstinente« Gruppe Zugang zu einem weitgehend bildungsbürgerlich geprägten Handlungsfeld bekommen kann. Die Autorinnen plädieren für eine neue Definition bürgerschaftlichen Engagements. Ein erweiterter Engagementbegriff öffnet ihrer Ansicht nach den Blick für eine Vielzahl freiwilliger Aktivitäten in unterschiedlichen Communities und bahnt somit einen Weg für mehr gesellschaftliche Anerkennung derjenigen, von denen bislang angenommen wurde, dass sie überhaupt kein Interesse am bürgerschaftlichen Engagement haben. Engagement setze dann »nicht unbedingt eine mittlere oder hohe gesellschaftliche Statusposition voraus«. Zudem plädieren die Autorinnen dafür, zukünftig politische Bürgerbeteiligung und bürgerschaftliches Engagement zusammenzudenken und gendergerecht für gesellschaftlich »Randständige« zu öffnen.

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